Trau dich endlich!: Roman (German Edition)
ihr Zusammenleben bekam beinahe einen Anstrich von Normalität. Derek erwachte neben Gabrielle, sie duschten, frühstückten mit Holly, und danach machte sich Gabrielle auf den Weg zur Bücherei, um zu arbeiten. Er fuhr mit Holly zum Strand, und wenn er zwischendurch zu einem geschäftlichen Termin musste, brachte er sie zu Hank und Fred. Sie hatte eingewilligt, nach New York zu fahren, unter der Bedingung, dass sie jederzeit zu Derek zurückkehren konnte.
Derek wusste, wie sehr sie ihre Mutter vermisste, und weil er nicht wollte, dass sie sich zwischen ihren Eltern hin und her gerissen fühlte, hatte er ihr die Entscheidung leichtgemacht. »Fred und ich brauchen etwas Zeit, um deine Geburtstagsparty vorzubereiten«, hatte er zu seiner Tochter gesagt.
Sie hatte gelacht.
Im Grunde war Derek erleichtert darüber, dass Marlene vor Hollys Geburtstag zurückgekommen war. Was konnte er seiner Tochter schon groß bieten? Einen Kuchen, Geschenke, Grandpa Hank und Fred, den alten Basset. Ihre Mutter dagegen konnte mit dem aufwarten, was ein Mädchen in diesem Alter wirklich braucht: Sie konnte ihr eine Party mit gleichaltrigen Freundinnen organisieren.
Als das Wetter eines Morgens zu trüb für den Strand war, ging Derek für ein paar Stunden ins Büro. Zum Mittagessen war er mit Hank und Holly im Diner verabredet. Er machte schon etwas eher Schluss und beschloss, bei Gabrielle in der Bücherei vorbeizuschauen. Vielleicht hatte sie ja Lust, mitzukommen.
Unterwegs fielen ihm die zahlreichen neuen Wahlplakate an einigen viel befahrenen Straßen und am Ortsrand von Perkins auf.
Sie forderten die Wähler auf, auf ihr Gewissen zu hören, sich nicht von Aberglaube und angeblichem Hexenzauber beeinflussen zu lassen und mit ihrer Stimme eine Veränderung herbeizuführen. Sowohl in Perkins als auch in Stewart wurden zudem Flugzettel für eine Versammlung verteilt, bei der die Menschen Gelegenheit hatten, Richard Stern und sein Parteiprogramm kennenzulernen. Wie es aussah, hatte Richard wie vereinbart die nächste Phase des Wahlkampfs eingeläutet und übte Druck auf seine Gegnerin aus.
Die unumschränkte Herrschaft der Familie Perkins war in Gefahr, wenn auch nicht offiziell. Die amtierende Bürgermeisterin würde garantiert kochen vor Wut.
Derek parkte vor der Bücherei und betrat das angenehm kühle Gebäude. Um diese Jahreszeit herrschte hier wie immer gähnende Leere; nur Sharon saß hinten in ihrem Büro, ihre Tür stand halb offen.
Als er bei ihr anklopfte, um seine Anwesenheit kundzutun, fuhr sie zusammen. Sie wirkte nervös.
»Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.« Derek legte die Hand auf den Türknauf.
Sharon nickte. »Du kannst nichts dafür. Zurzeit liegen meine Nerven blank.«
Das fand er nur verständlich, bei allem, was sie um die Ohren hatte.
»Was führt dich denn hierher?«, wollte sie wissen.
Er hob erstaunt eine Augenbraue. »Gabrielle natürlich. Ich konnte sie nicht finden, dabei hab ich sogar in der Ecke bei den Mikrofilmen nachgesehen. Ist sie da, oder macht sie gerade Mittagspause?«
Sharon legte die Hände auf die Tischplatte und erhob sich. »Sie ist nicht hier.«
»Arbeitet sie denn nicht hier an ihrem Buch?«
Sharon biss sich auf die Unterlippe. »Ich hab sie nicht gesehen.«
»Nur heute nicht oder ganz allgemein? … Gestern? Vorgestern? « Derek hatte plötzlich ein flaues Gefühl in der Magengegend.
Sie schüttelte den Kopf. »Allgemein. Aber ich bin sicher, sie hat aus gutem Grund behauptet, dass sie hier ist …« Sie verstummte.
»Sie wollte wohl nicht, dass ich mir Sorgen mache.« Oder dass ich mich aufrege, dachte Derek bei sich. »Und dich hat sie offenbar nicht einweihen wollen, weil du auch so schon genügend Sorgen hast.«
Sharon seufzte. Das war wieder einmal typisch Gabrielle. »Nun, sie hätte mich wenigstens informieren können, dass ich sie decken soll«, brummte Sharon.
Doch Derek hatte sich bereits umgewandt und war auf dem Weg nach draußen. Sharon griff nach dem Telefonhörer, um Gabrielle zu warnen, erreichte jedoch nur die Mobilbox.
Tja, Derek würde sie zweifellos aufstöbern. Sharon drückte auf Wahlwiederholung, und diesmal hinterließ sie ihr eine Nachricht. Mehr konnte sie für Gabrielle nicht tun.
Gabrielle thronte mit ihrem Laptop an ihrem angestammten Platz im Wave, wie schon die vergangenen drei Tage. Als sie neulich hergekommen war, um mit
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