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Trapez

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Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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finsteres Schloss , nur ein Großes , altes Haus, bewohnt von einer großen , lauten Familie.
    Ein kleiner, schwerer Mann mit lockigem weißem Haar stand auf und kam zu Tommy herüber. »Wenn die Jungen anfangen, von Trapezen zu reden, dauert das Stunden« sagte er. »Komm rüber zu meinen Kindern. Meine Tochter ist ungefähr in deinem Alter.«
    Tommy war nicht sehr danach, noch mehr Fremde zu treffen, aber er willigte höflich ein. »Ich bin Joe Santelli, das sind mein Sohn Clay und meine Tochter Barbara.«
    Tommy fand Clay uninteressant, er war mollig und dunkel und erst ungefähr acht.
    Barbara war schlank, dunkel und zart. Sie lag auf dem Teppich ausgestreckt und hörte Johnny und Mario zu, aber als ihr Vater mit ihr sprach, drehte sie sich herum und setzte sich aufrecht. Sie hatte ebenfalls die schrägen, exotischen Santelli-Augenbrauen. Tommy entschied, dass sie ungefähr zwölf sein musste .
    »Hallo Tommy! Fühlst du dich, als ob du in der örtlichen Irrenanstalt gelandet bist? Die meiste Zeit sind wir ziemlich zivilisiert, aber Neujahr, na ja, wahrscheinlich bloß , weil wir alle wieder zusammen sind. Dabei ist es dieses Jahr ziemlich ruhig. Liss ist immer noch oben in San Francisco und Onkel Angelo irgendwo unten in Mexico.«
    Joe sagte: »Tommy, ich kenne deine Mutter und deinen Vater von früher. Arbeiten sie immer noch zusammen in der Manege?«
    »Nein, Mutter hat aufgehört, mit den Katzen zu arbeiten, als ich noch ein Kind war.«
    »Schade«, kommentierte Joe. »Gute weibliche Trainer sind selten. Ich erinnere noch, dass Beth ein Jahr lang eine gemischte Nummer mit Geparden und einem Tiger hatte.«
    »Ich war zu klein, um mich daran zu erinnern, aber ich habe Bilder gesehen«, nickte Tommy. Es erschien ihm seltsam, dass man sich eher an die Arbeit seiner Mutter als an die seines Vaters erinnerte.
    Barbara sah Tommy mit eindringlicher Neugier an.
    »Wie alt bist du?« fragte sie.
    »Fünfzehn«, antwortete Tommy und übertrieb um fünf Monate.
    »Ich werde in diesem Winter zwölf.«
    »Bist du auch ein Flieger?« fragte Tommy höflich. »Ich meine, mit der Familie?«
    Barbara schlang ihre dünnen Arme um ihre hochgezogenen Knie. »Lucia lässt mich ab und zu rauf, um zu schaukeln, wenn sie Lust hat, herumzustehen und mir zu Tode gelangweilt zuzusehen. Ich glaube, dass ich soweit bin, auch mal zum Fänger zu fliegen, aber Lu kann mir damit nicht helfen, und Mario sagt ›noch nicht‹.« Sie lächelte.
    »Na ja«, sagte Tommy, »ich war schon dreizehn, als ich anfing, übrigens war ich schon lange in einer Nummer am Vertikalseil. Wahrscheinlich bin ich stärker als du.«
    »Ich bin stark«, protestierte Barbara. »Ich war sechs Jahre lang in der Ballettschule, und dadurch wirst du genauso stark wie durch Akrobatik, sagt Mario.« Tommy bemerkte, dass Barbara von allen Santellis die einzige war, die ihn Mario nannte, außer Johnny. Und Johnny hatte es ironisch gemeint, offenbar als Witz.
    »Die Mädchen in der Familie haben alle Ballett gelernt«, sagte Joe Santelli. »Lucia war sehr gut, und Elissa hätte es sein können, und Teresa war mal Berufstänzerin.
    Ich habe nichts dagegen, dass Barbara fliegen lernt, wenn sie es will, aber es wäre ja schön, eine Ballerina in der Familie zu haben.«
    Eine winzige, geisterhafte Frau, die in einem tiefen gepolsterten Lehnstuhl saß , bewegte sich plötzlich und sagte etwas auf Italienisch . Sie hatte graues Haar und war bis zum Kinn in eine dicke weiße , selbstgestrickte Stola gewickelt, aber ihr sehr faltiges, leichenblasses Gesicht hatte die zarten Knochen und schrägen, gutgeschnittenen Augenbrauen aller Santellis. Dann sagte sie mit hoher ungläubiger Stimme, »Ist es Rico? Warum kommt er denn nicht her und spricht mit mir?«
    »Nein, nein, Nonnina«, sagte Joe sanft. »Das ist Matts neuer Partner, Tommy. Tommy, dies ist meine Großmutter .«
    Sie hätte sogar die Großmutter von Papa Tony sein können, dachte Tommy. Auf Joes Zeichen hin hob er die dünne, zerbrechliche Hand, die sie ihm ausgestreckt hinhielt, und sagte höflich: »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    Die fahlen Augen sahen sehr besorgt aus. »Wir haben dich schon vor Tagen erwartet«, sagte sie gereizt und blinzelte.
    Erstaunt protestierte Tommy. »Bitte, ich hab’…«
    »Es ist gut«, flüsterte Barbara, »streite nicht mit ihr, sie weiß nicht…«
    Die alte Dame sagte in einem überraschend scharfen Ton: »Ich weiß ganz genau, was los ist, Lucia. Glaubst du, ich weiß nicht, dass heute

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