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Trapez

Trapez

Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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ihm beizubringen. Aber wenn er nächstes Jahr bei der Tournee auftreten wollte – und er wu ss te, dass er das wollte, dass es das einzige war, was er wollte –, sollte er eigentlich üben. Mit irgendjemandem .
    Er zog sich die Schuhe aus und wollte sich in der Küche ein Glas Milch holen, da hörte er beim Öffnen des Kühlschranks die Stimme seines Vaters im anderen Schlafzimmer. Erstaunt öffnete er seinen Mund, um zu rufen, schlo ss ihn dann aber schnell wieder, weil er etwas hörte, was er nie zuvor gehört hatte: Die Stimme seines Vaters erhob sich laut vor Zorn wie bei allen Dompteuren, die mit Großkatzen arbeiteten. Tom Zane bewegte sich schnell, aber nie unvermutet, und er hatte eine bemerkenswert gleichmäßige , tiefe Stimme; aber jetzt schrie er, und er war wütend.
    »Verdammt noch mal, ja, und unter anderem würde es bedeuten, dass du es mit deinem Gewissen vereinbaren könntest, mit diesem Quatsch aufzuhören, und dass du mit mir im Winterquartier wohnst. Sei nicht so verdammt schwierig, Beth!«
    »Tom, er ist erst vierzehn. Er sollte ein normales Leben haben; Schulfeste und Verabredungen mit Mädchen und Basketballspiele und Baseball und Fischen.«
    »Dafür ist es schon zu spät, Schatz. Sieh mal, vielleicht ist es meine Schuld. Ich wollte, dass du und das Kind jeden Sommer mit m ir unterwegs seid. Aber Tommy –was ihn betrifft, mu ss t du zugeben…«
    Tommy schlich leise in sein Schlafzimmer. Er zog seine Schuhe an und kam geräuschvoll wieder in die Küche. »Hey, Mutter, ich bin zu Hause.«
    Seine Eltern kamen raus in die Küche, und Tommy tat überrascht. »Hey, Dad, was machst du am Mittwoch zu Haus?«
    »Mu ss ich einen Grund haben?«
    Tommy zuckte die Achseln. »Du bist spät dran, Tommy. Was ist passiert?« fragte seine Mutter.
    »Ich mu ss te mit dem Trainer sprechen. Ich werde nicht in der Basketballmannschaft spielen.«
    »Was war los, mein Junge?« fragte Tom Zane.
    »Der Trainer sagte – es gibt da wahrscheinlich so ‘ne Regel – , dass ich ein professioneller Artist bin, deswegen darf ich nicht oder so. Ich hab’s ihm nicht gesagt. Irgendjemand muss davon gehört haben. Er sagte, es sei unfair gegenüber den anderen.«
    »Siehst du«, sagte Elizabeth Zane, über den Kopf ihres Sohnes hinweg.
    »Ich sehe nur eins«, erwiderte Tom und sah seine Frau mit vorgeschobenem Kinn an. »Ich sehe, wenn er beim Winterquartier zur Schule gegangen wäre, wo Zirkusleute etwas Normales sind und nicht wie Freaks behandelt werden, mü ss te er so was nicht durchmachen. Möchtest du wirklich in die Mannschaft, Tom Junior ?«
    Tommy sah seinem Vater genau in die Augen. »Nein, Dad, ich glaub’ nicht.«
    Sein Vater antwortete nicht. »Hol deinen Mantel. Ich will mit dir und deiner Mutter zum Platz fahren. King war so alt geworden, dass wir ihn erschießen mu ss ten, und Lambeth hat eine neue Katze für die Spielzeit gekauft.
    Ich arbeite noch nicht mit ihr.« Er kramte in seiner Tasche. »Ein Brief für dich. Er kam ins Winterquartier.«
    Überrascht nahm Tommy ihn. Er bekam nie Briefe, und es war zu früh für die übliche Weihnachtskarte von Little Ann.
    Es war eine bunte Ansichtskarte. Hauptsächlich blaues Meer und Sand. Auf die andere Seite hatte Mario geschrieben: »Ich gebe diesen Winter Turnunterricht, ausgerechnet in einer Ballettschule. Die meisten Jungs sind nicht so leicht zu unterrichten wie du. Angelo lä ss t grüßen , bis bald.« Er sah zum ersten Mal Marios Handschrift. Eine exakte, sehr kleine Schrift, die Abstriche sehr gerade, jedes ›t‹ sehr sorgfältig mit einer sauberen, waagerechten Linie durchgestrichen. Es sah eher aus wie eine Zeichnung. Er steckte sie in seine Manteltasche und ging hinaus zum Auto.
    Der Geruch des Winterquartiers – die Mischung aus Tieren, Segeltuch, Heu, Sägespänen und Dung – war Tommy vertraut, und ihm wurde seltsam wehmütig zumute. Er lief auf dem Gelände umher, als es dunkel wurde. Nur eine Handvoll Artisten blieb bei Lambeth im Winterquartier; die meisten reisten mit Unternehmen, die mit Bühnenshows in festen Häusern auftraten.
    Tommy schaute bei Ma Leightys Wohnwagen vorbei und zeigte ihr Marios Karte. Es gab ihm das Gefühl, irgendwie weniger einsam zu sein. In der Scheune, wo die Manege war, arbeitete ein neuer Reiterakt an der Longe. Er kehrte schließlich zu seinen Eltern zurück und sah, dass sich Big Jim Lambeth zu ihnen gesellt hatte.
    Seine Mutter kratzte den alten Luzifer durch das Gitter mit einem Stock. Das ließ Tommy

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