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Traumfabrik Harvard

Titel: Traumfabrik Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schreiterer
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hatten, aber dennoch sehr eindrucksvoll.
     Wurden Hochschulen 1981 insgesamt 250 Patente zugesprochen, erhielten sie 1992 1.600 und 1998 knapp 2.100. 2006 reichten sie
     15.900 Patentanmeldungen ein; 3.255 Patente wurden ihnen erteilt. 92 Ähnlich sieht es bei den Einnahmen aus Lizenzgebühren aus. Hier verlief die Entwicklung noch rasanter, wenngleich nach 2000
     ein kleiner Knick eintrat, nachdem die
dotcom
Blase geplatzt war. Unter den Lizenznehmern patentierter Forschungsergebnisse von Hochschulen befinden sich nämlich besonders
     viele
upstarts
in der Bio- und Informationstechnologie – und genau diese Felder erlebten 2001 die größten Rückschläge. Generierten Patente
     und Lizenzen 1993 lediglich 210 Millionen Dollar an Einnahmen für die Hochschulen, übertrafen die Erträge 2000 erstmals die
     magische Schwelle von einer Milliarde Dollar. 2006 beliefen sie sich auf über 1,1 Milliarden.
    Inzwischen erzielen 28 Universitäten aus der Patentierung von Forschungsergebnissen und aus Erfindungen ihrer Wissenschaftler
     jeweils mehr als 10 Millionen Dollar im Jahr. Weitere 42 bringen es auf jeweils mehr als 5 Millionen. Lässt man die in der
     Statistik führende University of California mit ihren zehn nicht einzeln ausgewiesenen Standorten, die 2006 zusammen 193 Millionen
     Dollar einfuhren, außer Acht, war der Spitzenverdiener die New York University, die es auf 157 Millionen Dollar brachte. Stanford
     folgte mit 61 Millionen auf dem zweiten Platz, Wake Forest mit 60 Millionen Dollar auf dem dritten. In der Bilanz fällt eine
     doppelte Konzentration auf: Einerseits teilten sich 2004 acht der 155 erfassten Universitäten mehr als die Hälfte der gesamten
     Gelder (
Chronicle,
|201| 2.12.2005, A 25). Bei den meisten Hochschulen, die nennenswerte Lizenzeinnahmen erzielten, kam der größte Batzen davon andererseits
     durch ein einziges oder höchstens zwei Patente, in der Regel für Pharmazeutika oder biomedizinische Verfahren. So erwies sich
     etwa das Boyen-Coher Patent zur Kombination und Transplantation von Genen, ein Grundbaustein der modernen Gentechnik, lange
     Jahre als ein wahrer Goldesel für den Pionier in diesem Geschäft, die Stanford University. Für die NYU ist es »Remicade«,
     ein entzündungshemmendes Mittel, für Wake Forest ein Wundheilungsmittel. Das demonstriert zweierlei: Erstens bringt die große
     Mehrzahl der Hochschulpatente wenig oder gar nichts ein, und zweitens entfällt mit schätzungsweise 70 Prozent der Löwenanteil
     von denen, die überhaupt einen Ertrag abwerfen, auf die Lebenswissenschaften, Arzneimittel oder medizinische Techniken, von
     der Diagnostik bis zur Neurochirurgie. Ein drittes Merkmal liegt damit fast schon auf der Hand: Auch hier wieder tun sich
     die üblichen Verdächtigen besonders hervor, wobei im Unterschied zum USNWR-Ranking private Technische Hochschulen und große
     staatliche Forschungsuniversitäten in der Spitze sehr stark vertreten sind: das MIT, Georgia Tech, Cal Tech, Michigan/Ann
     Arbor, Wisconsin/Madison und die University of California.
    Das Geschäft mit Lizenzen und Patenten scheint zu blühen. Angesichts knapper werdender staatlicher Ressourcen und steigender
     Opportunitätskosten des Wettbewerbs suchen mehr und mehr Universitäten darin ihr Glück. Ihre »Offices of Transfer and Licensing«
     beschäftigten 2006 landesweit 1.800 hauptamtliche Kräfte, mehr als je zuvor. Ob und mit welchem Erfolg sie sich auch um die
     Vermarktung von Bildungsprodukten, also zum Beispiel die Lizensierung und Kommerzialisierung von Studienangeboten kümmern,
     ist nicht bekannt. Statistiken schweigen sich darüber aus, und es liegen auch noch keine Untersuchungen über dieses Feld vor.
     Sicher scheint lediglich, dass dieser Geschäftszweig des
academic capitalism
und die Vermarktung geistigen Eigentums in Form von Copyrights ein viel geringeres Volumen hat als der von Erfindungen und
     Patenten. Nachdem sich einige Elite-Unis, darunter auch die bei den Patenteinnahmen führende NYU, um die Jahrtausendwende
     mit Online-Studienangeboten die Finger verbrannt und viele Millionen Dollar verloren haben, überlassen sie ihn lieber kommerziellen
     Hochschulen und Sekundärvermarktern. Das internationale Geschäft wird dagegen immer attraktiver. Anders als englische und
     australische Hochschulen taten sich die guten amerikanischen Universitäten lange sehr schwer mit gezielten Studienexporten
     und dem |202| Aufbau von Filialen im Ausland. Seit 2006 sind sie

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