Traumfabrik Harvard
projects« bezeichnet, zahlt sich der gute Draht zu Senatoren
und Abgeordneten jedoch kräftig aus: Nach dem Haushaltsplan für 2007/08 erhielt die Mississippi State University als vom Kongress
am besten bedachte Hochschule 43 Millionen Dollar an projektgebundenen Hilfen, und die University of Vermont auf Platz 20
kann sich über 15,4 Millionen freuen (
Chronicle,
28.3.2008, A9). Das rasche Wachstum dieser »grauen« Subventionen – 1998 gab es erst 338
academic
earmarks
– stößt vor allem deshalb auf Kritik und Vorbehalte, weil die Mittel für die Forschungsförderung dahinter weit zurückgeblieben
sind. Befürworter können allerdings ins Feld führen, dass die
earmarks
lediglich ein Gegenstück zum stark angestiegenen privaten Sponsoring von Hochschulen darstellen, in dem öffentliche Einrichtungen
nun einmal wenig zu bestellen haben.
Was nun die Hochschulfinanzierung durch die Einzelstaaten angeht, variiert diese sowohl im Volumen als auch in ihrer Art erheblich.
Manche Staaten wie Vermont setzen auf hohe allgemeine Studiengebühren und subventionieren sie für Landeskinder durch üppige
Beihilfen. Andere wie North Carolina halten die Gebühren niedrig und fördern ihre Hochschulen stattdessen durch großzügige
institutionelle Zuwendungen. Betrachten wir nur diese
state appropriations
im engeren Sinne, gleicht ihre Entwicklung während der letzten 50 Jahre einer Achterbahnfahrt: Mit Beginn der Hochschulexpansion
stiegen sie zunächst absolut wie relativ stark an. Hatten sie 1949/50 noch hinter den Bundesmitteln zurückgestanden, kehrte
sich das Verhältnis trotz der massiven Förderung naturwissenschaftlicher Forschung durch die Bundesregierung zehn Jahre später
um und pendelte sich ab Mitte der 1970er Jahre bei 2:1 ein. 1975/76, im Zenith des goldenen Zeitalters, trugen die Einzelstaaten
mit einem Anteil von 30,1 Prozent so viel zu den laufenden Einnahmen aller US-Hochschulen bei wie niemals vorher und auch
nachher nicht mehr (NCES 2006: Tab. 355). Kurz danach drehte der Wind wieder.
Zwischen 1980 und 1998 nahm der Anteil der Hochschulausgaben an den staatlichen Haushalten nahezu kontinuierlich ab. Absolut
stiegen sie zwar um 13 Prozent in konstanten Preisen. Doch sowohl die Etats der Einzelstaaten als auch die Budgets der Hochschulen
wuchsen deutlich |191| schneller, Letztere im Durchschnitt um 41 Prozent. Angesichts eines schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes, abflachender Steuereinnahmen,
veränderter politischer Prioritäten, konkurrierender Bedarfe sowie nicht zuletzt wachsender Widerstände gegen Steuererhöhungen
kürzten viele Staaten ihre Zuwendungen an die Hochschulen oder froren sie ein. Weil es sich dabei nicht um gesetzlich gebundene
Ausgaben handelte und weil sie nur mit schwachen Widerständen rechnen mussten, schien das ein probater Ausweg aus der Finanzkrise
(McGuinness 2005). Im Ergebnis hielt die institutionelle Grundfinanzierung nicht länger Schritt mit den Studentenzahlen und
rasant steigenden Studienkosten. In dieser Klemme wussten sich die meisten Hochschulen nicht anders zu helfen, als ihre Studiengebühren
drastisch zu erhöhen. Daher stiegen sie nicht nur deutlich stärker als die Inflationssrate, sondern auch viel schneller als
im privaten Sektor.
Doch Studiengebühren sind nicht für alle Einrichtungen gleich elastisch. Die am wenigsten attraktiven stoßen als erste an
Grenzen, weil sich ihre Klientel, typischerweise Studenten aus »underserved« sozialen Gruppen, am ehesten durch höhere Gebühren
von der Aufnahme eines Studiums abschrecken lässt. Außerdem können sie keinen premium-Aufschlag verlangen, sondern müssen
auf ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis achten. Erhöht sie ihre Gebühren, muss jede dieser Hochschulen daher damit
rechnen, dass sie Studenten und damit letztlich auch Einnahmen verliert. Darüber hinaus werden sie von sinkenden
state appriopriations
besonders hart getroffen, weil sie kaum Chancen haben, wenigstens einen Teil des Verlusts durch private Spenden wieder wettzumachen.
Während öffentliche Hochschulen aus der Top-Liga zwischen 1994 und 2004 1,2 bis 1,6-mal soviel Geld vom Staat erhielten wie
die aus dem Mittelfeld, konnten sie 3,5-mal so viele private Spenden einfahren (Cheslock/Gianneschi 2008). Die abnehmende
institutioneller Finanzierung produziert daher selbst innerhalb des staatlichen Sektors eine wachsende Ungleichheit zwischen
den einzelnen
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