Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)
gegebenenfalls handelt.
Wichtig ist auch die Nachbesprechung mit der/m Befragten. Zum einen wird hierbei ihr Mut gewürdigt, sich diesen Fragen zu stellen. Zum anderen wird Dissoziation erklärt, und falls eine dissoziative Störung vorhanden ist, darauf hingewiesen, dass Dissoziation als eine Art Anpassungsmechanismus zu verstehen sei, um in der Vergangenheit mit sehr schwierigen oder schmerzhaften Erfahrungen fertig zu werden, und dass diese Bewältigungsmechanismen heute noch gegenwärtig und wirksam seien.
Abschließend erfolgt der Hinweis, dass dissoziative Störungen auf eine Therapie gut ansprechen und bei adäquater Therapie in der Regel eine gute Prognose haben.
DDIS, IES, PTSS10, PSS und PDEQ
Leider noch nicht so gut validiert, aber ebenfalls gut brauchbar, ist der DDIS von Ross (abgedruckt in Ross, 1989 und 1997; Studie von Ross et al., 1989), der in der deutschen Version von Bettina Overkamp übersetzt wurde und als SIDDS kursiert (Overkamp, 1997; 2002).
Erst in den letzten Jahrzehnten ist die Früherkennungsmöglichkeit traumatisierter Menschen durch die Diagnostik der dissoziativen Symptome immer bedeutsamer geworden. Dies wird auch in den meisten Fragebogen für posttraumatische Störungen inzwischen stärker berücksichtigt. Ein inzwischen klassischer Kurz-Fragebogen, der meist nach Monotrauma, also nach einem einmaligen traumatischen Ereignis, sowie in vielen Forschungsstudien verwendet wird, ist die Impact of Event Scale (IES, Horowitz et al., 1979), deren überarbeitete Fassung als IES-R (Maercker & Schützwohl, 1999) meist in Forschungsarbeiten Verwendung findet.
Ebenso kurz, aber meiner Erfahrung nach noch nach Monotrauma in der klinischen Praxis besser einzusetzen – in meinen Einsätzen nach dem Kosovo-Krieg konnte ich z. B. dazu gute Erfahrungen sammeln (Huber, 2002) – ist der PTSS 10, der in zehn kurzen Fragen die Hauptsymptome der Posttraumatischen Belastungsreaktion sowie der akuten Posttraumatischen Belastungsstörung erfragt (Schade et al., 1998).
Ebenfalls nach Monotrauma (besonders Unfällen) als Selbsteinschätzungs-Fragebogen für die Erhebung von PTSD-Symptomen entwickelt wurde die PTSD Symptom Scale (PSS) (siehe Foa et al., 1993; Stieglitz et al., 2001).
Schwieriger ist die Erfassung der Langzeitschäden von Traumatisierungen. Deutlich ist, dass eine schwere Akutsymptomatik einen wichtigen Vorhersagewert für eine langfristige PTSD darstellt, insbesondere wenn weitere Risikofaktoren hinzukommen (Haas, 2000). Der PDEQ (Peritraumatic Dissociative Experiences Questionnaire) ist gut geeignet, um nach einem Trauma zu erfragen, wie die dissoziativen Symptome während und unmittelbar danach beschaffen waren. Wer während des Traumas stark dissoziiert, wird eher eine PTSD bekommen (Marmar et al., 1998).
Diagnose bei Langzeitschäden
Erst in den letzten Jahren wurde deutlich, dass es für die Langzeitschäden eine eigene Diagnose geben muss. Judith Herman (1994) hat darauf hingewiesen und vorgeschlagen, eine eigene Diagnose „Störung durch extremen Stress“ (Disorder of Extreme Stress, DESNOS) zu schaffen. Hierfür haben sie sowie Bessel van der Kolk und andere (2000) einen eigenen Fragebogen entwickelt, das strukturierte Interview zur Posttraumatischen Belastungsstörung (IK-PTBS), das dankenswerterweise von Martin Sack und Arne Hofman (2001) für den deutschsprachigen Raum bearbeitet wurde und jetzt unter der Bezeichnung IK-PTBS, also Interview zur komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung, in Fachkreisen kursiert und noch validiert werden muss. Der Fragebogen ist im Anhang vollständig und mit Hinweisen auf die Auswertung abgedruckt.
Die Dimensionen der komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung DESNOS, wie sie der IK-PTBS abfragt, sind im Einzelnen folgende:
Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung = DESNOS
(Disorder of Extreme Stress not otherwise specified)
1. Störungen in der Regulation von Affekten und Impulsen
a) Affektregulation
b) Umgang mit Ärger
c) Selbstverletzung/Selbstbeschädigung
d) Suizidalität
e) Störungen der Sexualität
f) Exzessives Risikoverhalten
2. Störungen der Wahrnehmung oder des Bewusstseins
a) Amnesien
b) Vorübergehende dissoziative Episoden und Depersonalisierung
3. Störungen der Selbstwahrnehmung
a) Wirkungslosigkeit
b) Stigmatisierung
c) Schuldgefühle
d) Scham
e) Isolation
f) Bagatellisieren
4. Störungen in der Beziehung zu anderen Menschen
a) Unfähigkeit zu
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