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Traumfabrik Harvard

Titel: Traumfabrik Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schreiterer
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ehemalige demokratische Präsidentschaftsbewerber John Edwards forderte, würde an dieser Schräglage nichts ändern.
     Von den
freshmen
des Yale College im Jahr 2000 kamen zwar 14 Prozent aus Alumni-Familien – aber 53 Prozent waren Absolventen sehr guter und
     sehr teurer privater Highschools (Soares 2007). Nur sehr wenige Hochschulen bekennen sich ganz offen zu einer gezielten Rekrutierung
     von Bewerbern aus Familien mit Alumni. Kleinere private Colleges, die von Bewerbern nicht gerade überrannt werden, fahren
     damit nicht schlecht.
Legacy applicants
, hat sich gezeigt, neigen nämlich viel stärker als andere dazu, ein Platzangebot tatsächlich anzunehmen, und sind in der
     Regel auch deutlich besser qualifiziert als viele andere. Das kann zu besseren Rankingplätzen führen – weshalb manche Einrichtung
     sogar bereit ist, solche Bewerbern mit einem Abschlag vom Listenpreis für die Studiengebühren zu ködern (
Chronicle
, 19.1.2007, A 33f.). Wenn mehrere Generationen aus einer Familie dieselbe Hochschule besuchen, ist das außerdem auch »the
     best kind of vote of confidence you can give to an  |162| institution«, wie es der Präsident des gemeinnützigen »National Research Center for College and University Admissions« formulierte
     (
Chronicle
, ebd.).

162
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Zugangshürden und Rekrutierungspolitik
    Inzwischen legen gerade auch sehr teure Hochschulen großen Wert darauf, Zulassungsentscheidungen für ihr College von finanziellen
     Erwägungen frei zu halten. Alle Elite-Unis praktizieren eine Politik der »need-blind admission«. Acht Hochschulen – fünf
ivy leagues
, das MIT und die
liberal art
colleges
Middlebury und Williams – haben diese auch auf ausländische Bewerber ausgedehnt. Dabei werden diese nicht nach ihren finanziellen
     Verhältnissen oder gar unverblümt danach gefragt, ob sie sich ein Studium an dieser Einrichtung überhaupt leisten können.
     Sie müssen allerdings angeben, ob sie planen, Studienbeihilfen (
financial aid)
zu beantragen, falls sie aufgenommen werden. In der Theorie soll dieses Verfahren sicherstellen, dass niemand nur deshalb
     von der Hochschule ferngehalten wird, weil er oder sie arm ist. Jede Zulassung impliziert insofern die Zusicherung, dass das
     College den Studenten mit einem maßgeschneiderten finanziellen Hilfspaket aus Stipendien und Darlehen unter die Arme greift,
     falls sie das Geld für
tuition, room and board
nicht aufbringen können. Doch zum einen erstreckt sich diese Zusage bei längst nicht allen Einrichtungen, die sich zu einer
     solchen Politik bekennen, auf eine volle Kostendeckung, also im Extremfall ein kostenloses Studium. Zum anderen enthält der
     Bewerbungsbogen zahlreiche Hinweise auf den sozialen Hintergrund der Kandidaten – wo sie leben (die Postleitzahl ist ein beliebter
     Indikator für das soziale Umfeld), wo sie ihren Highschool-Abschluss erworben haben und welchen Bildungsabschluss Vater und
     Mutter besitzen.
Admissions officers
müssten schon stockblind sein, wenn sie aus diesen Daten keinen klaren Eindruck vom Sozialprofil der Bewerber gewinnen. Für
     die meisten privaten Einrichtungen sind zahlungskräftige Kunden lebenswichtig. Deshalb drücken sie bei Schul- und Testleistungen
     schon mal ein Auge zu, wenn die Bewerber den vollen Studienpreis ohne Murren zahlen könnten.
    Den Januskopf der Meritokratie kann man an der Rolle des SAT (beziehungsweise ACT) gut studieren. Einerseits beruhigen die
     Hochschulen alle Bewerber mit der Ansage, dass sie die Testergebnisse nur als eine Information unter anderen betrachten. Andererseits
     lässt das Zusammenspiel |163| von Ranking-Manie und großen Bewerberzahlen aus dieser Versicherung schnell Makulatur werden. Denn da die durchschnittliche
     Punktzahl der Studenten als »Attraktivitätsindex« einer Hochschule gilt, kann sie nicht einfach ignoriert werden. Und wenn
     ihr
admissions office
innerhalb von sechs bis acht Wochen 75 die besten zehn oder zwanzig Prozent aus vielen Tausend Bewerbungen herausfiltern soll, liegt es einfach nahe, die Testzahl
     als Messlatte zu nehmen und in einem ersten Durchgang alle auszusortieren, die unterhalb eines bestimmten Schwellenwertes
     liegen. Bis 2005 umfasste der SAT zwei Teile, in denen man jeweils maximal 800 Punkte erreichen konnte. 76 Wer weniger als 1.300 Punkte (von 1.600 möglichen) nach Hause brachte, konnte sich die Gebühren (zwischen 50 und 80 Dollar)
     für die Bewerbung an einer
selective school
sparen.

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