Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
Cremefarbene Stilettos. Vielleicht ist mir Gott heute doch noch gnädig.
„Und sollte nicht längst eure Putzfrau da sein? Hier sieht es aus, wie …“ Der Blick meiner Mutter fällt auf den Hocker, der im Rahmen meiner Aufräumaktion umgefallen ist, mitsamt der Leiche …
„Und was ist das?“ Sie zeigt auf den Blumenkübel. Verdammter Mist . Es entgeht ihr aber auch nichts. Sie hätte Polizistin werden sollen.
„Das war die Katze. Von unserem Nachbarn. Muss sich über Nacht hier hereingeschlichen haben. Ich bringe das verdammte Vieh um.“
„Tamara!“ Meine Mutter schaut mich erschrocken an. Nicht weil ich die Katze umbringen will, sondern weil ich geflucht habe. Das tue ich sonst nie … jedenfalls nicht in ihrer Gegenwart.
„Naja, es ist aber auch ein blödes Mistvieh.“ Upps .
„Ich glaube, du duschst jetzt besser. Du weißt ja gar nicht, was du redest.“
Ich kann es zwar nicht sehen, aber ich weiß genau, dass sie mir mit einem Kopfschütteln hinterherschaut. Egal. Meine Kräfte für eine weitere Konfrontation sind erschöpft. Eigentlich war der Tag noch ganz in Ordnung, als es nur um die Leiche und mich ging.
Als ich in den Spiegel schaue, kann ich das Entsetzen meiner Mutter verstehen. Ich sehe wie eine Irre aus. Vor Kurzem hatte ich noch so etwas wie eine Frisur, jetzt aber stehen mir die Haare in wilden Locken vom Kopf ab. Über meine Wange ziehen sich zwei schwarze Streifen, die von zwei ebenso schwarzen Augenringen ergänzt werden. Ich hatte wohl mit meiner Vermutung recht: Als ich den Beamten so hastig die Tür öffnete, war ich tatsächlich nur zur Hälfte geschminkt. Die gute Nachricht ist, dass das bei meinem derzeitigen Zustand kaum auffällt.
Mit einem Seufzen mache ich mich daran, den Schaden zu beheben. Dann höre ich die Türklingel. Nicht schon wieder . Trotzdem mache ich mit meiner Reinigungsaktion weiter. Wenn jemand mit ungebetenem Besuch fertig wird, dann meine Mutter.
„Tamara? Der Herr hier sagt, er soll neue Türschlösser anbringen“, sagt meine Mutter, nachdem ich wieder unten bin.
Neben meiner Mutter steht ein Mann in einem dunkelblauen Overall. Express Schlüsseldienst prangt in roten Buchstaben auf seiner Brust. Tatsächlich.
„Sollten Sie nicht erst in einer Stunde da sein?“
Mit einem Grinsen zeigt er auf den Firmennamen. „Wir sind die Schnellsten und Besten“, verkündet er.
Toll. Ausgerechnet heute kommt ein Handwerker zu früh . Ich kann den fragenden Blick meiner Mutter spüren. Ich weiß, wie es in ihrem Gehirn arbeitet. Dafür werde ich eine gute Erklärung brauchen.
„Sämtliche Schlösser an der Eingangstür müssen ausgewechselt werden. Wie lange wird das dauern?“
Nachdenklich mustert er das, was auch einen Banksafe hätte sichern können. Ich kann es ihm nicht verdenken, ich fand es auch etwas übertrieben von Ron, als er, zusätzlich zum vorhandenen Türschloss und unserer Alarmanlage, ein Sicherheitsschloss und einen Riegel installieren ließ.
„Zwei Stunden. Mindestens.“
Zwei Stunden? „Ich gebe Ihnen hundert Euro extra, wenn Sie es in einer Stunde schaffen.“
Er grinst. „Okay. Ist so gut wie erledigt.“
„Tamara, bist du noch zu retten? Willst du euer Geld mit allen Mitteln aus dem Fenster werfen?“ Uff. Sparsam bis in den Tod . Selbst wenn es nicht ihr eigenes Geld ist. Wenigstens hat sie das von dem eigentlichen Thema abgelenkt.
„Ich habe heute keine Zeit. Das habe ich dir doch schon gesagt. Wo sind die Muster?“
Mit zweifelndem Blick und einem Kopfschütteln packt sie die Stoffe aus. Ich atme innerlich auf. Geschafft. Die Leiche ist außer Sichtweite und meine Mutter mit den Gedanken bei ihrem Lieblingsthema, der Einrichtung und Neugestaltung unseres Hauses. Auch wenn ich nicht weiß, wie ich auf die dämliche Idee kam, noch vor unserer Hochzeit das Wohnzimmer neu dekorieren zu wollen.
„Findest du nicht, dass dieses zarte Lila ganz wundervoll zu eurer weißen Couch passen würde?“
„Äh. Ja ... Nein. Wir wollen eine schwarze Couch kaufen. Schwarz und viel Chrom.“ Da sieht man das Pulver für die Fingerabdrücke nicht drauf.
Meine Mutter sieht mich entgeistert an. „Schwarz und Chrom? Aber du hasst Schwarz und Chrom!“
„Ich finde, unsere Einrichtung ist viel zu konservativ. Schwarz und Chrom sind gerade enorm in , und dazu passen silberfarbene Vorhänge.“ Mit diesen Worten schiebe ich sie Richtung Tür. „Tut mir leid, ich hätte dir früher sagen sollen, dass ich meine Pläne geändert
Weitere Kostenlose Bücher