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Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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sagte er. »Bleib auf den Beinen, damit ich dich sehen kann, während ich die Tür abschließe.«
    Als er sich auf halbem Weg zwischen dem Tresen und dem Porträt von Cornelius Rutherford Snow befand, ging die Tür auf. Eine junge Frau, die ich nicht kannte, kam mit einem Stapel Bücher herein.
    Sie war hübscher als ein Gâteau à l’Orange mit Schokolade-Butter-Glasur und einer Dekoration aus kandierter Orangenschale und Kirschen.
    Ich hätte es nicht ausgehalten, mit anzusehen, wie sie erschossen wurde – ausgerechnet sie.

8
    Sie war hübscher als ein Soufflé au Chocolat, beträufelt mit Crème Anglaise mit Aprikosenaroma und bei Kerzenlicht serviert in einem Limoges-Schälchen auf einem Limoges-Teller, selbstverständlich auf einem Silbertablett.
    Die Tür war hinter ihr zugegangen, und sie hatte bereits einige Schritte in den Raum getan, als sie merkte, dass dies keine normale Büchereiszene war. Der Tote hinter dem Tresen war zwar nicht in ihrem Blickfeld, aber sie sah die von meinem rechten Handgelenk herabhängenden Handschellen.
    Als sie den Mund aufmachte, stellte sich heraus, dass sie eine wunderbar kehlige Stimme hatte. Verstärkt wurde deren Wirkung noch durch die Tatsache, dass sie den Mörder mit einem lauten Flüstern ansprach: »Ist das eine Pistole?«
    »Sieht es denn nicht wie eine Pistole aus?«
    »Na ja, es könnte auch ein Spielzeug sein«, sagte sie. »Ich meine, ist das eine echte Pistole?«
    Er deutete mit der Waffe auf mich. »Wollen Sie sehen, wie ich den da damit erschieße?«
    Ich hatte das Gefühl, dass ich gerade zu der am wenigsten begehrenswerten aller verfügbaren Geiseln geworden war.
    »Puh«, sagte sie, »das kommt mir aber ein wenig extrem vor.«
    »Ich brauche nur eine Geisel.«
    »Trotzdem«, sagte sie mit einer Kühnheit, die mich verblüffte, »könnten Sie vielleicht einfach einen Schuss in die Decke abfeuern. «
    Der Mörder lächelte sie mit der überschwänglichen guten
Laune an, in deren Genuss auch ich vorher auf der Straße gekommen war. Es war sogar ein wärmeres und noch sympathischeres Lächeln als das, welches ich empfangen hatte.
    »Sagen Sie mal, wieso flüstern Sie eigentlich?«, fragte er.
    »Wir sind in einer Bücherei«, flüsterte sie.
    »Die sonst geltenden Regeln sind außer Kraft gesetzt worden. «
    »Sind Sie der Bibliothekar?«, fragte sie.
    »Ich – ein Bibliothekar? Nein. Eigentlich …«
    »Dann haben Sie unmöglich die Autorität, die Regeln außer Kraft zu setzen«, sagte sie leise, wenn auch nicht mehr flüsternd.
    »Das verleiht mir die Autorität«, erklärte der Mörder und feuerte einen Schuss in die Decke.
    Die junge Frau warf einen Blick auf die Fenster. Durch die halb geschlossenen Jalousien war die Straße nur als eine Reihe von Spalten sichtbar. Als die Frau mir den Blick zuwandte, sah ich, dass sie von der erbärmlichen Lautstärke des Schusses genauso enttäuscht war, wie ich es beim ersten Schuss gewesen war. Die mit Büchern gepolsterten Wände schluckten das Geräusch. Draußen war es möglicherweise nicht lauter angekommen als ein gedämpftes Husten.
    Ohne sich anmerken zu lassen, dass der lässig abgegebene Schuss sie aus der Fassung gebracht hätte, fragte sie: »Darf ich die Bücher da irgendwo hinlegen? Sie sind ziemlich schwer.«
    Mit der Pistole deutete der Mörder auf einen Lesetisch. »Dahin. «
    Während die Frau die Bücher ablegte, ging der Mörder zur Tür und schloss ab, ohne uns auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
    »Ich will Sie ja nicht kritisieren«, sagte die Frau, »und sicher kennen Sie sich in Ihrem Gewerbe besser aus als ich, aber wenn Sie meinen, Sie brauchen nur eine Geisel, haben Sie unrecht.«

    Sie sah so gefährlich attraktiv aus, dass sie unter anderen Umständen in der Lage gewesen wäre, jeden beliebigen Mann in einen dümmlichen Lustmolch zu verwandeln. Dennoch stellte ich fest, dass ich bereits weniger an ihrer Figur interessiert war als an dem, was sie zu sagen hatte. Ihre Schlagfertigkeit faszinierte mich mehr als ihr strahlendes Gesicht.
    Der Irre schien meine Faszination zu teilen. An seinem Gesichtsausdruck war deutlich erkennbar, dass sie ihn eingewickelt hatte. Sein mörderisches Lächeln wurde strahlender.
    Als er auf ihre Bemerkung einging, hatte seine Stimme keinerlei Schärfe, keine Spur von Sarkasmus: »Haben Sie etwa irgendeine Theorie, was Geiseln angeht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Keine Theorie, bloß eine praktische Beobachtung. Wenn es zu einem Schusswechsel mit

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