Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
habe, aber der Gedanke ist mir erst heute Morgen gekommen.“ Nachdem ich eine Leiche gefunden habe und im Geiste schon die freundlichen Polizeibeamten sehe, die mich in Handschellen abführen. „Du musst jetzt wirklich gehen. Der Florist kann jeden Augenblick kommen, der Caterer ...“ Wer noch? Irgendwen hatte ich doch heute Morgen noch aufgezählt.
„Gut. Aber wir telefonieren heute Abend. Irgendetwas stimmt nicht mit dir, Tamara. Geht es dir wirklich gut?“
Mist . Niemand ist schlimmer als meine Mutter, wenn sie sich Sorgen um mich macht. „Ja, ja. Alles in Ordnung. Mir geht es blendend. Nur ein bisschen gestresst heute. Bin froh, wenn die Woche hinter mir liegt.“
Endlich. Sie ist weg .
Der Schlosser werkelt wie ein Wilder an unserer Tür herum. Der ist bestimmt auch bald fertig.
6
Nachdem der Handwerker ebenfalls gegangen ist, mache ich mich auf den Weg in ein Gartencenter. Dort kaufe ich ein paar Quadratmeter Rollrasen, den ich über dem Grab ausbreiten werde, das bald in unserem Garten entstehen wird. Innerlich bete ich wider besseren Wissens, dass es nicht soweit kommen wird. Hoffe auf ein gnädiges Schicksal und auf eine Leiche, die sich in Luft auflöst.
Als ich den Kauf erledigt habe, sitze ich fast eine Viertelstunde regungslos in meinem Auto. Ich müsste nach Hause fahren, aber das ist der letzte Ort, an dem ich jetzt sein will. Normalerweise besuche ich Nana, meine Großmutter, in Krisensituationen, aber diese Krise ist zu groß, um damit zu ihr zu gehen. Und außerdem … ich bin noch nicht so weit, mit jemandem darüber zu reden oder belanglosen Smalltalk zu betreiben. Nein.
Nach einer Weile gebe ich mir einen Ruck. Ich werde nach Bockenheim fahren und dort in eines der Studentencafés gehen. Vielleicht schaffe ich es sogar, etwas zu essen.
„Ein Glas Sekt bitte und das Frühstück Nummer neun mit einem Milchkaffee“, bestelle ich bei der Bedienung, froh darüber, einen Sitzplatz im Albatros ergattert zu haben. Es dauert nicht lange und das Gewünschte steht vor mir. Meine Hände sind noch immer zittrig, sodass ich mein Glas mit beiden Händen fest umschließen muss und nur vorsichtig daran nippe. Vielleicht hilft mir der Sekt dabei, mich zu entspannen und ruhiger zu werden. Schließlich habe ich noch nichts Endgültiges getan.
Allmählich tut der Alkohol seine Wirkung! Ich fühle mich zum ersten Mal an diesem Tag etwas besser. So, als könnte ich tatsächlich etwas essen, ohne es sofort wieder von mir zu geben. Vorsichtig probiere ich das Brötchen. Nehme einen weiteren Bissen, als mir auffällt, wie hungrig ich bin.
Es scheint ewig her zu sein, dass ich etwas gegessen habe. Irgendwann gestern Abend war die letzte Mahlzeit. Heute hat mir der Tote … Okay, lieber an etwas anderes denken .
Um mich abzulenken, blättere ich in einer Zeitschrift. Aber es gelingt mir nicht, auch nur ein Wort von dem zu verstehen, was ich lese. Die Buchstaben tanzen vor meinen Augen und ergeben keinen Sinn. Mit einem Seufzer gebe ich auf und schaue stattdessen aus dem großen Terrassenfenster hinaus auf den kleinen Park. Während meines Studiums habe ich etliche Stunden in diesem Cafégarten unter der Laube gesessen, Milchkaffee getrunken und erregte Diskussionen über die letzte Klausur oder einen unfairen Professor geführt. Hier habe ich Ron zum ersten Mal getroffen.
Als ich ihn sah, hätte ich nie gedacht, dass er sich für mich interessieren würde. Er sah so unglaublich gut aus, war so männlich und selbstbewusst. Ganz anders als die Männer, mit denen ich zuvor liiert war. Ron wusste immer genau, was er wollte und vor allem, wie er es bekam.
Mit einem verträumten Lächeln lasse ich meinen Blick durch den Garten wandern, und ich erinnere mich an eine heiße Sommernacht, kaum zwei Wochen, nachdem wir uns kennengelernt hatten. Ich war in Rons Penthouse, das eine atemberaubende Aussicht über das gesamte Rhein-Main-Gebiet gewährt. Aber das war es nicht, was meine Aufmerksamkeit fesselte. Es war Ron selbst. Er hielt mich mit seinem Blick fest. Im Hintergrund lief Musik, aber ich nahm sie gar nicht richtig wahr. Nichts schien zu existieren außer Ron und mir.
„Du bist so wunderschön“, flüsterte er schließlich. Ohne den Blick von mir zu lösen, zeichnete er mit dem Finger die Konturen meines Gesichts nach. Ich schloss für eine Sekunde die Augen, genoss die Berührung, die sämtliche Nervenenden zum Leben erweckte. Wie eine Spur aus Lava.
Und dann spürte ich ein sanftes
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