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Transsibirien Express

Transsibirien Express

Titel: Transsibirien Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bauern zu den Märkten fuhren.
    »Das gibt eine Beschwerde!« sagte Skamejkin und tappte auf Strümpfen in sein Abteil zurück. »Mit meiner Seife wäscht sich Breschnew die Hände – vergeßt das nicht, Genossen!«
    Mulanow überließ es dem Zugführer Vitali Diogenowitsch, Skamejkin zu beruhigen, dafür bekam jener auch mehr Gehalt.
    Er selbst lief nach hinten in den Staatswagen und schob erschöpft die Tür zu Karsanows Abteil auf. Mit großen ängstlichen Augen starrte Milda ihn an und schmiegte sich eng an Werner Forster.
    »Aha! Jetzt geht es ihr an den Kragen!« rief Karsanow und rieb sich die Hände. »Nur herein, Boris Fedorowitsch! Wo ist die Miliz? Verhaftet dieses Weibsstück endlich!«
    »Wieso?«
    Mulanow ließ sich neben Forster auf die Bank fallen. Er betrachtete den Deutschen als einen sympathischen Menschen, mit dem man sprechen kann und der die Geduld hat, zuzuhören. Im Gegensatz zu dem widerlichen Karsanow, der immer recht haben wollte und – sehr verdächtig! – per Zugtelefon mit Moskau telefoniert hatte.
    »Verhaftungen finden erst in Irkutsk statt. Bis dahin haben wir den Täter allein gefunden! Er kann ja nicht aus dem Zug. Er sitzt wie in einer Mausefalle.«
    »Untersuchen Sie dieses Frauenzimmer!« sagte Karsanow streng und zeigte auf Milda. »Ihr schreit die Angst aus den Augen!«
    »Die Angst vor einem Menschen wie Ihnen, ja!« erwiderte Forster laut.
    Er strich Milda die Haare aus dem bleichen schmalen Gesicht. Das sah sehr zärtlich aus, und Mulanow wunderte sich, daß man zu einer Zugdirne einen so innigen Kontakt haben konnte.
    Aber das sind eben die Deutschen, dachte er. Immer mit dem Gefühl dabei, immer mit einem vollen Seelchen. Darin sind wir so ähnlich, Kamerad, wir Russen und ihr Deutschen!
    »Milda Tichonowna hat damit nichts zu tun!« sagte Mulanow dienstlich.
    »Ach, das wissen Sie?« bellte Karsanow.
    »Ja, das weiß ich. Es gibt Zeugen dafür.«
    »Welche Zeugen? Werner Antonowitsch! Pah, er hat dafür bezahlt! Klaschka? Zum Teufel, wer wird ihr glauben? Hier in diesem Zug sind außer diesen Frauenzimmern lauter ehrliche Fahrgäste. Bezweifeln Sie das, Mulanow? Oder war's gar das Zugpersonal?«
    »Pal Viktorowitsch«, sagte Mulanow würdevoll, »das will ich nicht gehört haben.«
    »Na also! Wer bleibt übrig? Ist das Logik?«
    »Die Logik eines Affen, der lieber Bananen statt Kokosnüsse frißt, weil er die Bananen leichter schälen kann!« entgegnete Forster. »Mulanow, nehmen Sie Milda mit und sprechen Sie vernünftig mit ihr. Die Miliz ist weg?«
    »Natürlich. Sie kann doch nicht ohne Befehl umsonst bis Irkutsk mitfahren …«
    Milda hob den Kopf. Ihre Augen bettelten. Sie wollte nicht gehen, sie hatte Angst, auch wenn Mulanow ihr freundlich zuzwinkerte.
    Es war klar, daß er die Prozente der Beteiligung aushandeln und möglichst sofort die erste Rate kassieren wollte.
    Entwürdigend, dachte Milda. Es war schwer, sich daran zu gewöhnen, daß man von einer Stunde zur anderen eine Dirne sein mußte …
    Draußen glitt immer noch die tief verschneite, schweigende Taiga vorüber. Eine Wand aus Riesenbäumen, erstarrt im Frost.
    Die Sonne war fast weiß, farblos, wie ein Klumpen strahlenden Eises.
    »Wir werden systematisch vorgehen«, sagte Mulanow. »Wagen nach Wagen. Welche Blamage! Ich gebe es zu. Wer stiehlt ein Paar Schuhe und einen Ohrring? Wer hat das in so einem Zug nötig? Es muß ein kranker Mensch sein, ein Kleptomane. Wir werden den Dieb an seinen unruhigen Augen entdecken.«
    Er zeigte auf Milda, die sich langsam erhoben hatte und mit gesenktem Kopf an der Tür stand.
    »Hat sie unruhige Augen, Pal Viktorowitsch? Ein armes Vögelchen ist sie, die sich sauer ihr Brot verdienen muß.« Er sprang auf, kniff Forster ein Auge zu und faßte Milda unter. »Gehen wir, Täubchen!«
    Noch einmal drehte Milda ihren Kopf herum und sah Werner Forster an.
    Er nickte ihr beruhigend zu, und da ging sie gehorsam mit Mulanow und schob hinter sich die Tür zu.
    »Überall Korruption!« sagte Karsanow und lehnte sich in die Polster zurück.
    Er trank langsam seine aufgetaute Milch und preßte sie dabei ein paarmal durch die Zähne, was einen zischenden knirschenden Laut verursachte. Wahrscheinlich soll das ein Zähneputzen ersetzen, dachte Forster angeekelt.
    »Überall Banditen!« Karsanow legte die Hände auf seine Oberschenkel und trommelte darauf mit den Fingern. »Werner Antonowitsch, was finden Sie eigentlich so begehrenswert an Milda Tichonowna? Ein ausgehungertes

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