Traumfabrik Harvard
(»fraternities« oder »sororities«) verschrien.
Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – stehen sie bei Studienbewerbern hoch in der Gunst, obwohl ihre Studiengebühren
aufs Jota denen privater Elite-Unis gleichen, Zulassungs- und Leistungsanforderungen in etwa genauso hoch sind, die Unterbringung
nicht komfortabler und das Essen nicht besser. Neben der ländlichen Lage, dem weitgehenden Verzicht auf eine
graduate education
und auf Großforschungsprojekte unterscheiden sich
liberal arts colleges
vor allem durch ihre Größe von diesen Konkurrenten: Nur wenige haben insgesamt mehr als 2.000 Studenten. Eine »class« – ein
Studentenjahrgang – umfasst typischerweise zwischen 250 und 450 Köpfe. Übersichtlichkeit, das Versprechen auf ein einzigartiges
Gemeinschaftserlebnis und beste persönliche Betreuung sind das »Alleinstellungsmerkmal« dieser Colleges. Manche Studienbewerber
fühlen sich davon sehr angezogen, andere schreckt die Aussicht fürsorglicher Belagerung in landschaftlicher Schönheit eher
ab. Fest steht jedenfalls, dass ihre Absolventen überproportional oft einer
professional
oder
graduate education
nachgehen und beruflich erfolgreich sind: In den oberen Etagen der amerikanischen Geschäftswelt, Politik und Wissenschaft
trifft man sie viel häufiger an, als es nach ihrem Anteil an den Absolventen selektiver Hochschulen zu erwarten wäre.
Wie viele solcher Einrichtungen gibt es überhaupt, wie verteilen sie sich über das Land, und was lässt sich über ihre Entwicklungsaussichten
sagen? Obwohl manchmal von etwa 400 die Rede ist, dürfte die Gesamtzahl |108| »echter«
liberal arts colleges
nicht mehr als 150 betragen. In die höhere Zahl gehen viele Institute ein, die sich zur Pflege einer
liberal education
bekennen, aber über vierjährige Bachelorstudien hinausgehen und weder
independent
noch
selective
sind – beispielsweise 24 öffentlich finanzierte Einrichtungen, die sich als
liberal arts colleges
bezeichnen und einen eigenen »Council« bilden. Zum harten Kern dieser Unikate zählen einige mit einem ganz besonderen Profil
– Frauencolleges wie Vassar in Upstate New York und Wellesley in Massachusetts oder Bard ebenfalls in Upstate NY und Oberlin
in Ohio mit sehr anpruchsvollen künstlerisch-musischen Programmen. Die meisten der bekannten
liberal arts colleges
unterscheiden sich jedoch lediglich durch ihre geographische Lage voneinander – und auch da hält sich die Streuung in engen
Grenzen, denn in Folge ihrer historischen Ursprünge konzentrieren sie sich nun einmal an der Ostküste: Williams und Amherst
in Massachusetts, Swarthmore und Haverford in Pennsylvania, Middlebury in Vermont.
Als in den 1980er Jahren einige
liberal arts colleges
ihre Pforten schließen mussten, weil die Studenten wegblieben und die Kosten aus dem Ruder liefen, sagten manche Beobachter
einen baldigen Untergang dieses Hochschultyps voraus. Inzwischen hat der Wind gedreht, und sie können die Lage deutlich entspannter
beobachten. Was den Collegepräsidenten jetzt Kopfschmerzen bereitet, ist die Frage, woher sie das viele Geld bekommen, um
im Wettlauf mit Premium-Universitäten mithalten zu können. Hier ist guter Rat teuer: Die meisten Einrichtungen haben nur ein
relativ kleines
endowment
, und ihre wenigen Absolventen müssten schon sehr tief in die Taschen greifen, um daran grundlegend etwas zu ändern. Weil
sie sich ganz überwiegend aus Studiengebühren finanzieren, können sie ihre Lehrprogramme nicht quersubventionieren wie Forschungsuniversitäten.
Das wiederum schränkt ihre Möglichkeiten empfindlich ein, Studenten aus ärmeren Familien mit großzügigen Stipendien unter
die Arme zu greifen und die soziale Zusammensetzung ihrer Studentenschaft zu diversifizieren.
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Amerikana II: Private Forschungsuniversitäten
Auch dieser Hochschultyp gehört zum Premium-Segment: Private
non-forprofit-
Forschungsuniversitäten sind der Inbegriff von wissenschaftlicher Exzellenz und Elite. International werden sie vor allem
für ihre Forschungsleistungen |109| und -bedingungen sowie eine erstklassige Doktorandenausbildung bewundert. Ihr legendärer Ruf in den USA gründet sich indes
mindestens genauso stark auf die Ausbildung von
undergraduates.
Im »National Universities« Ranking der USNWR nehmen sie seit jeher Spitzenplätze ein und haben es in den letzen Jahren sogar
geschafft, öffentliche Hochschulen aus der Riege der Top 20 zu
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