Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
der niemals als solcher gefeiert werden würde. Und dann legte ich all diese Gefühle in die wenigen Worte, die Vater mir erlaubte.
Erwartungsvoll sah ich ihn an, nachdem ich sie gesprochen hatte. Vater räusperte sich. »Das war sehr eindringlich«, sagte er dann. »Aber ich glaube, dieses Mal hast du es übertrieben. Wenn du den Mittelweg zwischen diesen beiden Darbietungen findest, bist du genau dort, wo du sein solltest.«
Also sprach ich diese Zeilen wieder und wieder. Trotzdem konnte ich meinen Vater nicht zufriedenstellen. Ich legte alles in diese wenigen Worte, aber er fand immer etwas auszusetzen. Nach einer weiteren Stunde, in der ich keine nennenswerten Fortschritte gemacht hatte, war ich vollkommen entnervt. Ich setzte mich auf die Couch und vergrub den Kopf in den Händen. Warum nur hatte ich mich auf diese Schnapsidee eingelassen?
»Ich kann das nicht. Gleichzeitig ein Mann zu sein und einen so hervorragenden Schauspieler wie Bogart zu mimen, ist zu schwer für mich. Am besten vergessen wir das Ganze.«
»Gib nicht auf«, sagte mein Dad milde. »Du warst gut, aber man merkt dir die Anspannung an. Denk nicht so sehr daran, dass du Humphrey Bogart sein musst, sondern konzentriere dich darauf, die Rolle so gut wie möglich zu spielen.«
Ich schaute auf. »Dad, glaubst du wirklich, dass ich dem größten Regisseur Hollywoods vormachen kann, ich sei ein Mann? Ich komme mir vor wie in einem schlechten Film.«
Dad setzte sich neben mich und legte mir den Arm um die Schultern. »Du kannst das, Lauren. Da bin ich mir ganz sicher. Du hast eine starke Verbindung zu Humphrey Bogart. Vergiss das nicht. Du kennst alle seine Filme. Du hast seine Rollen hundertmal gespielt.«
»Ja, aber es war immer nur aus Spaß.«
»Lauren«, sagte Vater ernst, »deine Mutter und ich, wir haben es dir nie erzählt, aber deine Verbindung zu Humphrey Bogart ist etwas ganz Besonderes.«
»Wie meinst du das?«
»Wir versuchten damals seine Reinkarnation in diese Welt zu bringen«, sagte Dad mit ernster Stimme.
»Wovon redest du? Das ist doch Unsinn!«
Vater zuckte mit den Schultern und hob in einer entschuldigenden Geste die Hände. »Wir waren damals schon überzeugte Esoteriker und haben tagelang meditiert und gefastet. Im Nachhinein betrachtet war das alles sicherlich übertrieben. Wahrscheinlich wussten wir gar nicht mehr, was wir taten, aber wir beschlossen, einem der größten Schauspieler eine neue Chance zu geben. Du solltest etwas ganz Besonderes sein. Und das bist du auch! Als damals du anstelle eines Jungen auf die Welt kamst, wussten wir, dass wir uns zu viel angemaßt hatten. Aber glaube mir, du warst das Beste, was uns jemals passiert ist.«
Für einen Augenblick war ich sprachlos. Vaters enge Beziehung zur Esoterik war kein Geheimnis, regelmäßig nervte er mich mit seinem Gerede über Energiefelder, reine Gedanken und die Bedeutung der Farben, Steine und Pflanzen. Aber das?
»Ich fasse es nicht. Meine Eltern sind verrückt«, brachte ich endlich hervor.
»Ach, Lauren«, seufzte mein Vater. »Du wirst auch einmal Dinge im Leben tun, die du im Nachhinein anders betrachtest. Wir waren jung und überzeugt davon, das Richtige zu tun. Aber darum geht es jetzt nicht. Wichtig ist, dass wir möglicherweise mehr Erfolg hatten, als wir dachten. Du siehst Humphrey Bogart ähnlich, und du bist eine außergewöhnliche Schauspielerin.«
Ich hob abwehrend die Hände. »Das ist mir alles ein bisschen zu viel. Ich meine, für mich hört sich das total verrückt an. Mir reicht es schon, dass ich ›Bogarth‹ heiße. Ich brauche nicht auch noch die Reinkarnation Humphrey Bogarts zu sein.«
»Aber siehst du es denn nicht? Gerade weil unser Nachname so ähnlich ist, sind wir auf die Idee gekommen. Und jetzt schau dich an. Schau in den Spiegel und sage mir, dass du nicht so aussiehst wie er.«
»Das ist das Make-up. Stace ist ein Genie.«
»Auch ohne Make-up würdest du Humphrey sehr ähnlich sehen.« Dad stand auf und ging in die Küche. »Ich weiß, das ist alles ein bisschen viel. Ich verlange auch gar nicht, dass du glaubst, der wiedergeborene Humphrey Bogart zu sein. Aber ich bin davon überzeugt, dass deine Verbindung zu ihm stärker ist als die anderer Menschen. Und das macht dich zu einer idealen Besetzung für diese Rolle.«
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