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Transfer

Transfer

Titel: Transfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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ihn suchen?… Die Oberfläche dieses Miniplaneten glich ihrer Größe nach der von - weiß ich - vielleicht von Korsika. Außerdem konnte ich in der Staubwolke ganz nah an ihm vorbeigehen, ohne ihn überhaupt gesehen zu haben. Es gab nur eine Lösung. Sie lag in seiner Hand. Er konnte starten und zurückkehren.«
    »Und tat er es nicht?«
    »Nein.«
    »Weißt du, warum?«
    »Ich denke, schon. Er hätte dann einen Blindstart machen müssen. Ich sah wohl, daß die Wolke bis - na, sagen wir - eine halbe Meile über die Oberfläche reichte - er aber wußte das nicht. Er hatte bestimmt Angst, mit irgendeinem Überhang, einem Felsen zusammenzustoßen. Er konnte auch ebensogut auf dem Boden eines tiefen Felsspalts landen. Also hingen wir da so herum, einen Tag und noch einen zweiten - Sauerstoff und Vorräte hatte er für sechs Tage mit. Die eiserne Ration. Selbstverständlich war niemand imstande, etwas zu tun. Man ging nur so herum und dachte sich die verschiedensten Möglichkeiten aus, um Thomas aus diesem blöden Schlamassel herauszuholen. Die Emmitoren. Die unterschiedlichen Wellenlängen. Sogar Leuchtkörper haben wir dort hineingeworfen. Aber sie blitzten nicht einmal auf, die Wolke war finster wie ein Grab.
    Der dritte Tag-die dritte Nacht. Die Messungen bewiesen, daß die Wolke sank, aber ich war nicht sicher, ob sie innerhalb der siebzig Stunden, die Thomas noch geblieben waren, ganz sinken würde. Ohne Essen konnte er schließlich noch länger sitzen, aber nicht ohne Luft. Plötzlich kam mir eine Idee. Ich überlegte folgendermaßen: Thomas’ Rakete ist vorwiegend aus Stahl. Wenn es auf diesem verfluchten Planetoiden keine Eisenerze gibt, wird es vielleicht gelingen, ihn mit dem Ferroweiser zu finden. Mit so einem Apparat zur Entdeckung eiserner Gegenstände, weißt du. Wir hatten da einen, der sehr empfindlich war. Reagierte auf einen Nagel aus einer Entfernung von dreiviertel Kilometern. Eine Rakete würde er auf viele Meilen entfernt finden. Wir mußten dann mit Olaf noch dies und jenes in diesem Apparat nachsehen.
    Dann sagte ich Gimma Bescheid - und flog los.«
    »Allein?«
    »Ja.«
    »Warum allein?«
    »Weil wir ohne Thomas nur noch zwei waren und der >Prome-theus< einen Piloten haben mußte.«
    »Und die anderen waren einverstanden?«
    Ich lächelte in der Dunkelheit.
    »Ich war erster Pilot. Gimma konnte mir nichts befehlen, nur vorschlagen, dann berechnete ich die Chance und sagte ja oder nein. Aber in kritischen Situationen lag die Entscheidung bei mir.«
    »Und Olaf?«
    »Na, Olaf kennst du schon etwas. Kannst dir also denken, daß ich nicht gleich geflogen bin. Aber am Ende war ich es, der Thomas weggeschickt hatte. Diese Tatsache konnte er nicht leugnen. Kurz, ich bin also geflogen. Selbstverständlich ohne Rakete.« »Ohne Rakete?«
    »Ja. Im Raumanzug und mit einer Rückstoßpistole. Es hat etwas gedauert, aber nicht so lange, wie es schien. Ich hatte nur Schwierigkeiten mit dem Ferroweiser, denn das war fast eine Kiste, äußerst unhandlich. Dort, natürlich, wog er gar nichts, aber als ich in die Wolke kam, mußte ich scharf aufpassen, um nicht gegen irgend etwas zu stoßen.
    Als ich näher kam, hörte ich auf, die Wolke zu sehen, nur die Sterne fingen an zu verschwinden. Erst nur einige, die aus dem Umkreis, dann wurde schon der halbe Himmel finster - ich sah mich um, der >Prometheus< leuchtete voll und ganz in der Ferne, er hatte so eine Illuminationsvorrichtung für seinen Panzer. Er sah aus wie ein langer weißer Bleistift- mit einem Pilz am Ende-, das war der Photonenscheinwerfer.
    Plötzlich verschwand alles. Dieser Übergang war ganz scharf. Vielleicht eine Sekunde schwarzer Nebel - dann schon nichts mehr. Mein Radio hatte ich ausgeschaltet, statt dessen sang mir der Ferroweiser in den Kopfhörern. Bis zum Wolkenrand flog ich kaum ein paar Minuten, aber auf die Oberfläche glitt ich länger als zwei Stunden - ich mußte da sehr aufpassen. Meine elektrische Taschenlampe erwies sich als untauglich, was ich übrigens auch erwartet hatte. Ich fing die Suche an. Weißt du, wie die großen Stalaktiten in den Felsenhöhlen aussehen…?«
    »Ja.«
    »Also etwas in der Art, nur unheimlicher. Ich spreche darüber, was ich später sah, als die Wolke bereits gesunken war. Denn während dieser Sucherei - nichts, als ob jemand die Sichtscheibe meines Raumanzuges mit Teer begossen hätte. Die Kiste trug ich an Trägern. Ich mußte die kleine Antenne bewegen, horchen, mit ausgestreckten Armen gehen -

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