Traumfaenger
morgen früh zurückzukommen, einhalten willst«, warnte sie Matt.
Matt packte einige Dinge in den kleinen Rucksack, den er mitnehmen wollte. Unter anderem handelte es sich dabei um die Fackeln. Ingrid machte sich unterdessen an einem ihrer Schränke zu schaffen und wühlte lautstark darin herum. Als sie gefunden hatte, was sie suchte, kam sie zu uns und reichte Matt fünf kleine Säckchen.
»Anzünden und werfen«, beschrieb sie knapp, was er damit tun sollte. »Das lenkt die Seelenfresser für eine ganze Zeit ab.« Matt nahm die kleinen Beutel dankend entgegen und verstaute sie in einer der äußeren Taschen. Er deutete auf den großen Rucksack, der am anderen Ende des Zimmers in einer Ecke lehnte.
»Kylie, wärst du bitte so lieb und würdest mir noch zwei Feuerzeuge bringen?«, bat er mich. Ich humpelte hinüber und begann die Schnüre zu lösen, als ich Matt und Ingrid leise tuscheln hörte. Ich verstand nicht alles, was sie sagten, sondern nur Bruchstücke.
»Falls … Seelenfresser … nach Hause ... ein schwarzes Kreuz … ihren Unterarm«, hörte ich Matt sagen. Ingrid nickte immer wieder zustimmend.
»Hey, was redet ihr da?«, rief ich und sah die beiden argwöhnisch an.
Matt grinste und wackelte belustigt mit den Augenbrauen.
»Du musst nicht alles wissen, Süße«, gab er zurück und warf mir eine Kusshand zu.
Matt war mittlerweile seit einigen Stunden unterwegs und draußen war es bereits dunkel. Ich saß in einem der Ohrensessel und mein verletzter Fuß lag auf einem Schemel vor mir.
Ingrid hatte mir einen Kräuterumschlag um meinen Knöchel gewickelt, der abartig stank, aber wirklich guttat. Nun saß ich da und beobachtete die Waldfee dabei, wie sie Kräuter schnitt und anschließend in diversen Schälchen verteilte.
Hätte Matt mir nicht erzählt, dass sie ein Traumgebilde war, hätte ich angenommen, Ingrid wäre ein ganz normaler Mensch. Sie hatte so gar nichts Feenhaftes an sich. Jedenfalls keine der Eigenschaften, die ich aus Märchen und den Erzählungen meiner Großmutter kannte. Ingrid hatte weder spitze Ohren noch ragten aus ihrem Rücken kleine Flügel heraus. Ich weiß nicht, wie ich mir eine Waldfee vorgestellt hatte, aber so ganz gewiss nicht. Sie sah einfach aus wie eine junge, hübsche Frau.
Die anfängliche Eifersucht, die ich verspürt hatte, als Matt von Ingrid erzählt hatte, war auch verflogen. Ich war mir sicher, dass er keinerlei Gefühle für sie hegte, jedenfalls nicht die, die ich angenommen hatte. Ingrid schien für Matt wie eine Schwester zu sein und damit konnte ich gut leben. Mir selbst musste ich eingestehen, dass ich sie auf Anhieb sympathisch gefunden hatte.
»Wie habt ihr beide euch kennengelernt?«, erkundigte ich mich neugierig. Ingrid sah auf.
»Wann genau es war, weiß ich nicht mehr, aber es ist schon einige Monate her. Matt war umhergeirrt und stand irgendwann vor meiner Tür. Es war pures Glück, dass er unbeschadet an den Feuerfallen vorbeigekommen ist. Für mich war das ein Hinweis von Mutter Natur, dass ich ihm helfen sollte, was ich auch getan habe. Er blieb einige Tage hier, in denen ich ihn wieder aufgepäppelt habe. Außerdem erzählte ich ihm alles, was ich über diese Welt weiß«, sagte sie.
»Und du bist ganz alleine hier? Gibt es keinen ...«, ich suchte nach der passenden Bezeichnung, doch ich fand keine. »Gibt es keinen Feenmann, oder so?« Ingrid lachte schallend.
»Nein, es gibt keinen Feenmann, jedenfalls nicht in meinem Leben. Aber ich liebe es, allein zu sein. Für einen Mann wäre kein Platz an meiner Seite«, informierte sie mich. Unsere Blicke trafen sich und sie musterte mich eingehend.
»Du liebst Matt, nicht wahr?«, fragte sie geradeheraus. Ich errötete, nickte aber zustimmend.
»Wenn man nach so kurzer Zeit von Liebe sprechen kann, dann ja«, gab ich zu.
»Liebe ist an keine Zeit gebunden«, bemerkte sie. »Es gibt die Liebe auf den ersten Blick, wo man sofort weiß, dass man sein Herz an einen anderen verloren hat und es gibt die Liebe, die erst mit der Zeit wächst. So wie es scheint, trifft bei euch beiden wohl Ersteres zu«, stellte sie lächelnd fest. Wieder nickte ich zustimmend und bemerkte, wie mein Herzschlag sich beschleunigte, als ich an Matt denken musste.
»Wir haben uns unter sehr seltsamen Umständen kennengelernt und in der kurzen Zeit, die wir miteinander verbracht haben, schon viel durchgestanden. Matt ist sehr wichtig für mich und ich kann es kaum erwarten, dass wir den Ausgang finden
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