Transfer (German Edition)
durfte.
Skov konnte sich zwar nach
wie vor keinen rechten Reim auf die Verhältnisse an Bord machen, aber er gewann
langsam aber sicher den Eindruck, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte.
Warum hatte Raskar einen Zweiten Piloten angeheuert, wenn sein Bordingenieur
ausgefallen oder verschwunden war, auch wenn er sich nicht recht vorstellen
konnte, wie ein Mann während eines Raumfluges einfach so verschwinden konnte?
Und warum schien diese Tara Zordin den Captain und seine Stellvertreter
regelrecht zu fürchten?
Als er nach der Einweisung
durch Raskar und einem ersten Kennenlernen der Besatzung allein in der
geräumigen Kabine saß, die man ihm zugeteilt hatte, erschien ihm die ganze
Situation beinahe surreal.
Erst erwachte er ohne
irgendeine Erinnerung an sein bisheriges Leben in einem völlig
heruntergekommenen Drecksloch, dann heuerte er ohne nachzudenken auf einem
Seelenverkäufer an, dessen Besatzung jeder Irrenanstalt zur Ehre gereicht
hätte. Man konnte fast meinen, er wäre selbst ein Fall für den Psychiater. Je
länger er über sein eigenes Verhalten nachdachte, desto unwirklicher kam ihm
alles vor.
Skov wischte den Gedanken
schließlich beiseite. Er hatte keine Lust mehr, sich über Probleme den Kopf zu
zerbrechen, die er im Moment doch nicht lösen konnte. Er konnte nur hoffen,
dass seine Erinnerungen Schritt für Schritt wiederkamen. Und wenn die Besatzung
der Dark Horizon wirklich so irre war, wie er nach seinen ersten
Eindrücken glaubte, konnte er schließlich im nächsten Raumhafen wieder von Bord
gehen.
Was soll's? Du hast
zwar keine Erinnerungen mehr, aber du bist doch wohl kein Idiot. Dir wird schon
irgendetwas einfallen.
Skov trank das Bier, das er sich in
der Bordkantine besorgt hatte und warf sich auf sein Bett. Erst jetzt spürte
er, wie müde er eigentlich war. So, als hätte er seit Tagen kein Auge mehr
zugetan. Nur Sekunden später war er auch schon eingeschlafen.
*
Der beißende schwarze
Qualm zog langsam wie eine undurchdringliche Wand über die von Granattrichtern
übersäte Straße und legte sich schwer auf die Atemwege. Nur wenige Straßen
entfernt stand bereits seit Stunden ein Gebäudekomplex der lokalen Regierung in
Flammen. Der schwache Wind trieb Rauchfetzen und den Übelkeit erregenden
Gestank von verbranntem Fleisch und verschmortem Kunststoff herüber.
Mit rasselnden Gleisketten
preschte unten auf der Straße plötzlich ein schwerer Kampfpanzer um die Ecke,
seine starken Scheinwerfer schnitten wie Blitze durch Rauch und Qualm.
Ruckartig fuhr der Waffenturm mit dem Plasmawerfer immer wieder hin und her,
ständig auf der Suche nach einem Gegner, den er unter Feuer nehmen konnte.
Der große, stämmige Mann
auf dem Dach des halbzerstörten Hochhauses verzog das Gesicht zu einer Grimasse
aus Anspannung und Besorgnis.
Stakkatoartige Blitze
zuckten plötzlich durch den zähen Qualm, gefolgt von einer ganzen Serie
ohrenbetäubender Detonationen. Minutenlang schlugen Salven schwerer
Raketengeschosse in die Fassade der gegenüberliegenden Häuserruine.
Flammenbündel zuckten aus den gähnenden Fensteröffnungen, die Außenmauer
zerbarst, gewaltige Druckwellen rasten durch das Gebäude und brachten
schließlich auch die Rückwand krachend zum Einsturz. Rauch und Staub legten
sich wie eine riesige dunkle Wolke vor die Wirklichkeit.
Skov entsicherte seine
schwere Kombiwaffe und spähte durch das Infrarotzielfernrohr. Genau wie er es
erwartet hatte. Das Bombardement war nur ein Ablenkungsmanöver.
Schemenartige Gestalten
in schweren Kampfanzügen huschten nur wenige Meter hinter dem Panzer mit
flirrenden Schutzschirmen von Deckung zu Deckung, verschwanden immer wieder
blitzschnell hinter meterhohen Schutthalden, Mauerdurchbrüchen und in tiefen
Granattrichtern. Die Jagd hatte begonnen.
Mit leisem Summen stellte sich die
Optik des Zielfernrohrs auf die exakte Entfernung ein. Skov preßte den Kolben
gegen die Schulter, legte den Lauf auf die halbzerbröselte Dachbrüstung und
wartete. Urplötzlich peischten Schüsse über das Dach. Garben von
Explosivgeschossen hämmerten keinen Meter neben ihm in den Boden und ließen die
Verkleidung aufspritzen. Fluchend rollte er sich ab, kroch hinter der
Dachbrüstung weiter und ging hinter dem ausgebrannten Skelett eines
abgestürzten Gyrokopters in Deckung.
Keine Sekunde zu früh.
Schon fauchte die nächste
Garbe über das Dach. Explosivgeschosse zerfetzten die Dachbrüstung genau an der
Stelle, an der er vor wenigen Sekunden
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