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Trapez

Trapez

Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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aufbrausend wie das Pochen in seinem Kopf. Eigenartig, er fühlte keine Freude, keinen Stolz, nur eine seltsame Erschöpfung und Entspannung. Die Freude würde später kommen.
    Er sah, wie das zweite Trapez nach oben aus dem Weg gezogen wurde. Später – er hatte sie davon reden gehört – würde er an dieser leeren Stelle der Show eine Überleitung machen, aber nicht dieses erste Mal. Papa Tony kam zu ihnen auf die Plattform. Mario zog die etwas schmalere Einzelstange herunter. »Okay«, flüsterte er.
    »Du bist fertig. Steh nur nicht im Weg!«
    Tommy hielt sich an einem Ende der Plattform bereit, sah den Nummern zu, die ihm so vertraut waren, dass er sie im Schlaf konnte. Marios Doppelsalto rückwärts, Papa Tonys Zweieinhalbfacher, die Passage in der Luft.
    Mario rieb sich nervös die Handgelenke und flüsterte:
    »Gib mir viel Platz.«
    Papa Tony gab Mario das Trapez und flüsterte etwas.
    Tommy konnte die Worte nicht verstehen, aber es klang wie eine Frage. Mario nickte. Papa Tony hob die Hand und gab Lambeth ein Signal. Normalerweise war die letzte Nummer, die den Akt beendete, der geschraubte Salto, der schwierige Doppelsalto mit einer halben Drehung dazwischen. Normalerweise beendete Papa Tony ihren Auftritt, obwohl es Mario in letzter Zeit ab und zu gemacht hatte. Heute Abend rief Big Jim Marios Namen.
    »Und jetzt … meine Damen und Herren … richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das hohe Trapez … das schwierigste aller Luftkunststücke … Mario Santelli wird einen dreifachen Salto in die Hände des Fängers versuchen …
    Mario Santelli «
    Tommy schnappte hörbar nach Luft. Ich wu ss te nicht, dass er das heute Abend versuchen würde.
    Mario schwang sich heraus, mit einem hohen, gewölbten, treibenden Schwung. Er schwang noch einmal zurück, um mehr Schwung zu kriegen, trieb dann sein Trapez wieder nach vorne, höher und höher, unglaublich hoch. Kurz bevor sich die Seile krümmten, schnellte er von der Stange weg, klappte zu einem engen Salto mit unglaublicher Geschwindigkeit zusammen, dann ein zweiter, noch höher als der erste, schließlich ein dritter, im Fallen. Tommy stockte der Atem. In letzter Sekunde streckte sich Mario, und Tommy blieb fast das Herz stehen, als er sah, wie die Handgelenke in Angelos Hände knallten, der Griff rutschte, aber gerade in dem Augenblick fa ss te, als es so schien, dass nur ein bi ss chen mehr Schwung ihn in die Dunkelheit hinter den Fänger hätte werfen müssen.
    Tommy fühlte, dass sein eigener rauer Atem lauter war, als die plötzlichen Schreie und der Applaus von den Plätzen. Mario und Angelo schwangen zusammen, ihre Handgelenke ineinandergeklinkt, und Angelo strahlte.
    Dann schwang Mario zurück zur Brücke. Mit einer Drehung zum Publikum warf er eine Hand mit einer eleganten Geste nach oben und wartete auf das Wiederaufbrausen des Beifalls.
    Der Beifall schwoll mehr und mehr an, lauter, so schien es Tommy, als jeder Applaus, den er jemals gehört hatte.
    Dann tauchten sie, einer nach dem anderen, ins Netz, machten einen Überschlag vom Rand und verließen die Manege, während die Clowns für das Finale hereingerannt kamen.
    Tommy hatte fast vergessen, dass er heute Abend seinen jahrelangen Traum erfüllt hatte. Sogar vor seiner eigenen Feuerprobe war Mario bereit gewesen, Zeit und Energie aufzuwenden, herüberzukommen und ihn zur Vernunft zu bringen. Tommy fühlte sich betäubt und beschämt.
    Gleich hinter der Zeltplane des Bühneneingangs wirbelte Angelo herum und umarmte Mario überschwänglich . Papa Tony strahlte sie an und glühte innerlich vor Stolz und Glück. Mario sah bleich und unsicher aus. Er hatte angefangen zu zittern und Tommy, der nach dem Haufen Capes auf einer Requisitenkiste griff, warf eins von ihnen um Marios Schulter. Mario schaffte es, zu grinsen.
    »Nicht schlecht, was, Junge?«
    Tommy bemerkte kaum, was er tat, als er seine Arme um Marios Hüften schlang und ihn umarmte. Mario hielt ihn für einen Moment fest, und Tommy keuchte: »Du hast es geschafft! Du hast den Dreifachen geschafft! Aber warum hast du es mir nicht gesagt? Warum hast du mir nicht einmal gesagt, dass du’s heute Abend versuchst?«
    Mario klang fast wieder wie er selbst, als er lachte: »Ich dachte, für einen Abend hattest du genug um die Ohren.
    Na komm, versperren wir hier nicht länger den Eingang!«
    Weder Angelo noch Papa Tony hatten auch nur ein Wort zu Tommy über das gesagt, was er getan hatte.
    Tommy dachte, dass es ganz angemessen war, wenn sie ihre

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