Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
Vom Netzwerk:
erzähle, überlässt er mir meine Handtasche. «
    Ein weiblicher Notfall.
    Vielleicht war es der Schock darüber, die Prophezeiung meines Großvaters zu erfüllen, vielleicht auch die quälende Erinnerung an den Tod des Bibliothekars; jedenfalls kapierte ich beim besten Willen nicht, was diese Worte bedeuten sollten.
    Lorrie nahm meine Konfusion ebenso deutlich wahr, wie sie offenbar alle elektrischen Signale wahrnahm, die über die Synapsen in meinem Gehirn sprangen. »Wenn ich ihm sage, ich habe meine Periode und brauche dringend einen Tampon, dann benimmt er sich bestimmt wie ein Kavalier und gibt mir die Handtasche.«
    »Er ist ein Mörder«, rief ich in Erinnerung.
    »Aber er scheint kein besonders ungehobelter Mörder zu sein.«
    »Er hat Lionel Davis in den Kopf geschossen.«
    »Das heißt nicht, dass er unfähig wäre, höflich zu sein.«
    »Da würde ich lieber nicht drauf wetten«, sagte ich.
    Obwohl sie ärgerlich das Gesicht verzog, sah sie immer noch verflucht gut aus. »Ich hoffe inständig, dass du kein geborener
Pessimist bist. Das wäre nämlich einfach zu viel – als Geisel eines Bibliothekarsmörders zu dienen und an einen geborenen Pessimisten gefesselt zu sein.«
    Ich wollte nicht unsympathisch wirken. Im Gegenteil, sie sollte mich mögen. Jeder Typ wünscht sich, dass eine gut aussehende Frau ihn mag. Wie sie mich charakterisierte, konnte ich jedenfalls nicht hinnehmen.
    »Ich bin kein Pessimist. Ich bin Realist.«
    Sie seufzte. »Das sagen alle Pessimisten.«
    »Du wirst es schon noch sehen«, sagte ich lahm. »Ich bin kein Pessimist.«
    »Ich jedenfalls bin eine dezidierte Optimistin«, teilte sie mir mit. »Weißt du, was das heißt – dezidiert?«
    »Die Worte Bäcker und Analphabet sind keineswegs synonym«, versicherte ich ihr. »Du bist nicht der einzige Mensch in Snow Village, der sich im Lesen und Nachdenken hervortut.«
    »Also, was heißt das – dezidiert?«
    »Entschieden. Energisch.«
    »Unerschütterlich«, sagte sie mit Nachdruck. »Ich bin eine unerschütterliche Optimistin.«
    »Mag sein, aber es gibt einen feinen Unterschied zwischen unerschütterlichem und blindem Optimismus.«
    Fünfzehn Meter von uns entfernt kehrte der Mörder, der vorher den Raum verlassen hatte, mit einem Arm voll vergilbter Zeitungen zu seinem Tisch zurück.
    Lorrie beobachtete ihn mit der Berechnung einer Raubkatze. »Wenn der Zeitpunkt günstig ist«, flüsterte sie, »werde ich ihm sagen, dass ein weiblicher Notfall eingetreten ist, weshalb ich meine Handtasche brauche.«
    »Die Nagelfeile kann so scharf sein, wie sie will, gegen eine Pistole hilft sie nicht besonders viel«, protestierte ich.
    »Jetzt geht’s schon wieder los. Angeborener Pessimismus.
Selbst bei einem Bäcker kann das keine gute Sache sein. Wenn man schon im Voraus damit rechnet, dass einem alle Kuchen zusammenfallen, dann tun sie es auch.«
    »Meine Kuchen fallen nie zusammen.«
    Sie hob eine Augenbraue. »Das behauptest du .«
    »Meinst du etwa, man kann ihm das Ding ins Herz stechen und ihn damit anhalten wie eine Uhr?«, fragte ich mit genügend Überheblichkeit, um mich verständlich zu machen, aber nicht sarkastisch genug, um Lorrie davon abzubringen, mit mir zu Abend zu essen, falls wir den Tag überlebten.
    »Sein Herz durchstechen? Natürlich nicht. Das Zweitbeste wäre es, auf den Hals zu zielen, um die Schlagader zu verletzen. Aber das Beste wäre es, ihm ein Auge auszustechen.«
    Sie sah aus wie ein Traum und redete wie ein Albtraum.
    Wahrscheinlich machte ich mich wieder des Maulaffenfeilhaltens schuldig. Ich weiß noch, dass ich stotterte: »Ihm ein Auge ausstechen?«
    »Wenn man die Feile tief genug hineinsteckt, kann man vielleicht sogar das Gehirn beschädigen«, sagte sie und nickte, wie um den finsteren Plan zu bestätigen. »Dann verfällt er sofort in Zuckungen, lässt die Waffe fallen, und selbst wenn er sie doch nicht fallen lässt, ist er so erledigt, dass wir ihm das Ding leicht aus der Hand nehmen können.«
    »Du lieber Himmel – wenn wir so was versuchen, sind wir mausetot!«
    »Jetzt geht’s wieder los.«
    »Hör mal«, versuchte ich, vernünftig mit ihr zu reden, »wenn es drauf ankommt, hättest du doch nicht den Mumm, so was zu machen.«
    »Hätte ich schon, wenn’s darum geht, mein Leben zu retten.«
    Bestürzt über ihre ruhige Überzeugung, ließ ich nicht locker: »Im letzten Augenblick würdest du davor zurückschrecken.«

    »Ich schrecke nie vor irgendetwas zurück.«
    »Hast du schon

Weitere Kostenlose Bücher