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Traumfabrik Harvard

Titel: Traumfabrik Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schreiterer
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teure Coachings und Crashkurse für
     die Collegebewerbung nicht leisten können. Der Verdrängungswettbewerb ist im vollen Gange. Allerdings klingt das schlimmer,
     als die Lage in Wirklichkeit ist. Immerhin dreht er sich lediglich um ein Prestigegut für eine relativ kleine Gruppe von Studenten,
     dessen ökonomischer Nutzen vielen zweifelhaft dünkt. Der Zugang zu soliden Colleges der R-Klasse ist trotz einer allgemeinen
     Tendenz zum
upgrading
nicht schwieriger geworden.
    Wie aber suchen nun die Colleges unter ihren Bewerbern die geeigneten aus? Um die angemessenen Zulassungskriterien, ihren
     richtigen Mix, das Gewicht sowie das Für und Wider einzelner Faktoren toben erbitterte Glaubenskämpfe. Natürlich geht es um
     ein Politikum, natürlich schaut alle Welt zuallererst auf das Ergebnis, und natürlich soll es legitim und fair zugehen – was
     auch bedeutet, dass unterschiedlichste Interessen und Ansprüche miteinander in Einklang zu bringen sind. Keine einzige Hochschule
     wählt ihre Studenten nach einem festen Berechnungsschema aus – zumindest traut sich keine, das öffentlich zuzugeben. Eine
     »formelbezogene Studienplatzzuweisung« ist verpönt – erst recht nach dem höchstrichterlichen Verbot einer quotenbasierten
affirmative action
für bestimmte Gruppen von Bewerbern. Jedes College legt Wert auf Ermessenspielräume. Würde eines tatsächlich nur quantifizierten
     Parametern folgen, würde es die Formel dafür besser hüten als Coca-Cola. Auf die Abwägung, die Deliberation komme es an, werden
admission officers
nicht müde zu betonen. Erst das gewährleiste die spezielle Würze einer neuen
class
, wie sie jedes College gern für sich haben möchte. Blutleere, langweilige Streber und Fachidioten wollen sie nicht, sondern
     kluge, wissbegierige, arbeitswillige und vor allem interessante junge Menschen, die das Zeug zu
leadership
mitbringen  |159| und ihre
community
bereichern können. Jahr für Jahr gehen deshalb Bewerber mit perfekten Testergebnissen leer aus, während andere, von denen
     man es kaum vermutetet hätte, die Zulassungshürde nehmen – sie haben, würden die Hochschulen sagen, »das gewisse Etwas« zu
     erkennen gegeben, Durchsetzungsstärke zum Beispiel, Bereitschaft zum Engagement oder auch dazu, unkonventionelle Wege einzuschlagen.
     Genau das aber bietet dem Verdacht, dass es bei der Zulassung zu den
selective schools
nicht korrekt zugehe und die üblichen Verdächtigen aus dem alten Klüngel unverdiente Vorteile zugeschanzt bekommen, immer
     wieder neue Nahrung. 74
    Um die Gewinner in ihrer Zulassungslotterie zu küren, nutzen alle Colleges ein Set von Indikatoren und Methoden. Nach Angaben
     des US-Erziehungsministeriums über die 2005/06 gängigen Praktiken gab es dabei zwischen staatlichen und privaten
non-profits
große Übereinstimmung, soweit es die Berücksichtigung von Schulnoten und Kursanforderungen anbetraf. Aber es gab auch auffallende
     Unterschiede: Achteten 47,1 Prozent der
admission officers
an den öffentlichen Hochschulen darauf, welche als College-Leistung anrechenbare Kurse und Examina (»AP courses and exams«)
     die Bewerber absolviert hatten, legten von ihren Kollegen im privaten Sektor nur etwa halb so viele (24,3 Prozent) darauf
     Wert. Dafür wiederum verlangten diese mehrheitlich (51,5 Prozent) persönliche Empfehlungsschreiben (in der Regel von zwei
     Lehrern), was nur acht Prozent der öffentlichen Colleges taten. Interessant ist auch die unterschiedliche Gewichtung standardisierter
     Tests: In beiden Sektoren werden sie gern und häufig als Beurteilungsinstrument genutzt. Aber während 82,3 Prozent der öffentlichen
     Hochschulen ihre Zulassungsentscheidung daran orientieren, tun das nur 70,5 Prozent der privaten, weil sie der Schullaufbahn
     und dem Profil der Schule mehr Beachtung schenken. Man kann dies als ein Indiz dafür nehmen, dass öffentliche Hochschulen
     stärker als die privaten auf nachgewiesene, objektivierte Leistungen abstellen.
    In dieser Statistik fehlen zwei Elemente, die jede renommierte
school
von ihren Bewerbern verlangt: Essays und Interviews. Die Essays müssen mal kürzer (250 Wörter) und mal länger sein (600 Wörter),
     entweder zu einem frei gewählten Thema (»Schildern Sie ein für Sie ganz wichtiges persönliches Erlebnis«) oder zu einer konkreten
     Frage Stellung nehmen (»Schreiben Sie einen Brief an Ihre(n) neue(n) Zimmergenossen/in im College und stellen Sie sich vor«).
     In Highschools und bei privaten

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