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Trapez

Trapez

Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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lassen.
    Während einer Probe aufgenommen, zeigte es Mario, Angelo und ihn selbst am Fuße der Strickleiter, alle in Trainingssachen.
    Tommy stützte sein Kinn auf seine Hände und starrte an die Wand. Einen Monat lang war er jeden Abend länger in der Schule geblieben, um mit dem Team für die Aufnahme in die Basketballmannschaft zu trainieren. Er dachte, die ständige Unfreundlichkeit um ihn herum wäre nur überempfindliche Einbildung gewesen. Er war natürlich zu klein für einen Verteidiger, aber er hatte flinke Füße und war schnell im Spiel, und er verfehlte nie den Korb. Er war der Meinung, sich Hoffnungen machen zu können. Als er sich an jenem Nachmittag wieder umzog, bemerkte er beim Aufblicken, dass ihn der Trainer beobachtete.
    »Komm für eine Minute in mein Büro, wenn du fertig bist, Zane.«
    »Jawohl!« Hastig band sich Tommy die Schnürbänder zu, knallte seine Sportschuhe und den Sportanzug in seinen Spind und ging den Flur entlang zum Büro des Trainers.
    Trainer Seymour war klein, drahtig und muskulös. Er sah Tommy mit geradem, undurchschaubarem Blick an.
    »Du bist ein guter Spieler, Zane«, sagte er schließlich .
    »Kein Grund, warum ich es dir nicht sagen sollte: Du bist wahrscheinlich der beste Spieler hier, aber das weißt du ja sowieso.«
    Diese Hervorhebung verwunderte Tommy. »Danke, ich weiß , ich bin zu klein, aber ich habe mir Mühe gegeben.«
    »Setz dich, Zane. Wie heißt du – Tom? Also Tom, ich hab’ die Mannschaftsliste zusammengestellt, und ich war drauf und dran, dich aufzustellen, da hab’ ich ein paar Dinge über dich herausgefunden, die ich noch nicht wu ss te.«
    Plötzlich wurde seine Stimme feindselig. »Zum Beispiel bist du ein professioneller Artist, nicht wahr?«
    »Wer hat Ihnen das gesagt?« fragte Tommy.
    »Egal! Deine Eltern sind Zirkusleute, nicht wahr? Und du selbst bist berufsmäßig als Artist aufgetreten?«
    »Wieso, nicht oft.«
    »Erzähl mir davon, ja? Als was?«
    Tommy saß auf dem harten Stuhl, erstaunt über die Mischung von Neugier und Feindseligkeit in dem Blick des Mannes, als ob Tommy etwas Unehrliches getan hätte.
    »Na ja, wenn man jeden Sommer mit dem Zirkus verbringt, da bleibt eben was hängen. Turnen, Barren, all so was, und ich habe mich fürs Fliegen interessiert; Trapez, wissen Sie, und einer der Flieger hat’s mir beigebracht, aber ich war nicht wirklich in einer Nummer, nur ein paarmal, um einzuspringen, wenn jemand verletzt war oder so.«
    »Aber du bist professionell als Teil der Show aufgetreten?«
    »Klar, manchmal«, sagte er, verblüffter denn je.
    »Also Zane, du weißt natürlich, dass Schulsport ausschließlich Amateurveranstaltungen sind. Es gab da Gerede, dich, einen professionellen Turner, zu wählen, um gegen Schüler zu kämpfen, die nicht deine besonderen Vorteile haben. Unter diesen Umständen scheint es etwas fairer den anderen Jungs gegenüber zu sein, dich nicht aufzustellen.«
    Eine Minute lang fühlte Tommy sich so, als ob er vom Trapez gesprungen wäre und plötzlich entdeckte, dass das Netz nicht da war, wo es hingehörte. Dann kam ihm die Würde, die er schmerzvoll im Ring gelernt hatte, zu Hilfe. Er saß sehr gerade.
    »Was immer Sie sagen, es liegt bei Ihnen.«
    »Wir wollen keinen unfairen Vorteil gegenüber den anderen Jungs haben.«
    »Nein«, sagte Tommy steif. Welchen Vorteil? Ich spiele beim Zirkus doch nicht Basketball!
    »Es geht nicht gegen dich, weißt du? Es könnte jedem passieren. Sogar der Olympiastar Jim Thorpe – weißt du, wer er war? – wurde von den Olympischen Spielen disqualifiziert, weil er ein Jahr als Profi gearbeitet hatte. Er war nicht viel älter als du.«
    Coach Seymour behielt ihn noch ein paar Minuten länger da, stellte ihm dämliche Fragen über den Zirkus, als ob er beweisen wollte, dass er ihm nichts übelnahm, aber Tommy beantwortete seine Fragen unverbindlich und entwischte, sobald er konnte.
    Jetzt in seinem Zimmer dachte er über die Feindseligkeit und den Abstand nach und über etwas anderes. Er konnte sich körperlich in Form halten, aber all die kleinen Details von Ablauf, Präzision und Gleichgewicht verlangten soviel Übung wie Können. Im nächsten Sommer würde es ihn Wochen, wenn nicht Monate kosten, um dahinzukommen, wo er im September war. Alle Artisten nahmen Urlaub am Ende der Spielzeit, aber keine solch lange Pause. Er sollte arbeiten, trainieren, proben. Das war anders, als er nur ein Amateur war. Nur ab und zu zu arbeiten, wenn jemand Zeit hatte, es

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