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Trapez

Trapez

Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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zurückkehrte, nickte er. »Sauber, Johnny« rief er, »wärst du beleidigt, wenn ich dir sagte, dass du auch ganz schön in die Kerbe der Flugund Besserungsanstalt haust?«
    Als Tommy dran war, rüber zu fliegen, bemerkte er sofort, dass Johnny ein guter, geschickter Fänger war. Er spürte die Präzision von Johnnys Griff, als sich Hände und Handgelenke ineinander verklinkten. Den kleinen Extraschub, der ihn genau dann zurückschleuderte, als Marios Ruf ihm das Zeichen gab. Nichtsdestotrotz war er ein bi ss chen traurig. Er hatte dieses Morgentraining mit Mario allein genossen. Und obwohl er den Gedanken beiseite wischte –Meine Güte, du benimmst dich wie ein Sextaner, der seinen besten Freund nur für sich haben will! –, fühlte er trotzdem ein seltsames, unbestimmtes Bedauern.
     
    Später am Nachmittag, nach dem Gruppentraining, ging Papa Tony nach oben, um sich umzuziehen, aber Mario blieb, um mit Angelo noch extra zu arbeiten.
    Tommy hielt die Stange für ihn an einem Ende, als sich unter ihnen die Tür öffnete und schlo ss und eine helle weibliche Stimme rief: »Darf ich zugucken?«
    »Liss!« rief Mario. Und Tommy sah unten ein Mädchen in der Tür stehen, auf diese Entfernung nur ein blauer Rock, eine Masse von dunklen Haaren und ein schwarzer Pullover.
    »Komm nicht runter, mach weiter«, rief das Mädchen.
    Sie kniete auf dem Fußboden ; nach einer Minute sprang sie auf, warf ihre Schuhe in die Kiste und lief hinaus zum Fuß des Trapezes. Mario signalisierte Angelo, schwang heraus und schnellte über in einen einfachen Vorwärtssalto. Aber anstelle zur Plattform zurückzukehren, ließ er sich von Angelos Händen ins Netz fallen, machte eine schnelle Drehung zum Fußboden , lief zu dem Mädchen, hob es in einer stürmischen Umarmung hoch.
    »Liss, Liss. Ich dachte, du kommst nie! Komm runter, Tommy«, rief er.
    Das Mädchen schüttelte Tommy schnell und kräftig die Hand und grinste ihn fröhlich an. »Also, das ist Tommy.
    Ich hab’ viel von dir geh ört, letztes Jahr in Matts Brie fen.«
    Elissa Gardner Renzo war ein hübsches Mädchen, schlank und dunkel, mit einem lebhaften Lächeln. Sie hatte ihr unbändiges, schwarzes Haar straff nach hinten zu einem seidigen Pferdeschwanz gebunden und einen dunklen, fransigen Pony über großen , überraschend blauen Augen. In Marios Umarmung sah sie winzig aus.
    »Wo ist der Nachwuchs, Liss?«
    »Davey? Ich hab’ ihn oben bei Lucia abgegeben. Er wird mindestens die nächsten drei Tage damit verbringen, von einem Scho ss zum nächsten zu wandern. Und Johnny, Gott schütze ihn, hat David mitgenommen und ihm seinen Sportwagen gezeigt. Aber ich wollte gleich runterkommen, um dich, Matt, und deinen Schützling zu sehen. Ist er wirklich gut?«
    »Verdammt gut«, sagte Mario ernst.
    Angelo kam zu ihnen herunter, kü ss te Elissas Wange und fügte eine herzliche Umarmung dazu. »Hallo, Kleines. Bist du hergekommen, um den berühmten Dreifachen zu sehen?«
    Sie sah ihn mit aufgeregten blauen Augen an. »Ich kann’s nicht erwarten. Oh, Matt«, sie ergriff wieder die Hand ihres Bruders, »Lu hat’s mir erzählt, und es ist so wunderbar, nach all der Zeit!«
    »Ich hab’s nur einmal unterwegs geschafft, aber seitdem ein halbes dutzendmal, an guten Tagen. An schlechten versuche ich es nicht. Heute nicht, Süßes , wenn es dir nichts ausmacht. Ich bin so aufgeregt, dich zu sehen. Du siehst wunderbar aus, Liss.«
    Sie zog vorsichtig an den Seilen der Strickleiter. »Kann ich raufkommen?«
    Mario sah irgendwie gequält aus, aber er sagte ruhig:
    »Wenn du willst, Liss.« Er sagte zu Tommy und Angelo in übertrieben komischem Tonfall: »Ich glaub’, das Mädchen hat Heimweh!«
    »Oh, ja, hab’ ich!« Dann sah sie Tommy schüchtern an und sagte: »Ich bin aber aus der Übung. Seit Davey geboren wurde, war ich nicht mehr auf einem Trapez.«
    »Das war deine eigene Wahl«, sagte Mario. »Bedauerst du’s?«
    »Nicht wirklich. David ist wirklich ein Engel. Und Davey ist ein Lämmchen. Jetzt habe ich auch keine Angst mehr, ihn fallen zu lassen. Und eine gesetzte, alte Mutter kann nicht mit einem Zirkus durch das ganze Land ziehen.«
    »Deine eigene Mutter hat’s getan«, sagte Angelo, »sehr gut sogar, als du gerade sechs Wochen alt warst.«
    Sie lachte. »Ich zitiere bloß David, Onkel Angelo, und ich bin wirklich vollkommen glücklich. Oh, ich würde meine eingerostete Technik nicht vor irgendjemandem zeigen wollen, Matt. Aber ich wollte es noch einmal versuchen. Besser

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