Traumfaenger
vor uns.
»Ingrid hat hier überall Feuerfallen aufgestellt, um die Seelenfresser fernzuhalten«, erklärte er sachlich. Ich suchte den Boden mit meinen Augen ab, konnte jedoch nichts Ungewöhnliches finden. Aber das war ja der Sinn von Fallen, dass man sie nicht auf den ersten Blick erkannte.
»Und wie kommen wir jetzt zu ihr?« Matt nahm zwei Finger zwischen die Lippen und ließ einen ohrenbetäubend lauten Pfiff los. Kurz darauf öffnete sich die Tür und eine schlanke, dunkelhaarige Frau trat heraus. Soweit ich erkennen konnte, trug sie ein langes Kleid und hatte sich eine Schürze umgebunden.
Sie wirkte wie eine Frau aus einem längst vergangenen Jahrhundert. Als sie Matt erkannte, begann sie wild zu winken und kam in einem seltsamen Zickzack-Kurs auf uns zugeeilt. Ich nahm an, dass sie genau wusste, wo sie Fallen gelegt hatte und diese nun geschickt umging.
Kurz bevor sie uns erreicht hatte, breitete sie die Arme zum Willkommensgruß aus und fiel Matt stürmisch um den Hals. Er hob Ingrid hoch und wirbelte sie lachend im Kreis herum.
»Wie schön zu sehen, dass du wohlauf bist«, flötete sie und drückte Matt einen lautstarken Kuss auf die Wange. Ich nutzte die Zeit, um mir die Waldfee genauer zu betrachten. Sie war etwas kleiner als ich und hatte ihr dunkles Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Matt ließ sie wieder zu Boden und Ingrid drehte sich zu mir.
»Wer ist deine Freundin?«, fragte sie Matt, ohne den Blick von mir abzuwenden.
»Das ist Kylie«, stellte er mich vor. Die Waldfee reichte mir die Hand und schenkte mir ein freundliches Lächeln.
»Hallo«, sagte ich etwas schüchtern.
»Es freut mich, dich kennenzulernen, Kylie«, entgegnete sie und zog mich spontan in eine Umarmung.
»Können wir bis morgen bei dir bleiben?«, erkundigte sich Matt. Ingrid wandte den Kopf zu ihm.
»Aber natürlich. Bleibt, solange ihr wollt.« Sie warf einen Blick in den Wald und eine kleine Falte entstand auf ihrer Stirn. »Wir sollten ins Haus gehen, dort sind wir sicherer als hier draußen. In letzter Zeit treiben sich hier mehr Seelenfresser herum als sonst«, entschied sie, griff meine Hand und zog mich mit sich. Matt war direkt hinter mir und flüsterte mir ins Ohr.
»Achte darauf, dass du in ihrer Spur bleibst und genau dorthin trittst, wo sie gegangen ist«, wies er mich an.
»Ist gut«, antwortete ich und folgte Ingrid. Hochkonzentriert setzte ich meine Füße dorthin, wo auch sie aufgetreten war.
»Willkommen in meinem bescheidenen Heim.« Die Waldfee bat mich in ihr kleines, aber sehr gemütlich wirkendes Zuhause. Staunend sah ich mich um. Eine Wand bestand aus einem einzigen, großen Bücherregal, das bis auf den letzten Zentimeter mit bunten Schriften bestückt war. An einer anderen stand eine gemütliche Couch und zwei recht ramponiert aussehende Ohrensessel. Direkt unter einem großen Fenster war eine Arbeitsplatte angebracht und direkt daneben stand ein alter Holzofen, auf dem etwas in einem großen, schwarzen Topf vor sich hinköchelte.
»Ich dachte, hier muss man nichts essen«, sagte ich leise zu Matt. Bevor er etwas darauf erwidern konnte, sagte Ingrid:
»Ich brauche keine Nahrung. Das ist ein Pflanzensud, der sehr hilfreich ist, um ungebetene Gäste abzuwehren«, informierte sie mich und deutete auf den Topf. »Setzt euch und erzählt mir von euren Plänen«, forderte sie Matt und mich auf. Wir nahmen an dem massiven Holztisch Platz, der mitten im Raum stand und Matt berichtete ihr alles, was wir erlebt hatten. Als er mit seinen Ausführungen bei den Feuerwölfen angekommen war, sah Ingrid mich erstaunt an und nickte dann anerkennend.
»Ein wirklich guter Einfall, die Feuerwölfe zu beruhigen, indem du ihnen gezeigt hast, dass auch du die Flammen beherrschst.« Sie richtete ihren Blick auf Matt und wurde plötzlich sehr ernst. »Und was habt ihr als Nächstes vor?«
»Wir werden uns morgen auf den Weg machen, um das Haus zu finden«, verriet er. Ingrids Augen wurden groß.
»Hast du vergessen, dass du bei deinem letzten Versuch fast gescheitert bist?« Ich sah fragend zu Matt, der nun sichtlich unruhig auf seinem Stuhl hin und her rutschte.
»Diesmal wird es mir gelingen«, sagte er fast ein wenig trotzig. Ingrid musterte ihn sehr lange, dann atmete sie lautstark aus.
»Dir muss doch klar sein, dass du nicht ohne Needles Hilfe über den See kommst und wenn du ihn darum bittest, wird er einen verdammt hohen Preis verlangen. Ist es dir das wert?« Ich sah verwirrt von Ingrid zu
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