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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ozeanränder und die Tundra an den Polen zu tauen. Genau wie Tom es im Jahr 2047 erlebt hatte, wurde eine ungeheure Menge des im Eis gefangenen Methans und Kohlendioxids freigesetzt – sein Volumen dehnte sich um das Hundertfache aus, als dieser große Kältedeckel abgenommen wurde. Überall in den Polarregionen gab es riesige Blasen und Wasserfontänen, der Boden zerbröckelte und riss auf, als das Zeug geysirartig in die Luft spritzte. Es musste ein höllischer Anblick gewesen sein.
    Die Auswirkungen waren katastrophal.
    Gea sagte: »Als der Inhalt der ersten solchen Lagerstätten in die Luft eingebracht wurde, verstärkte dies die Wirkungen des bereits aktiven Treibhauscocktails in der Atmosphäre, und das Klima erwärmte sich noch mehr…«
    »Woraufhin weitere Hydrate auftauten, die weitere Gase freisetzten, die wiederum den Erwärmungseffekt verstärkten.« Jeder Ingenieur hätte den positiven Rückkopplungszyklus erkannt. Es ging immer im Kreis herum, wurde heißer und heißer, und die Luft füllte sich mit dem schädlichen Gas.
    Auf die Entleerung sämtlicher Hydratlager folgte ein starker Erwärmungsschub. Darüber hinaus gab es jetzt so viel Kohlendioxid in der Luft, dass der Sauerstoffanteil weit unter das Normalmaß sank.
    »Die letzten Dicynodontier sind wahrscheinlich erstickt statt verhungert«, sagte der Roboter. »Nun, wenigstens ging es schnell. Die Farne, Zykadeen und andere anpassungsfähige Arten, die die Chance genutzt haben, sich während des Erwärmungsschubs zu vermehren – auch sie sind jetzt fort. Ein paar Pflanzen überleben, aber nur Unkraut, das sich in Resten von Erdreich festklammert.«
    Ich ließ den Blick über die kahle Landschaft schweifen. »Hier sieht es aus wie auf dem Mars. Nichts als Gestein und Staub.«
    »Kein schlechter Vergleich«, stimmte der Roboter zu. »Schauen Sie sich den Fluss an. Sehen Sie die großen Schuttmengen, den Zopfeffekt der Kanäle? Hier gibt es kein Leben; nichts hält den Boden zusammen. Als der Regen kam, wurde das verbliebene Erdreich rasch weggespült, und große Mengen Gesteinsschutt wuschen die Kanäle aus. Solche Zopfbildung findet man auch bei den Flüssen auf dem Mars, die ihre Läufe in Abwesenheit von Leben auf ähnliche Weise geformt haben.«
    Auch die Meere hatten gelitten. Als der Regen kam, wurde die gesamte tote, stinkende Vegetation in die Flüsse gespült und stromabwärts zum Meer getragen. In der Umgebung der Flussmündungen war der Meeresboden von einem Teppich aus organischer Materie bedeckt; die verwesenden Leichen von Tieren, die tote Vegetation, alles vermulchte zu einem dicken schwarzen Schleim, der das Leben am Meeresboden -Mollusken, Krebse, Würmer, Arthropoden – erstickte. Im Prozess der Verwesung saugte dieses stinkende Zeug noch mehr Sauerstoff aus der Luft und gab noch mehr Kohlendioxid und andere übel riechende Gase ab. Unterdessen vergiftete das überreichlich vorhandene Kohlendioxid das Plankton, jene winzigen Organismen, die als Grundlage sämtlicher mariner Nahrungsketten dienten. So brachen die Meerespopulationen ebenso zusammen wie zuvor jene an Land.
    »Die biologische Vielfalt wurde ungefähr auf ein Zehntel ihres früheren Umfangs reduziert«, sagte Gea. »Neunzig Prozent der marinen Arten und siebzig Prozent der Landwirbeltiere starben aus. Die Zahlen sind natürlich nur Näherungswerte; wir werden es niemals ganz genau wissen. Die Katastrophe war jedoch um eine Größenordnung schlimmer als beim Aussterben der Dinosaurier. Wahrscheinlich hätte nicht viel gefehlt, und die Geschichte des vielzelligen Lebens insgesamt wäre zu Ende gewesen.«
    »Aber das Leben hat sich wieder erholt«, sagte ich. »Oder nicht?«
    »O ja. Zu guter Letzt.«
    Nach diesem Aussterbeereignis am Ende des Perms war die Welt ein trostloser Ort. Ihr kompliziertes Ökosystem war zusammengebrochen, und seine Ruinen wurden von einem einzigen Tier beherrscht. Der Lystrosaurus, ein Dicynodontier, der gewisse Ähnlichkeit mit einem Schwein besaß, überlebte durch Zufall und nutzte seine außergewöhnliche Chance; bald waren fünfundneunzig Prozent allen tierischen Fleisches der Welt Lystrosaurusfleisch.
    Der Aufschwung kam, als sich die Nachfahren solcher Überlebenden, geformt vom Skalpell der Zeit und der Evolution, diversifizierten und jene leeren Nischen besetzten. Eine neue Welt der Dinosaurier und Nadelbäume erstand aus dem Schutt der alten, und nach den Blüten tragenden Pflanzen, den Gräsern und den echten Säugetieren entstand

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