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Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Trallafitti: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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ließ die Augenbrauen zucken und hoffte, er würde nicht irgendetwas
Dummes sagen oder tun. Zu meiner Überraschung blieb er völlig cool und erwiderte
den Händedruck, wenn auch nur schwach. Dann ging ich, mit meinem Despoten im Nacken,
die Treppen hinunter.
    Ich sah
ihm nach. Versuchte, dem Russen ein paar versteckte Botschaften zu schicken. Aber
Viktor glotzte mir nur hinterher, als hätte ich nicht mehr alle Murmeln in der Schüssel.
    Ich betete
vor mich hin: ›Gott, mach, dass Viktor etwas macht.‹ Aber mit jeder Stufe, die ich
hinunterging, schwand meine Hoffnung. Was wollte dieser Kerl von mir? Reden? Mich
ausfragen? Wohl kaum – für beides hätte er seine Knarre nicht gebraucht. Was immer
er auch im Schilde führte, es dürfte nicht gut für mich ausgehen.
    Ich musste
etwas tun, und zwar bevor ich das Haus verließ.
    Viktor schlich
uns hinterher her, doch überholte uns nicht, sondern bewegte sich konstant im Schatten
meines ungebetenen Gastes, was mir zumindest den Lauf der Knarre im Rücken ersparte.
Ich rechnete meine Chancen aus, wenn ich mich einfach umdrehen und ihm die Waffe
aus der Hand schlagen würde. Denkbar schlecht. Und wenn ich mich einfach fallen
ließe? Das hätte einen enormen Überraschungseffekt auf ihn, allerdings auch einen
Haufen blauer Flecken für mich.
    Und wenn
ich einfach schreien würde?
    Er würde
nicht schießen.
    Würde er
doch nicht, oder?
    Scheiße.
Die ganze Zeit über hatte ich erwartet, dass ich in solchen Situationen wesentlich
gefasster reagieren würde. Und jetzt traute ich mich nicht einmal, meine Reizgasdose
zu zücken.
    Schweigend
beschimpfte ich mich selbst. Wir erreichten das Treppenende der zweiten Etage. Plötzlich
peitschte mir ein pfeifender Knall um die Ohren und der Typ hinter mir begann, seltsame
Schatten zu werfen. Seine Arme zappelten, seine Knie sackten ein. Aus seinem Mund
drangen knarzende Geräusche. Ich hörte und spürte, dass er rücklings fiel, und ich
hatte den Eindruck, er wäre auf irgendetwas ausgerutscht. Als ich mich vorsichtig
zu ihm umdrehte, erkannte ich sofort, dass der Mann völlig weggetreten war. Er rutschte
mir breitbeinig entgegen, mit halb offenen Armen und herausgereckter Zungenspitze.
Seine linke Schulter zuckte ein wenig, seine Haare berührten Viktors Schuhspitzen.
Dieser wiederum sah mit einem von Emotionen völlig befreiten Gesichtsausdruck zu
seinen Füßen herunter. In seiner Hand hielt er etwas, das aussah wie eine Mixtur
aus Knarre und Klebepistole. Ich hatte so ein Gerät schon einmal gesehen.
    Im Fernsehen.
    »Ein Elektroschocker?
Sind die nicht illegal?«
    »Dawái,
dawái! Die Lähmung wirkt nicht lange.« Er fasste den Typen an den Armen. Ich hingegen
nahm ihm die Waffe ab, schob sie in meinen Hosenbund und packte ihn an den Füßen.
Als wir es geschafft hatten, den Kloben anzuheben, bemerkte ich eine winzige Blutlache
auf einer der Treppenstufen.
    »Er hat
sich den Kopf gestoßen.«
    Der Weg
nach oben war beschwerlich und ich musste sämtliche Reserven aktivieren, um mich
nicht selbst langzulegen. Als wir den Mann durch den Türrahmen trugen, begannen
seine Wimpern zu flimmern. Er summte und knirschte, seine Finger bewegten sich.
    »Schnell,
wir müssen ihn irgendwie fesseln!«
    Wir legten
ihn wenig behutsam auf dem Boden ab. Ich peste zurück in die Küche, holte meinen
80er-Jahre-Alu-Rattan-Bistrostuhl, riss auf dem Rückweg die Schublade meines Telefonsekretärs
auf und griff mir ein Geschenkband daraus. Mit einem gemeinschaftlichen »Hauruck!«
hievten wir den Typen auf den Stuhl und begannen, ihn mit dem Geschenkband völlig
unkoordiniert am Stuhl festzubinden – mit dem Ergebnis, dass er rechtsseitig über
gute Beinfreiheit verfügte, links allerdings kaum mehr als eine Faust bilden konnte.
    »Charascho.
Er wird bestimmt gleich rumschreien.«
    Ähnliches
war mir auch schon durch den Kopf gegangen. Daher machte ich noch einen Abstecher
ins Schlafzimmer und fischte einen weniger schönen Tanga aus der Nachttischschublade.
Wenig zimperlich stopfte ich dem Typen den Schlüpfer hinter die Zähne und versiegelte
alles mit Paketband. Er wurde wach. Und begann, seinen Kopf wie ein zum Rupfen freigegebenes
Huhn hin und her zu schleudern. Er raunte durch den Tanga. Sein rechtes Bein fuchtelte
vor unseren Füßen herum. Irgendwann beruhigte er sich und sah uns nacheinander an.
    »Da. Und
jetzt?«, fragte Viktor.
    »Wir müssen
diesen Vollhorst zum Reden bringen.«
    »Warum?«
    »Ich fürchte
fast, eine Frau ist

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