Transfer (German Edition)
Energiestöße
übertrugen sich durch das Kabel in den Körper des Waffenoffiziers, der
unkontrolliert zuckte.
Bevor das Holo
zusammenbrach, glaubte Zordin noch zu sehen, wie Rauch aus Borkards Ohren
aufstieg.
Er würde nicht auf die
Kampfschiffe feuern. Er würde auch keine seiner geliebten Gefechtssimulationen
mehr durchspielen. Nie mehr. Er hatte selbst Feuer gefangen.
Die Navigatorin versuchte
abwechselnd auf dem großen Zentralholo und auf den Displays ihrer Konsole zu
erkennen, was außerhalb des Schiffes geschehen war.
Die beiden Kampfschiffe
hatten ihre Position bisher anscheinend nicht verändert und hingen weiter über
Blossom im All.
Raskar schwenkte seinen
Kontursessel herum und sah sie mit düsterem Blick an. Er schien die Kontrolle
über sich selbst wiedergewonnen zu haben und wirkte auf einmal kalt wie Eis.
"Ich habe ja schon
länger an Ihrer Loyalität und bedingungslosen Hingabe gezweifelt, Tara, aber
das sieht mir verdächtig nach Sabotage aus."
Tara Zordin war einen
Moment sprachlos. Sie blickte auf wie in Trance und konnte kaum fassen, was
Raskar ihr gerade vorgeworfen hatte.
"Wie kommen Sie
darauf, dass ich etwas damit zu tun habe, wenn es in der Feuerleitzentrale zu
einem derartigen Vorfall kommt? Das ist doch völlig krank!"
"So, ist es
das?"
Raskars Stimme war jetzt
gefährlich leise geworden. Man musste sich anstrengen, um ihn überhaupt zu
verstehen.
"Sie waren als
einzige wach, während wir anderen im Kälteschlaf gelegen haben. Das heißt, Sie
allein hatten die Gelegenheit, den Feuerleitstand zu manipulieren. Sagen Sie
mir, warum haben Sie das getan, Tara?"
"Sie haben mich
nicht verstanden, Captain. Ich habe es nicht getan."
Wieder bewahrte Raskar
eine tödliche Ruhe, die in ihrer Entschlossenheit weitaus bedrohlicher wirkte
als ein dramatischer Auftritt oder wütendes Geschrei. Zordin begriff zu ihrem
Entsetzen, dass er es todernst meinte. Sie würde die Zentrale nicht mehr lebend
verlassen, da war sie sich sicher.
In diesem Augenblick
zwischen Leben und Tod öffnete sich das Schott und Skov stürmte herein.
*
In der Zentrale herrschte
knisternde Anspannung. Cains Blick wanderte immer wieder unruhig zwischen den
Anzeigen seiner Konsole und dem interstellaren Schiff auf dem großen Holoschirm
hin und her.
Bekamen ihre Gegner
etwa unerwartet Verstärkung? Er hasste Vorahnugen, aber er hatte ein verdammt
ungutes Gefühl, wenn er das fremde Schiff auf dem Holo sah.
Der Abstand betrug noch
einige hunderttausend Kilometer, es würde bei gleichbleibender Geschwindigkeit
noch eine halbe Stunde brauchen, bis es auf Kernschußweite herangekommen wäre.
Aber selbst der Umstand, dass sie bisher noch keinerlei Signaturen von
aktivierten Schutzschirmen oder Waffensystemen angemessen hatten, trug nur wenig
zu seiner Beruhigung bei. Der Angriff der Rapharo mußte Mitchell auch
wie ein Blitz aus heiterem Himmel, plötzlich und unerwartet, getroffen haben.
Atemlose Stille hatte
sich breitgemacht, während die Holos immer mehr Bilder, Datenreihen,
Hochrechnungen und Perspektiven zeigten.
Das extrem
stromlinienförmige interstellare Schiff, das sich ihnen unaufhaltsam näherte,
war über zwei Kilometer lang, sein konischer Rumpf verjüngte sich zu einem fast
nadelspitzen Bug. Und es war augenscheinlich uralt. Ein Schiff der
Merkur-Klasse. Eines der ersten Schiffe, die relativistische Geschwindigkeiten
erreicht hatten. Mit diesem Schiffstyp waren vor Jahrhunderten die ersten
Kolonisten aus dem Sonnensystem aufgebrochen.
Und es sendete einen
Armacor-Identifikationscode, wie ihm die Ortung gerade mitgeteilt hatte.
Cain war völlig in die
Betrachtung des fremden Schiffs versunken, als der Funker plötzlich Kontakt mit
Barburs Einsatzgruppe meldete und die Komverbindung auf seine Kommandokonsole
legte. Akustikfelder und ein Holo mit Bildern aus den Helmkameras des
Einsatzteams bauten sich vor Cain auf.
Das Team hatte nach
schweren Gefechten mit feindlichen Gefechtsservomaten erst vor wenigen Minuten
die Ebene erreicht, auf der sich die Gruppe um Tanaka verschanzt hatte. Sie
waren zu spät gekommen. Bis auf Tanaka selbst und einen der Sicherheitsleute
war niemand mehr am Leben. Auch Doktor Zacharias, der Leibarzt Deckarts, war
unter den Toten.
Die Bilder aus den
Helmkameras zeigten völlig zerstörte Räume. Bis zur Unkenntlichkeit verbrannte
Leichen und zerschmolzene Gefechtsservomaten ließen die Härte der Kämpfe, die
hier getobt haben mussten, noch erahnen.
Geschützfeuer
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