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Trapez

Trapez

Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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überwachen, wie Tommy ein Seil festmachte. Als sie es ausprobiert hatten, machte Mario einen Salto auf dem Fußboden .
    »Wie spät es wohl ist? Du musst dich für die Schule fertig machen, ich muss mich rasieren und zur Arbeit gehen. Meine erste Stunde ist heute um halb elf. Das können wir bis heute Nachmittag so lassen. Dann werden sie alle hier unten sein.«
    Tommy war irgendwie enttäuscht. Erst jetzt merkte er, wie sehr es ihn wieder zurück an die Arbeit drängte.
    Mario beobachtete ihn und zuckte dann mit den Schultern. »Na ja, wir können ja auch sehen, ob wir noch unser Timing haben. Auch ich war seit dem Herbst nicht oben.«
    Als Tommy die Leiter hinaufkletterte, schienen die bedrohlich aufragenden Wände immer näher zu rücken. Er blickte das Trapez mit Unbehagen an, berechnete den Bogen der Schwingseile. Plötzlich stellte er sich vor, wie er mit seinem Kopf gegen eine der zu nahen Wände krachte.
    Eine Hand an der Leiter, blickte er unsicher auf das Fenster in der Decke. Wenn man zu weit schwingt, zu hoch, könnte man es treffen …
    » Pass doch auf, was du tust!« rief Mario. »Die Leiter windet sich wie eine Schlange.«
    So zurechtgewiesen konzentrierte sich Tommy aufs Klettern und spürte Marios Gewicht an der Leiter unter ihm rütteln. Er betrat die Plattform, drehte sich dann herum, um die Leiter festzuhalten, als Mario umstieg. Sie standen eine Minute lang zusammen. Mario pfiff leise eine kleine Melodie. Dann sagte er: »Andiamo«, und gab Tommy das Zeichen, die Stange an ihrem langen Haken heranzuziehen. Er ergrif f sie einoder zweimal, aber un zufrieden. Er griff nach oben und schlug seine Handflä chen gegen den Kolophoniumbeutel, nahm die Stange wieder und schwang sich ab in einen geschmeidigen, geraden, sauberen Schwung; die vier geraden Übungsschwünge, mit denen er immer die Probe begann.
    Dann, nach dem Rückschwung zur Brücke, sprang er ab. Tommy griff nach der Stange und fing sie, aber sie schlug hoch und traf Mario am Ellenbogen. Er verlor kurz das Gleichgewicht, warf einen Arm um die Spannseile und knurrte: » Pass doch auf was du machst, wenn du die Stange fangen willst, wenn ich sie loslasse, dann fang sie auch! Schlag sie mir nicht ins Gesicht!«
    Tommy sagte: »Entschuldigung!« Aber Mario hatte die Stange schon wieder in die Hände genommen und war hinausgeschwungen. Das Trapez scho ss los, Schwung und Körper vereinigten sich zu einem kraftvoll-eleganten Bogen. Er zog sich in eine waagerechte Lage aufs Trapez.
    Beim Rückschwung – so flink, dass Tommy kaum den einzelnen Bewegungen folgen konnte – ließ er sich kopf über in eine ›Schaukel‹ gleiten. Er löste seine Hände von der Stange, schnellte im Halbkreis unter dem Trapez durch, hing kurz im ›Zehenhang‹ und tauchte dann ins Netz. Er landete auf seinem Rücken und ließ sich vom straffen Netz in die Luft werfen.
    Zur Leiter watend rief er hinauf: »Du bist dran!«
    Mürrisch stand er neben Tommy auf dem Brett, als Tommy die Stange nahm.
    »Kopf hoch, die Ellenbogen durchgestreckt und guck nicht so verkrampft. Du bist kein Gewichtheber.«
    Tommy scho ss in den Raum. Einen Moment lang schien es, als würde er gerade auf die gegenüberliegende Wand fliegen. Am Ende seines Schwunges rief Mario: »Dreh dich um!« Aber er hatte das Timing verpa ss t. Beim schnellen Umgreifen, bei dem er die Hände wechselte und seinen Körper zur Plattform hin drehte, griff er daneben. Mario rief: »La ss los!« Aber Tommys Körper hatte sich schon im Reflex zusammengeklappt, als er herunterfiel. Er wu ss te genug, um nicht zu versuchen, an einem Arm zu hängen, fiel auf den Rücken und federte hoch.
    »Na ja, wenigstens weißt du noch, wie man fällt«, rief Mario. »Was war denn?«
    Tommy wollte sagen, dass die Wände ihm bedrohlich nah erschienen, schluckte aber die Worte runter. » Weiß nicht! Hab’s nicht erwischt.«
    Die Tür knarrte und öffnete sich. »Hey Junge«, sagte eine vertraute Stimme. »Fängst ja früh an.«
    Tommy drehte sich um, seine Füße verfingen sich in den Löchern des Netzes. Mario rief: »Angelo!« und tauchte vom Brett herab. Tommy stolperte zur Seite, als Mario neben ihm ins Netz fiel. Mario sprang auf den Boden und rannte durch den Raum zu Angelo, der sich bückte, um seine Schuhe aufzubinden. Sie umarmten sich, und Angelo grinste Tommy an, als Mario ihn losließ .
    »Fertig für einen fliegenden Start in die Saison, was?«
    In Straßenkleidern sah Angelo untersetzter und kleiner aus, völlig

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