Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trapez

Trapez

Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
gestürzt war. Das war ich, Tom – ich war der einzige, der in dem Jahr Dreifache gesprungen ist. Susan und ich haben darüber im Krankenhaus gesprochen. Irgendein Leichenfledderer kam herein und hat eine Rührstory geschrieben, darüber, dass ich mein Leben lang verkrüppelt wäre, nicht wieder fliegen könnte, nie wieder gehen könnte – Susan und ich haben über diesen Zeitungsmist gelacht, aber Barney Parrish muss es gesehen haben und es ernstgenommen haben. Und er hat sich erschossen, weil er wu ss te, dass er es war, der uns zum Dreifachen gebracht hatte. Und er konnte damit nicht leben und erscho ss sich.«
    »Mario, wie kannst du dir Vorwürfe machen…«
    »Wie konnte er sich Vorwürfe machen? Aber er hat es getan, und es war sein Leben«, sagte Mario, »und ich habe es nicht einmal gewu ss t. Deshalb muss ich dies jetzt tun. Weil die Leute ihn jetzt für einen Versager halten, einen Selbstmörder. Jetzt habe ich die Möglichkeit, etwas für sein Andenken zu tun. Dieser Film muss gedreht werden, Tom. Ich könnte es nicht ertragen, wenn er wieder nicht zustande kommt. Ich will es natürlich für Bart tun und für die Santellis. Aber am meisten will ich es für«, er schluckte schwer, »für Barney Parrish tun. Für das, was er war und weil er mir so viel bedeutete, als ich ein kleiner Junge war. Seinetwegen bin ich heute da, wo ich bin. Also muss ich dies für sein Andenken tun. Und wenn es auch bedeutet, dass ich etwas aufs Spiel setzen mu ss , dann muss ich eben was aufs Spiel setzen. Das ist alles. Es ist nicht so, als ob ich zum ersten Mal in meinem Leben riskierte, mir den Hals zu brechen.«

KAPITEL 15

Zum ersten Mal in seinem Leben war Tommy nicht froh, zum Haus der Santellis zurückzukehren. Es war das einzige feste Zuhause, das er je gehabt hatte, jetzt war es gewissermaßen für ihn verdorben. Er hatte das ständige Gefühl, dass sie beobachtet wurden, dass jedes Wort, was er sagte, alles, was er tat, überwacht wurde.
    Sie hatten noch nie härter gearbeitet. Sie besprachen mit Lucia die Einzelheiten des Akts von Barney Parrish und seinem Bruder und fügten ein paar jetzt selten gewordene Tricks dazu. Einmal sagte Mario spitz: »Randy Starr verliert Geld, wenn er diesen Akt nicht ›Die Flying Santellis präsentieren Barney Parrish‹ nennt.«
    Sie waren alle gereizt. Stella schien ständig kurz vorm Heulen zu sein, und Mario war angespannt, empfindlich und anspruchsvoll. Ein Trick, den Parrish berühmt gemacht hatte, war heutzutage nie mehr zu sehen: Ein doppelter Salto mit einer halben Pirouette zum Schlu ss . Eine fürchterliche Nummer, die verlangte, dass Mario wie eine Kanonenkugel vom Trapez wegschnellen mu ss te, zwei Saltos springen mu ss te, dann bei der Geschwindigkeit die Richtung ändern, aus einer horizontalen in eine vertikale Drehung kommen und sich aus einem zusammengekauerten Ball in eine aufrechte Seitwärtsbewegung begeben mu ss te. Tommy hatte schreckliche Angst davor. Der Flieger kam ungleichmäßig auf den Fänger zu, und es war fast unmöglich, ihn zu fangen, ohne eine der beiden Schultern extrem zu belasten. Seit Parrish hatte niemand diesen Trick in der Manege vorgeführt.
    »Gib es auf, Matt«, drängte er. »Wir spielen mit der gleichen Sache herum, die Jims Schulter zerstört hat, und Parrishs.«
    Aber Mario war unnachgiebig. »Parrish hat es geschafft, und das beweist, dass es möglich ist. Und wenn es möglich ist, können wir es schaffen.«
    Tommy dachte, ja, er hat es geschafft. Und sieh dir an, was aus ihm geworden ist. Aber er sagte es nicht laut, er grübelte noch. Nährte er in Mario einen Todeswunsch?
    Wollte Mario so enden wie Parrish, verkrüppelt, gebrochen? Trieb seine innere Schuld ihn zu Zerstörung?
    Angelo hatte ihm das angetan. Er war eine Zeitlang wieder ganz in Ordnung. Erst jetzt, da Angelo hinter uns her ist… Tommy wu ss te, dass Angelo jede ihrer Bewegungen überwachte, und es machte ihn befangen. Sogar wenn sie allein in ihrem Zimmer waren, bei verschlossener Tür, wurde er es gewahr. Und er war unfähig, es zu vergessen. Wenn Mario ihn berührte, wurde er starr und unnachgiebig. Mario wurde immer wütend darüber, aber es gab nichts, was er dagegen tun konnte.
    Es sind bloß noch ein paar Wochen, bis wir mit Starr auf Tour gehen. Unterwegs, weg von hier, wird es besser sein.
    Bart drehte schon die ersten Szenen des Films. Mario hatte den Jungen erzählt, dass sie jeden Nachmittag eine Zeitlang kommen könnten, um das anzuwenden, was sie in

Weitere Kostenlose Bücher