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Transfer

Transfer

Titel: Transfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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und so immerfort. Dazu gibt es noch das Herumwirbeln und die gegenseitige Verschiebung von Armen, Beinen, Rumpf- als ob die alle ihre Stellen vertauscht hätten, als ob der Kopf nicht mehr an dem richtigen Platz säße…
    So flog ich denn, bis ich gegen irgendeine Wand schlug, mich abstieß, an etwas hängenblieb, zusammengerollt wurde. Ich hatte aber noch Zeit, mich an einem hervorstehenden Felsbrocken zu klammern. Jemand lag dort. Thomas.«
    Sie schwieg. In der Dunkelheit rauschte der Stille Ozean.
    »Nein. Nicht das, was du denkst. Er lebte. Setzte sich auch gleich auf. Ich schaltete das Radio ein. Bei einer so kleinen Entfernung konnten wir uns ausgezeichnet verständigen.
    >Bist du das?< meldete er sich.
    >Ja. Ich bin’s<, sagte ich. Eine Szene wie aus einer miesen Komödie, eigentlich unmöglich. Aber so war es. Wir standen beide auf. >Wie fühlst du dich?< fragte ich.
    >Ausgezeichnet. Und du?<
    Das machte mich etwas stutzig, doch sagte ich:
    >Danke, sehr wohl. Und daheim sind alle auch gesund.<
    Idiotisch war das, aber ich dachte, er täte es absichtlich - um zu zeigen, daß er sich im Zaum hält, verstehst du?« »Ja.«
    »Als er schon ganz nahe bei mir stand, sah ich im Schein meiner am Arm montierten Lampe seine Umrisse, als eine Art von dichterer Finsternis. Ich tastete seinen Raumanzug ab - er war heil.
    >Hast du Sauerstoff?< fragte ich. Das war ja das Wichtigste.
    >Ach, das ist unwichtig.<
    Ich überlegte, was man nun tun sollte. Mit seiner Rakete starten? Wohl kaum, es war zu riskant. Um die Wahrheit zu sagen, war ich nicht einmal sehr erfreut. Ich hatte Angst - oder war vielmehr unsicher -, es läßt sich schwer erklären. Die Situation war irreal, ich spürte etwas Eigenartiges darin, ohne zu wissen, was es war, und ohne mir darüber ganz im klaren zu sein. Nur daß ich eben durch dieses wundersame Wiederfinden nicht erfreut war.
    Ich überlegte, wie man die Rakete retten könnte. Aber das, dachte ich, ist nicht das Wichtigste. Erst mußte ich erfahren, wie es um ihn stand. Inzwischen standen wir so da, in dieser schwarzen Nacht ohne Sterne.
    >Was hast du die ganze Zeit hier gemacht?< erkundigte ich mich. Ich wollte es wissen, denn es war auch wichtig. Wenn er irgend etwas zu tun versucht hatte, und sei es nur, Mineralstücke abzuschlagen, so wäre das ein gutes Zeichen.
    >Verschiedene Dinge<, sagte er. >Und du, Tom?<
    >Wieso Tom?< fragte ich. Mich überlief es kalt, denn Arder lebte schon seit einem Jahr nicht mehr, und er wußte es doch auch ge-Bau.
    >Du bist doch Tom, nicht? Ich erkenne deine Stimme.<
    Ich sagte nichts, und er berührte mit seinem Handschuh meinen Raumanzug, der schepperte, und sagte dann: >Eine verrückte Welt, nicht? Nichts zu sehen, und es gibt hier auch nichts Besonderes. Ich hatte es mir ganz anders vorgestellt. Und du?<
    Ich dachte, mit Arder wäre ihm wohl ein Irrtum unterlaufen, schließlich war so etwas schon.., mehreren passiert.
    >Ja<, sagte ich. >Uninteressante Gegend hier. Wollen wir loszie -hen, Thomas, wie?<
    >Losziehen?< staunte er. >Ja, wie denn… Tom?<
    Ich achtete schon nicht mehr auf diesen Tom.
    >Willst du denn hier bleiben?< fragte ich.
    Er macht mich zum Narren, dachte ich, nun aber Schluß mit diesen Blödeleien.
    >Nein<, sagte ich. >Wir müssen zurück. Wo ist deine Pistole?<
    >Die habe ich verloren, als ich gestorben bin.<
    >Was?!<
    >Aber ich nahm es mir nicht zu Herzen<, sagte er. >Ein Toter braucht keine Pistole.<
    >Na, na<, meinte ich. >Komm, ich lege dir den Gurt um, und dann fahren wir.<
    >Bist du denn verrückt, Tom? Wohin?<
    >Zum »Prometheus«.<
    >Der ist doch nicht hier…<
    >Er ist da ein bißchen weiter. Nun komm schon und laß mich dir den Gurt umlegen.<
    >Warte.< Er schob mich weg.
    >Du redest ja so komisch. Du bist nicht Tom!<
    >Sicher nicht. Ich bin Hal.<
    >Also bist du auch gestorben? Wann?<
    Jetzt wußte ich schon ungefähr, wie und was, fing also an, mich ihm anzupassen.
    >Na<, meinte ich, >schon vor einigen Tagen. Komm, laß mich dir den Gurt umlegen.<
    Er aber wollte es nicht zulassen. Und wir fingen an, uns zu zanken, am Anfang wie im Scherz, später schon mehr im Ernst, ich versuchte ihn zu fassen, konnte es aber nicht wegen des Raumanzugs. Was tun? Ich konnte ihn keinen Augenblick allein lassen; denn ein zweites Mal würde ich ihn nicht mehr finden. Ein Wunder geschieht nicht zweimal. Und er wollte dableiben als Toter.
    Und so - während unseres Wortwechsels - als mir schon schien, daß ich ihn überzeugt hätte und er mir

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