Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)
vertrauen
b) Reviktimisierung
c) Viktimisierung anderer Menschen
5. Somatisierung
a) Somatoforme Beschwerden
b) Hypochondrische Ängste
6. Veränderungen von Lebenseinstellungen
a) Fehlende Zukunftsperspektive
b) Verlust von persönlichen Grundüberzeugungen
Der auf diesen Symptombereichen aufbauende Fragebogen IK-PTBS stellt ein ausgezeichnetes Mittel dar, um die langfristigen Folgen von Traumatisierungen zu erheben, ohne dass die Traumata im Einzelnen erfragt werden müssen. Es gibt nämlich etliche Fragebogen, die viele konkrete Traumatisierungen erfragen; deren Einsatz ist in der Praxis bei schwer traumatisierten Menschen häufig entweder gar nicht möglich, weil die Betroffenen sich weigern oder keinen inneren Zugang zu diesen vergangenen Schmerzen haben (wollen). Oder weil sie so instabil sind, dass die Abfrage einzelner Traumata sie zu unkontrolliertem Wiedererleben (Flashbacks) dieser Schrecken führen könnte und man das daher als verantwortliche TherapeutIn gar nicht erst versucht.
Vergleichsweise gut brauchbare Fragebogen, die Arten von Traumatisierungen erfassen, sind der Childhood Trauma Questionnaire (CTQ, Bernstein & Putnam 1986) – der einen missverständlichen Namen trägt, denn er fragt nicht Kinder, sondern er fragt Erwachsene nach Traumatisierungen der Kindheit, und der KTI – Kurzform R, der vom Psychotrauma-Institut in Köln unter Leitung von Gottfried Fischer verwendet wird (Adresse siehe Anhang) und Lebenstraumata insgesamt abfragt.
Inzwischen gibt es eine Fülle von Studien, welche die Zusammenhänge von bestimmten Symptomen bzw. Störungen und Traumatisierungen nachweisen, mit anderen Worten: Co-Morbidität von PTSD und anderen Störungen. Hierzu gehören neben den dissoziativen Störungen:
Depressionen (depressive Episoden und sog. Dysthymien)
Essstörungen
Panikstörungen
Persönlichkeitsstörungen
manisch-depressive Erkrankungen
Süchte
(siehe u.a. Haas, 2000)
Borderline als traumabedingte Störung?
Was die Persönlichkeitsstörungen angeht, darunter die am weitaus häufigsten genannte Borderline -Störung, so hat sich insbesondere eine englische Arbeitsgruppe um den ehemals an der Londoner Munro Clinic tätigen Anthony Ryle damit beschäftigt, die Entstehung der Störung als eine dissoziative bzw. traumabedingte Störung herauszuarbeiten (Ryle, 1997 a und b; Golynkina & Ryle, 1999). Erst langsam und zögernd kamen Koryphäen wie Kernberg und in Deutschland Dulz dazu, ebenfalls den Zusammenhang zwischen der Ich-Struktur-Störung Borderline und der Traumageschichte der Betroffenen als Ursache (Traumatisierung )-Wirkungs (Borderline-Störung )-Zusammenhang zu sehen.
In einem aufsehenerregenden Artikel, der 1999 im angesehenen British Journal of Medical Psychology erschien, beschreiben Karya Golynkina und Anthony Ryle, wie man die Borderline-Störung auch verstehen kann: als eine traumabedingte Störung, bei der die Betroffenen verschiedene dissoziative Selbst-Zustände entwickeln. Die sogenannte Borderline-Spaltung (am besten bekannt ist die Spaltung zwischen Gut und Böse oder zwischen Bedürftigkeit und Aggressivität) als eine dissoziative Störung zu verstehen macht sehr viel Sinn. Golynkina und Ryle haben eine Methode vorgestellt, diese meist gegensätzlich organisierten Zustände zu identifizieren und mit ihnen zu arbeiten (Golynkina & Ryle, 1999). Sechs Kategorien von solchen Borderline-Selbstzuständen fanden die beiden Autoren heraus:
Ideal; hierzu gehören states oder Selbst-Zustände wie: „Ich vertraue anderen“, „Andere bewundern mich“, „Andere beneiden mich“, „Ich habe die anderen unter Kontrolle“ und „Ich bin glücklich“.
Misshandler-Wut nannten die Autoren solche Zustände, bei denen besonders häufig solche Sätze bejaht wurden wie: „Ich will andere verletzen“, „Ich kontrolliere die anderen“, „Ich fühle mich von Gefühlen überwältigt“, „Ich fühle mich außer Kontrolle“ und „Ich bin ärgerlich“. Häufig gab es hierzu einen reziproken Selbst-Zustand oder eine reziproke Rolle, entweder
Machtloses Opfer – hier wurden Äußerungen bejaht wie „Andere greifen mich an“, „Ich fühle mich schwach“ und „Ich habe keine Kontrolle über das, was geschieht“ – oder
Ärgerliches Opfer: eine Rolle oder ein state, also Selbst-Zustand, in dem Sätze bejaht wurden wie: „Ich bin schwach“, „Ich bin außer Kontrolle“, „Ich fühle mich schuldig“ und „Ich will andere verletzen“. Etwa die Hälfte der
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