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Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Er wollte Beezo zwar nicht noch bestärken, hatte jedoch das Gefühl, dass mangelndes Mitleid ihn zum Ziel für die Wut des Clowns gemacht hätte.
    Beezo blieb vor einem der regennassen Fenster stehen. Im Licht der Blitze warfen die Tropfen, die an der Scheibe herunterliefen,
kleine Schatten, die sein weiß geschminktes Gesicht mit einem Tupfenmuster überzogen. »Was kriegst du eigentlich, Rudy Tock – Sohn oder Tochter?«, fragte er.
    Beezo redete Rudy unweigerlich mit Vor- und Nachnamen an, als handelte es sich um ein Wort: Rudytock.
    »Die haben hier eins von diesen neuen Ultraschallgeräten«, erwiderte Rudy, »also könnten sie uns sagen, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, aber wir wollen es gar nicht wissen. Wir wollen bloß, dass das Baby gesund ist, das ist alles.«
    Beezo richtete sich auf; er hob den Kopf und drehte sein Gesicht dem Fenster zu, als wollte er es im pulsierenden Gewitterlicht baden. »Ich brauche keinen Ultraschall, um rauszukriegen, was ich sowieso schon weiß. Natalie schenkt mir einen Sohn. Nun wird der Name Beezo nicht zugrunde gehen, wenn ich sterbe. Ich werde ihn Punchinello nennen, nach einem der ersten und größten aller Clowns.«
    Punchinello Beezo, dachte Rudy. Ach, das arme Kind!
    »Er wird zu den allergrößten unserer Zunft gehören«, fuhr Beezo fort. »Der beste Narr, Harlekin, Hanswurst wird er sein. Man wird ihm im ganzen Land zujubeln, ja auf jedem Kontinent. «
    Obwohl Rudy gerade erst von der Intensivstation ins Wartezimmer zurückgekehrt war, fühlte er sich bereits als Geisel dieses Clowns, dessen finstere Energie jedes Mal, wenn sich Blitze in seinen fiebrigen Augen spiegelten, von neuem aufzuflammen schien.
    »Er wird nicht nur berühmt werden, sondern unsterblich! «
    Rudy sehnte sich nach Neuigkeiten über Maddys Zustand und den Fortschritt ihrer Wehen. In jenen Tagen wurden Väter nur selten im Kreißsaal zugelassen, um der Geburt ihrer Kinder beizuwohnen.
    »Er wird der Zirkusstar seiner Zeit werden, Rudy Tock, und
jeder, der seinen Auftritt sieht, wird wissen, dass sein Vater Konrad Beezo ist, der Patriarch der Clowns!«
    Die Stationsschwestern, die eigentlich regelmäßig ins Wartezimmer hätten kommen sollen, um mit den dort harrenden Ehemännern zu sprechen, zeigten sich nicht so oft wie sonst. Zweifellos fühlten sie sich in Gegenwart dieses zornigen Hanswursts nicht besonders wohl.
    »Beim Grab meines Vater schwöre ich, dass Punchinello niemals am Trapez hängen wird!«, verkündete Beezo.
    Der Donner, der seinen Schwur unterstrich, war der erste von zwei derart mächtigen Schlägen, dass die Fensterscheiben wie Trommelfelle vibrierten und die Lampen nur noch schwach flackerten. Fast wären sie ganz ausgegangen.
    »Was hat Akrobatik mit der Wahrheit des menschlichen Daseins zu tun?«, fragte Beezo.
    »Nichts«, antwortete Rudy wie aus der Pistole geschossen, denn er war kein aggressiver Mensch. Vielmehr war er liebenswürdig und bescheiden. Er war noch kein Konditor wie sein Vater, sondern nur ein Bäcker, der nun, an der Schwelle zur Vaterschaft, unbedingt vermeiden wollte, von einem rabiaten Clown verdroschen zu werden.
    »Komödie und Tragödie, das Werkzeug für die Kunst des Clowns – das ist die Essenz des Lebens«, erklärte Beezo.
    »Komödie, Tragödie und ein guter Laib Brot«, sagte Rudy. Es war ein kleiner Scherz, mit dem er sein eigenes Handwerk in die der Lebensessenz dienenden Berufe einschloss.
    Diese harmlose Frivolität trug ihm einen grimmig drohenden Blick ein, der wirkte, als könnte er nicht nur Uhren anhalten, sondern die Zeit erstarren lassen.
    »Komödie, Tragödie und ein guter Laib Brot«, wiederholte Beezo, vielleicht um meinen Vater zu dem Eingeständnis zu bringen, dass sein Scherz ausnehmend albern gewesen sei.

    »He«, sagte mein Vater, »das klingt ja genau wie ich«, denn der Clown hatte mit einer Stimme gesprochen, die sich fast so anhörte wie die meines Vaters.
    »He, das klingt ja genau wie ich«, spottete Beezo mit Rudys Stimme. Dann fuhr er mit seinem eigenen, rauen Knurren fort: »Ich hab dir doch gesagt, dass ich begabt bin, Rudy Tock. Auf mehr Arten und Weisen, als du dir vorstellen kannst.«
    Rudy meinte zu spüren, wie sein kalt gewordenes Herz langsamer schlug, fast so, als wollte es unter dem Einfluss dieses eisigen Blicks allmählich den Betrieb einstellen.
    »Mein Junge wird nie am Trapez hängen. Die abscheulichen Nattern werden zwar zischen, oh, wie sie zischen und zappeln werden, aber Punchinello

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