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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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zu versinken. Ich wäre ihr so gern nachgelaufen, aber ich wusste, dass es vergeblich sein würde. In dieser leblosen Welt, allein mit einem völlig fremdartigen Bewusstsein und einem virtuellen Geist, überlief mich ein kalter Schauer.

 
     

 
24
     
     
    Ich lud Tom und Shelley in mein Haus im ländlichen Norden New Yorks ein. Sie sollten mir helfen, die Sache mit den Gashydraten zu kapieren.
    Über ein VR-Link nach London gab ich Tom eine knappe Zusammenfassung meiner privaten Unterredung mit Gea. Das allzu abgedrehte Zeug, die Vermischung von Vergangenheit und Zukunft und Geas vage Andeutungen über meine kosmische Bestimmung, ließ ich aus. Und ich sagte erst recht nichts von Morag.
    Doch selbst diese zensierte Version reichte schon aus, um Toms Antennen zum Vibrieren zu bringen. »Eine der besten KIs der Welt hat dir das erzählt?«
    »Wieso nicht?«, blaffte ich zurück. »Gea muss ja irgendwo anfangen. Ich habe immerhin Zugang zu einigen der modernsten technologischen Errungenschaften der Welt, den Higgs-Triebwerken. Und ich habe dich, Tom. Du warst bei dieser Hydrat-Entladung in Sibirien dabei. Vielleicht verfügt Gea über gute Menschenkenntnis. Vielleicht meint sie, als dein Vater nähme ich sie ernst und wäre motiviert, in dieser Angelegenheit aktiv zu werden.«
    »Glaubst du wirklich, sie ist zu solchen Manipulationen fähig?«
    »Du hast sie nicht kennen gelernt«, sagte ich hitzig. »Außerdem – ganz egal, wie intelligent sie ist, in der Menschenwelt besitzt sie keinerlei offizielle Macht. Sie darf nicht einmal wählen. Nur mit Hilfe von Menschen kann sie etwas erreichen, und dazu muss sie Überzeugungsarbeit leisten. Wenn man es richtig bedenkt, verhält sie sich genauso, wie man es von ihr erwarten würde.«
    Er machte ein skeptisches Gesicht – genau genommen schaute er mich an, als ob ich nicht alle Tassen im Schrank hätte. Nach Sibirien hatten wir jedoch gewissermaßen vereinbart, den Schwerpunkt auf Zusammenarbeit zu legen, statt mit Hilfe unserer Interessen und Motive das Trennende zu betonen. Also erklärte er sich einverstanden, auf Johns Kosten nach New York zu fliegen. Aber, sagte er geheimnisvoll, er wolle einen Gast mitbringen.
     
    Meine Besucher kamen per Flugzeug, mit dem Zug und dem Bus zu meiner Amateur-Braintrust-Konferenz.
    Ich wohnte hier seit etwas über fünf Jahren. Der Ort lag nur eine einstündige Zugfahrt von der Grand Central Station entfernt, also nicht gerade in der tiefsten Provinz, aber ich war durchaus froh, dass ich der brechend vollen Stadt den Rücken gekehrt hatte. Mein Haus war modern, ein wetterfestes, KI-getränktes Betonscheusal. Mit Solarpaneelen, einer bei Bedarf einsetzbaren Windturbine auf dem Dach und Brennstoffzellen im Keller war ich in punkto Elektrizität weitgehend autark. Es gab eine große Gefriertruhe und einen Vorratskeller, in dem ich Konservendosen und Trockennahrung lagerte. Die Fundamente reichten tief ins Erdreich hinab, die Fensterbänke waren hoch, und die Türen schlossen wasserdicht; ich hätte eine meterhohe Flut überstehen können. Und so weiter. Ich war kein Survival-Freak, aber man musste vorausdenken. Ich hatte jedoch darauf bestanden, Fenster in die Mauern einzusetzen – echte Fenster, trotz der Beschwerden des Architekten –, und ich hatte viele Wände mit Holz vertäfelt. Es war immer noch ein Wohnhaus, kein Raumschiff.
    Tom schien das Haus jedoch schon immer missfallen zu haben.
    Er hatte nie hier gewohnt. Nach Morags Tod hatten wir zwei uns in unserem alten Heim nicht mehr richtig wohl gefühlt; dort war Platz für die größere Familie gewesen, die Morag und ich immer geplant hatten, und plötzlich war es zu groß für uns gewesen. Ich hatte mir eine kleinere Wohnung in New Jersey genommen, aber auch dort hatte ich mich nie zu Hause gefühlt, und das Gebäude, in dem sie sich befunden hatte, war so alt gewesen, dass die Kosten stetig gestiegen waren. Als Tom aufs College gegangen war, hatte es mir wenig ausgemacht auszuziehen.
    Außerdem hatte ich gehofft, mein neues Haus wäre so anders, dass Tom und mir unangenehme Erinnerungen erspart blieben. Aber Tom behauptete immer, es erinnere ihn an mein Elternhaus, das Haus meiner Mutter in Florida, wo ich aufgewachsen war. Es sei »ein nostalgisches Faksimile in Beton und genmodifiziertem Holz«, wie er wörtlich sagte.
    »Also, ich find’s gemütlich«, meinte Shelley, als sie eintraf. »Hat was von einem Bombenbunker, ist aber trotzdem gemütlich.« Es war wie immer

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