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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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oder?«
    »Vergessen.«
    »Genau. Während eine Art nach der anderen zu Staub wird, verliert die Erde ihr biotisches Gedächtnis: Sehen Sie es mal so. Wir wiederum können das alles ebenfalls vergessen. Ich habe noch nie einen Tiger gesehen und werde auch nie einen sehen, aber den T-Rex habe ich auch noch nie gesehen. Was spielt es schon für eine Rolle, dass der eine vor dreißig Jahren und der andere vor fünfundsechzig Millionen Jahren ausgestorben ist? Tot ist tot.«
    »Das ist ein brutaler Standpunkt.«
    »Brutal? Realistisch, mein Freund. Ein Realist nimmt die Welt so, wie sie ist, nicht so, wie er sie gern hätte. Man muss es einfach akzeptieren. Auf lange Sicht – historisch betrachtet – wird all dies als Anpassung gelten. Wir haben einfach nur Pech, dass wir es miterleben.« Er grinste wölfisch. »Oder Glück. Warum genießen wir unterdessen nicht das Leben? Zum Teufel damit. Ich meine, wenn es regnet, schnapp dir ’nen Eimer.«
    »Und was für einen Eimer haben Sie dabei?«
    »Ich? Ich mache in Scheiße«, sagte er und genoss offenkundig meinen Gesichtsausdruck.
    Wenn es einen Marsianer auf die Erde verschlüge, sagte er, käme dieser vielleicht zu dem Schluss, das Hauptprodukt der Menschheit sei Scheiße. Sie ergieße sich in gewaltigen Strömen aus unseren Körpern und in die Abwasserkanäle unserer Groß- und Kleinstädte. In weniger zivilisierten Gemeinschaften kippten wir das Zeug einfach ins Meer. An aufgeklärten Orten, sagte Jack, rührten wir es in Kläranlagen um, parfümierten es und kippten es dann erst ins Meer.
    Ich konnte mir denken, worauf er hinauswollte. »Dreck und Geld liegen nah beieinander.« Das war eine Redewendung meiner Mutter.
    Jack grinste. »Gefällt mir.« Er schrieb es sich tatsächlich auf seinen Softscreen. »Dreck und Geld. Aber genau darauf läuft es hinaus – im wahrsten Sinne des Wortes.« Jack arbeitete bei einem Unternehmen, das teure Aufbereitungsanlagen für Exkremente verkaufte; sie entzogen ihnen das Wasser, aus dem sie größtenteils bestanden, und extrahierten aus dem Rest diverse nützliche Kohlenwasserstoffe. »Ist eine erstaunliche Technik«, sagte er. »Alles ein Abfallprodukt der Raumfahrttechnologie, diese geschlossenen Lebenserhaltungssysteme, die sie da oben in der Raumstation benutzen. Hier sind wir also nun auf dem Raumschiff Erde und verwenden dasselbe Zeug. Inspirierend, was? Süßwasser ist überall knapp, und oft genug wird das nur beklagt, um die Kosten einer Anlage zu rechtfertigen.« Er zwinkerte erneut. »Natürlich werben wir nicht damit, dass wir Ihnen Ihre eigene Scheiße wiederverkaufen, aber so ist es.« Er sprach darüber, dass er Anlagen in allen Größen verkaufe – vom einzelnen Haushalt bis zum kompletten städtischen Wohnblock –, und kam dann zu Finanzierungsplänen.
    Das alles interessierte mich nicht besonders, und meine Aufmerksamkeit schweifte ab.
    Er warf mir einen abwägenden Blick zu. »Hier.« Er gab mir eine Karte. Sie war schwarz, mit silberner Prägung: DAS LETHESCHWIMMTEAM. »Meine Kontaktdaten«, sagte er. »Falls Sie Interesse haben. Sie lädt sich in Ihr Implantat herunter.«
    »Den Namen verstehe ich nicht.«
    »Das Schwimmteam ist eine Gruppe Gleichgesinnter«, erklärte er.
    »Alles Realisten?«
    »Absolut. Hören Sie, ich verteile Dutzende solcher Karten. Hunderte. So arbeiten wir. Keine Verpflichtung, nur Gleichgesinnte an beiden Enden einer Leitung. Falls Sie irgendwann mal Lust haben, über diese Sachen zu reden, rufen Sie mich an. Warum nicht? Manche führen die Logik natürlich noch ein Stück weiter.«
    Unwillkürlich fasziniert, fragte ich: »Ach wirklich? Wer?«
    »Ich habe durchs Schwimmteam mal so jemanden kennen gelernt. Vielleicht sollte ich Ihnen seinen Namen nicht nennen.« Er zwinkerte zum dritten Mal. »Er hat gesagt, er sei einer der Letztenjäger. Schon mal von denen gehört?…«
    Wie sich herausstellte, war es eine schlichte Prämisse. Das Ziel eines Letztenjägers bestand darin, den letzten Vertreter einer Spezies zu töten: den letzten Adler, den letzten Löwen, den letzten Elefanten.
    »Stellen Sie sich das vor«, sagte Jack leise. Seine Stimme war beinahe verführerisch. »Der Mann zu sein, der den letzten Gorilla abknallt, eine Spezies, die sich vor Megajahren von den Menschen abgespalten hat. Eine zehn Millionen Jahre lange Geschichte zu beenden, indem man seinen Namen mit Blut über ihr Ende schreibt. Ist das nicht ein fantastischer Gedanke?«
    »Meinen Sie das ernst? Ich habe

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