Trau dich endlich!: Roman (German Edition)
an.
Er erwiderte ihr Lächeln, aber insgeheim war ihm gar nicht wohl bei der Sache. Holly tat, als würde Gabrielle zur Familie gehören.
Und er? Er ließ es nicht nur zu, nein, er fand auch noch Gefallen daran.
Gabrielle hatte es sich gerade mit einer Schüssel Cornflakes auf der Couch vor dem Fernseher gemütlich machen wollen, als Derek und Holly mit Tüten beladen zur Tür hereinspazierten. Sie war angenehm überrascht gewesen, vor allem, als sie hörte, dass der Vorschlag von Holly gekommen war. Es bedeutete ihr viel, dass Holly so bereitwillig für sie das Feld geräumt hatte, und sie konnte gut verstehen, dass Derek das Bedürfnis verspürte, Zeit mit seiner Tochter zu verbringen. Deshalb hätte es ihr auch nicht das Geringste ausgemacht, mal einen Abend auf ihn zu verzichten.
Das Essen war in entspannter Atmosphäre über die Bühne gegangen. Nebenbei hatten sie Der Teufel trägt Prada, Hollys aktuellen Lieblingsfilm, laufen lassen. Derek war zwar nicht gerade begeistert gewesen, denn der Film war erst ab dreizehn Jahren freigegeben, aber da Marlene ihrer Tochter die DVD höchstpersönlich eingepackt hatte, hatte er keine Einwände erheben können. Holly war clever für ihr Alter, und Gabrielle amüsierte sich blendend mit ihr. Dass sie so viel Spaß mit diesem Vater-Tochter-Duo hatte, war ihr schon fast unheimlich.
Es war alles so schnell gegangen, und die Furcht, die beiden womöglich genauso rasch wieder zu verlieren, raubte ihr beinahe den Verstand. Das Leben bot keine Garantien, schon gar nicht in Bezug auf Derek Corwin. Sie hatte nicht in der Hand, was die Zukunft brachte, aber sie war entschlossen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um das Schicksal zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Unter anderem, indem sie nicht versuchte, Derek irgendwie zu manipulieren oder unter Druck zu setzen.
Er war gerade mit Holly drüben bei ihrem Großvater, als das Telefon im Wohnzimmer klingelte.
Gabrielle zögerte eine Sekunde, dann gab sie sich einen Ruck und nahm ab. »Hallo?«
»Äh … ich muss mich verwählt haben«, tönte eine Frauenstimme aus der Leitung. »Ist das der Anschluss von Derek Corwin?«
»Ja, aber er musste kurz weg. Soll ich ihm etwas ausrichten? « Gabrielle sah sich suchend um. Ah, direkt neben dem Telefon lagen Zettel und Stift bereit.
»Ist Holly da?«, wollte die Anruferin wissen.
Jetzt wurde ihr klar, wen sie da an der Strippe hatte: Dereks Verflossene. Gabrielle wurde von einer Welle undefinierbarer Gefühle erfasst. Sie wählte absichtlich eine neutrale Formulierung. »Nein, sie ist mit Derek unterwegs.«
Ob Marlene von der aktuellen Wohnsituation wusste? Gabrielle hatte keine Ahnung, und sie wollte auf keinen Fall diejenige sein, die sie darüber aufklärte.
»Mit wem spreche ich denn eigentlich?«
Gabrielle schluckte. »Ähm …«
Da ging zum Glück die Tür auf und Derek kam herein.
»Ach, da kommt Derek. Einen Augenblick«, rief Gabrielle erleichtert.
Sie legte die Hand über die Muschel und hielt ihm den Hörer hin, wobei sie kaum hörbar »Hollys Mutter« wisperte.
Derek verzog das Gesicht, sank neben ihr auf die Couch und nahm den Hörer entgegen. »Hi, Marlene.« Er sah auf die Uhr. »Ist alles in Ordnung?«
Er lauschte, dann sagte er: »Warum ich das frage? Na, weil du so spät noch anrufst.«
Gabrielle erhob sich und wollte ihn alleine lassen, doch er räusperte sich laut, und als sie sich umwandte, bedeutete er ihr, zurückzukommen.
Also ließ sie sich achselzuckend am anderen Ende des Sofas nieder, ein Bein untergeschlagen.
Derek nickte und gab eine Weile lediglich ein »Mmmhmmm« nach dem anderen von sich, während er seiner Ex lauschte.
»Das verstehe ich, aber ich habe vor, die Party hier zu organisieren.«
Gabrielle hob eine Augenbraue. Es ging offenbar um Holly.
»Das ist sehr großzügig von dir, aber eigentlich ging es doch darum, dass ich mehr Zeit mit ihr verbringe«, sagte er und fuhr dann fort: »Mmm-hmm. Ja, ich würde sie an deiner Stelle auch vermissen, aber …«
Als er den Blick hob, spiegelten sich Schmerz und Trauer in seinen Augen. »Ich werde mit ihr darüber reden. Ich rufe dich morgen an.« Er legte auf, ohne sich zu verabschieden.
Gabrielle brannte darauf, zu erfahren, was los war, aber sie wollte nicht neugierig erscheinen. Sie musste nicht lange warten.
»Marlene wollte ursprünglich vier Wochen in Europa verbringen,
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