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Traumfänger

Traumfänger

Titel: Traumfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
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Blättern die Stammesmitglieder Öle zur Behandlung von bakteriellen Erkrankungen gewannen. Die Substanzen wirkten adstringierend und befreiten den menschlichen Körper von Infektionen und Parasiten. Latex, eine Flüssigkeit, die in einigen Pflanzenstengeln und Blättern vorkommt, eignet sich gut zur Entfernung von Warzen, Hühneraugen und Hautschwielen. Die Aborigines verfügen sogar über Alkaloide wie zum Beispiel Chinin. Heilkräftige Pflanzen werden gepreßt und so lange in Wasser eingeweicht, bis die Flüssigkeit eine andere Farbe annimmt. Dann wird die Essenz auf Brust und Rücken des Kranken gerieben oder erhitzt und als Dampf eingeatmet. Sie wirkt blutreinigend, stimuliert die Lymphknoten und stärkt das Immunsystem. Es gibt einen kleinen Baum, ähnlich einer Weide, der viele Eigenschaften des Aspirins hat. Aus seiner Rinde gewinnt man einen Stoff, der bei inneren Beschwerden genommen und auch als Schmerzmittel bei Verstauchungen oder Brüchen, bei leichteren Muskel- und Gelenkbeschwerden und bei Hautverletzungen eingesetzt wird. Wieder andere Baumrinden finden bei Durchfallerkrankungen Verwendung. Hustensaft wird hergestellt, indem man das Harz bestimmter Bäume in Wasser auflöst.
    Insgesamt war aber gerade dieser Ureinwohner-Stamm ausgesprochen gesund. Später habe ich herausgefunden, daß einige der Blütenblätter, die sie regelmäßig aßen, Typhus-Bakterien bekämpften. Ich fragte mich, ob auf diesem Weg auch ihr Immunsystem angeregt wurde, ähnlich wie man es bei uns durch Impfungen versucht. Ich weiß, daß der australische Bovist, ein großer Pilz, Calvazin enthält, eine Substanz, deren krebsbekämpfende Wirkung gerade erforscht wird. Außerdem kommt in einer der von den Aborigines verwendeten Baumrinden Akronyzin vor, eine weitere Substanz zur Behandlung von Tumoren.
    Schon vor Jahrhunderten entdeckten sie die seltsamen Eigenschaften des wilden Känguruhapfels. In der modernen Medizin wird er zur Gewinnung des Steroids Solasodine benutzt, das man in Antibabypillen findet. Die »Wahren Menschen«, so erklärte es mir der Älteste, sind der Meinung, daß neues Leben willkommen geheißen, geliebt und geplant werden will.
    Seit Anbeginn der Zeiten war die Schaffung neuen Lebens für sie ein bewußter und kreativer Akt. Wenn ein Baby geboren wurde, bedeutete dies, daß einer verwandten Seele ein irdischer Körper gegeben wurde.
    Anders als in unserer Gesellschaft erwartet man dabei nicht unbedingt, daß diese Körper makellos sind. Es ist der unsichtbare Edelstein im Inneren, der makellos ist. Im gemeinsamen Streben aller Seelen zur Vollkommenheit ist er es, der Hilfe gibt und empfängt.
    Beteten die Aborigines, und zwar in unserer Form des Bittgebets, so glaube ich, würden sie dies sicher für das ungeliebte und nicht für das abgetriebene Kind tun. Alle Seelen, welche die Erfahrung menschlicher Existenz durchleben wollen, werden willkommen geheißen - wenn nicht von einem Elternpaar und den dann herrschenden Umständen, dann von einem anderen zu einem anderen Zeitpunkt. Der Älteste vertraute mir an, daß er die sexuelle Freizügigkeit, wie man sie bei einigen Stämmen vorfand, für einen der größten Rückschritte der Menschheit überhaupt hielt.
    Die Stammesmitglieder glauben, daß der Fötus erst dann beseelt ist, wenn er die Welt durch Bewegungen auf sich aufmerksam macht. Ein totgeborenes Kind ist für sie ein Körper, der nie eine Seele beherbergt hat.

    Die »Wahren Menschen« kennen auch eine wilde Tabakpflanze. Zu besonderen Gelegenheiten rauchen sie ihre Blätter in einer Pfeife. Weil der Tabak aber eher selten ist, Euphoriegefühle hervorrufen und süchtig machen kann, benutzen sie ihn wie eine wertvolle, einzigartige Substanz. Er wird symbolisch bei der Begrüßung von Besuchern und beim Eröffnen von Versammlungen eingesetzt. Ihr respektvoller Umgang mit der Tabakpflanze erinnerte mich an die Traditionen der Ureinwohner Amerikas.
    Meine Freunde sprachen oft davon, daß die Erde, auf der wir gingen, aus dem Staub unserer Ahnen bestünde. Für sie gibt es keinen Tod, sondern nur Veränderung. Sie erklärten mir, daß der menschliche Körper wieder zu Erde wird, um den Pflanzen Nahrung zu spenden, die wiederum dem Menschen das Atmen ermöglichten. Anders als den meisten meiner amerikanischen Bekannten war ihnen ausgesprochen bewußt, wie wichtig und wertvoll das Sauerstoffmolekül für alles Leben auf der Welt ist.
    Die Angehörigen des Stamms der »Wahren Menschen« verfügen über

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