Traumfaenger
verschwunden«, bestätigte er. »Ich kann mich an gar nichts mehr erinnern, was mit ihr zu tun hat. Ich weiß nicht einmal, welche Haarfarbe sie hatte, oder wie sie sonst ausgesehen hat«, sagte er traurig. Mit einem Mal fühlte ich tiefes Mitleid mit ihm und Bedauern über seinen Verlust. Ich legte meine Hand auf seinen Arm und flüsterte:
»Das tut mir leid.« Er sah auf und zwang sich zu einem Lächeln, das jedoch seine Augen nicht erreichte.
»Muss es nicht, denn es war ganz allein meine Entscheidung, ihm diesen Preis zu zahlen«, entgegnete er und legte seine Hand auf die meine.
Ich dachte kurz darüber nach, welchen Preis ich bereit war, zu zahlen. Ich konnte mir nicht vorstellen, plötzlich keine Erinnerungen mehr an meine Eltern zu haben. Andererseits ging es um Emmas Leben und das wog schwerer, als eine Erinnerung, auch wenn sie noch so wichtig für mich war.
»Ich muss meine Schwester hier herausholen, und wenn Needle eine solche Erinnerung von mir fordert, dann werde ich seinen Preis bezahlen«, gab ich mit entschlossenem Tonfall bekannt.
»Zuerst einmal werde ich zu ihm gehen und mit ihm reden, danach werden wir weitersehen«, entschied Matt.
»Wieso musst du zu ihm gehen? Brich doch eines deiner Holzstäbchen, damit er hier erscheint«, widersprach ich.
»Das ist leider nicht möglich«, mischte sich Ingrid ein. Ich sah irritiert zu ihr. »Ich habe diesen gehässigen, kleinen Dreckskerl von Kobold aus meinem Wald verbannt. Es ist ihm also nicht möglich, hier zu erscheinen«, informierte sie mich.
»Aber wieso?«
»Persönliche Differenzen«, war alles, was sie sagte. Ich wandte mich wieder zu Matt um.
»Dann gehen wir eben zu ihm, wenn es sein muss«, entschied ich resolut. Matt schüttelte den Kopf.
»Ich werde zu ihm gehen und du bleibst hier bei Ingrid.« Es klang endgültig, als dulde er keine Widerrede.
»Warum soll ich nicht mitkommen?«, wollte ich wissen und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust.
»Weil ich ohne dich schneller dort sein werde. Ich kenne den Weg und du würdest mich nur aufhalten«, erklärte er barsch. Autsch, das hatte gesessen. Auch er schien zu begreifen, dass seine Worte mich verletzt hatten. Schnell rutschte er mit seinem Stuhl zu mir und nahm mich in die Arme. »Entschuldige. Was ich eben gesagt habe, war gemein und ich habe es auch nicht wirklich so gemeint. Aber ich bin wirklich schneller, da ich den Weg kenne. Außerdem solltest du deinem Knöchel etwas Ruhe gönnen«, versuchte er einzulenken. Ich wusste, dass Matt recht hatte. Die letzten Stunden waren eine echte Qual für mich gewesen und ich sollte meinen Fuß wirklich etwas schonen.
»Wie lange wirst du fortbleiben?«, wollte ich wissen. Der Gedanke, dass er da draußen alleine unterwegs sein würde, gefiel mir nicht. Außerdem würde ich ihn vermissen.
»Wenn ich mich bald auf den Weg mache, bin ich morgen früh wieder hier.« Ich war hin und her gerissen. Einerseits wollte ich Matt nicht alleine lassen, aber auf der anderen Seite glaubte ich nicht, dass ich mit meinem angeschlagenen Knöchel sehr weit kommen würde.
»Während Matt unterwegs ist, werde ich mich um deinen Fuß kümmern«, versprach Ingrid und schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. »Meine Kräuter wirken wahre Wunder. Bis der Morgen anbricht, wirst du keine Schmerzen mehr haben, das verspreche ich dir.«
Unschlüssig saß ich da und wusste nicht recht, ob ich zustimmen sollte oder nicht. Zaghaft überprüfte ich meinen Knöchel, indem ich einige kreisende Bewegungen mit dem Fuß machte. Ein stechender Schmerz schoss mein gesamtes Bein nach oben und ich verzog das Gesicht.
»Siehst du jetzt ein, dass es besser ist, wenn ich alleine gehe?«, wollte Matt wissen, dem mein kleiner Gelenk-Check nicht entgangen war. Ich seufzte und nickte widerwillig. Zufrieden grinsend strich er mir über die Wange. »Na also.«
»Aber du versprichst mir, dass du vorsichtig bist und wieder heil zurückkommst«, forderte ich.
»Natürlich, ich verspreche es. Schließlich kenne ich den Weg und weiß, worauf ich zu achten habe. Vielleicht schaffe ich es auch schon in der Nacht zurückzukommen, je nachdem, wie lange ich mich mit Needle unterhalten muss. Bis zur Morgendämmerung bin ich aber auf jeden Fall wieder zurück«, versicherte er und küsste mich sehr lange.
Erst bei Ingrids plötzlichem und sehr heftigem Hustenanfall, ließen wir kichernd voneinander ab.
»Du solltest dich bald auf den Weg machen, wenn du dein Versprechen, bis
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