Traumfabrik Harvard
Forschungseinnahmen
der UVA können sich sehen lassen: Mit 24,8 Prozent steuerten sie einen annähernd gleichen Anteil wie in Yale zum Haushalt
bei.
Vergleicht man das Budget der UVA mit dem der beiden reichsten privaten Universitäten, fällt zweierlei auf: erstens das große
Gewicht von Studiengebühren und zweitens, dass die staatliche Grundförderung die massiven Abstände im Vermögen auch nicht
einmal annähernd kompensieren kann. Verstärkt Yale sein Budget durch rund vier Prozent seines
endowments
, sind das derzeit gut 900 Millionen Dollar – das entspricht mehr als 80 Prozent des gesamten Haushalts der UVA außerhalb
der Medizin. Würde die UVA denselben Satz aus ihrem
endowment
von 4,4 Milliarden Dollar abzweigen, bekäme sie etwa 175 Millionen Dollar. Die Kluft zwischen reichen und wohlhabenden Elite-Universitäten
wird damit immer größer – was auch bedeutet, dass es Letzteren immer schwerer fällt, im Wettkampf um die besten Studenten
und Professoren mit den Spitzenreitern mitzuhalten. Die University of Wisconsin at Madison zum Beispiel verlor in den letzten
drei Jahren ein Viertel ihrer Professoren in ihren bestens ausgewiesenen Sozial- und Geisteswissenschaften an andere, meistens
private Universitäten, weil diese teilweise mehr als das doppelte Gehalt bieten konnten. Jetzt hat sie alle Mühe, die vakanten
Positionen zu füllen, ihre Reputation und ihren Platz in den Rankings zu verteidigen (
Chronicle
, 18.4.2008).
189
194
189
194
false
|189| Staatliche Finanzierung und die Rolle der Einzelstaaten
Wie die Einzelstaaten ihr jeweiliges System öffentlich getragener Hochschulen organisieren und gestalten, lenken und finanzieren,
unterscheidet sich stark. Alle Anläufe, der Bundesregierung eine größere Rolle in der Koordination und Finanzierung des staatlichen
Hochschulwesens einzuräumen, sind kläglich gescheitert, und seit 1972 scheint es, als sei das Thema ein für allemal vom Tisch.
Genau wie die deutschen Länder tragen die amerikanischen Staaten die alleinige regulative und materielle Verantwortung für
ihre Hochschulen. So wie es ihnen freisteht, über die Erhebung der ihnen zustehenden Einkommens- und anderen Steuern selbständig
zu entscheiden, werden sie auch im Hochschulbereich weder durch bundesgesetzliche Rahmenvorgaben noch zwischenstaatliche Abkommen
gebunden. Mit der starken einzelstaatlichen Tradition der USA wären ein Länderfinanzausgleich wie in der Bundesrepublik Deutschland
und der Gedanke »gleichwertiger Lebensverhältnisse« in allen Staaten kaum zu vereinbaren. Große Ungleichheiten in der Finanzkraft
und Ausgabenpolitik der Staaten gelten als selbstverständlich, und wenn es um die Unterstützung ihrer Hochschulen geht, weichen
ihre Zuwendungen pro Student um den Faktor fünf voneinander ab (Trow 1993a).
Eine direkte Unterstützung der Hochschuletats aus Bundesmitteln ist ordnungspolitisch tabu. Anders als in der Schweiz oder
in Australien gibt es in den USA auch keine Bundesuniversitäten. 90 Neben den sehr beachtlichen Aufwendungen für Stipendien und staatlich verbürgte Darlehen fördert der Bund die Hochschulen
daher lediglich durch das ausgeklügelte, gut dotierte System einer wettbewerblichen Forschungsförderung. Daneben bezuschusst
der Kongress aus den Töpfen unterschiedlicher Ministerien in relativ undurchsichtigen Verfahren Bauvorhaben und besondere
Projekte einzelner Hochschulen. Zwar entfällt der Löwenteil dieser inzwischen fast 2.300 sogenannter
academic earmarks
mit einem Gesamtvolumen von 2,25 Milliarden Dollar auf staatliche Hochschulen. Hin und wieder kommt aber auch mal eine private
Einrichtung in den Genuss solcher Bundeshilfe. Auf der Vorhabenliste stehen neue Forschungslabors ganz weit oben, aber auch
Seminarräume, Sportstätten und Grünanlagen tauchen darin auf.
Hinter jedem geförderten Projekt stehen rührige Senatoren und Mitglieder des Repräsentantenhauses –
amigos
, die etwas für ihre Wahlkreise und Unterstützer tun wollen. Dafür, dass alles in die richtigen Kanäle fließt, sorgen eifrige
Lobbyisten auf dem Washingtoner Parkett, deren leise |190| flankierende Arbeit sich die Hochschulen einiges kosten lassen. Yale zum Beispiel wandte 2004/05 gut 450.000 Dollar für ihre
Hilfsdienste auf, obwohl es daraus keinen direkten materiellen Nutzen zog. Für manche der etwa 900 Empfänger solcher Wohltaten,
die man im amerikanischen Englisch drastisch als »pork-barrel
Weitere Kostenlose Bücher