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Transfer

Transfer

Titel: Transfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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eine Sprungfeder wippte. Dann kam ein Doppelsalto, der mir nicht besonders gut gelang: ich schlug mit den Schenkeln hart aufs Wasser. Meine Haut wurde prompt rot, wie verbrüht. Ich wiederholte den Sprung. Schon
    besser, doch noch nicht so, wie er sein sollte. Nach der zweiten Beuge hatte ich keine Zeit mehr, mich zu strecken, hielt auch die Füße nicht richtig. Aber ich war eigensinnig und hatte ja Zeit, so viel Zeit!
    Der dritte, vierte, fünfte Sprung. Schon hatte ich etwas Ohrensausen, als ich - vorher auf alle Fälle noch einmal Ausschau haltend- einen Schraubensalto versuchte. Das war schon ein Fiasko, eine totale Blamage. Bein Aufschlagen auf das Wasser verlor ich die Puste, schluckte eine Menge Wasser und kroch dann prustend und würgend auf den Strand. Ich setzte mich unter die durchbrochene Sprungbrettleiter, so gedemütigt und wütend, daß ich schließlich zu lachen begann. Dann schwamm ich noch weiter: vierhundert - Pause - und wieder vierhundert.
    Als ich ins Haus zurückkehrte, sah die Welt schon ganz anders aus. >Das hat mir wohl am meisten gefehlt<, dachte ich. Der weiße Roboter wartete an der Tür.
    »Möchten Sie bei sich oder im Speiseraum essen?«
    »Werde ich allein beim Essen sein?«
    »Jawohl, mein Herr. Die anderen Herrschaften kommen erst morgen. «
    Ich ging nach oben und zog mich um. Noch wußte ich nicht so recht, womit ich meine Studien anfangen würde. Geschichte wahrscheinlich, so wird es am vernünftigsten sein. Obwohl mich eine Eust überkam, alles auf einmal zu tun und am meisten - mich an das Rätsel der überwundenen Gravitation heranzumachen.
    Ein singender Ton erklang. Das Telefon war es nicht. Da ich nicht wußte, was es war, verband ich mich mit dem Haus-Infor. »Wir bitten zum Mittagessen«, erklärte eine melodiöse Stimme. Der Speiseraum war voll von grün gefiltertem Licht, die schrägen Glasscheiben an der Decke glänzten wie Kristall. Auf dem Tisch nur ein Gedeck. Der Roboter brachte die Speisekarte.
    »Nein, nein«, sagte ich, »egal, was da kommt.«
    Der erste Gang erinnerte an eine Obstkaltschale. Der zweite schon an nichts mehr. Von Fleisch, Kartoffeln und Gemüse mußte man wohl für immer Abschied nehmen.
    Sehr gut war es, daß ich allein aß, denn die Süßspeise explodierte mir unter dem Löffel. Vielleicht ist diese Bezeichnung etwas zu stark, aber jedenfalls hatte ich Creme auf den Knien und auf der Jacke. Die Konstruktion dieser Speise schien etwas kompliziert, nur oben war sie hart, und unvorsichtigerweise pickte ich den
    Löffel hinein.
    Als der Roboter kam, fragte ich, ob ich auf mein Zimmer Kaffee bekommen könnte.
    »Selbstverständlich«, antwortete er. »Jetzt gleich?«
    »Ja, bitte. Aber viel Kaffee.«
    Ich sagte es, weil ich wohl vom Baden ein wenig schläfrig war, und plötzlich tat es mir um die verschlafene Zeit leid. Oh, hier war es wirklich ganz anders als auf dem Deck unseres Raumschif-res. Die Mittagssonne versengte die alten Bäume, die Schatten waren kurz, dicht an den Stämmen, die Luft zitterte in der Ferne, aber im Zimmer war es fast kühl. Ich setzte mich an den Schreibtisch zu den Büchern. Der Roboter brachte Kaffee. Eine durchsichtige Thermosflasche, die wohl an drei Liter faßte. Ich sagte kein Wort. Der Roboter hatte meinen Kaffeedurst etwas überschätzt.
    Mit Geschichte wollte ich anfangen, ging aber erst an die Soziologie heran, da ich gleich möglichst viel erfahren wollte. Bald überzeugte ich mich, daß ich damit nicht fertig werden konnte. Diese Wissenschaft war mit einer schwierigen, weil spezialisierten Mathematik vollgepfropft, und - was noch schlimmer war -die Verfasser beriefen sich auf mir völlig unbekannte Tatsachen. Außerdem verstand ich recht viele Worte nicht und mußte ihre Bedeutung im Sachwörterbuch nachschlagen. Also stellte ich den zweiten Opton ein - ich hatte drei davon -, verlor recht bald die Lust an dem Ganzen, weil es mir zu langsam ging, stieg herab von meinem hohen Roß und nahm ein ganz gewöhnliches Schulbuch für Geschichte.
    Etwas war in mich gefahren, so daß ich plötzlich keine Spur Geduld hatte - ich, den Olaf die letzte Buddha-Inkarnation nannte. Anstatt der Reihe nach vorzugehen, suchte ich zuerst ein Kapitel über die Betrisierung heraus.
    Diese Theorie wurde von drei Leuten: Bennet, Trimaldi und Sacharow aufgestellt. Daher der Name. Mit Staunen erfuhr ich, daß sie gleichaltrig mit mir gewesen waren und das Ganze ein Jahr nach unserem Abflug veröffentlichten. Die Widerstände waren

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