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Traumfänger

Traumfänger

Titel: Traumfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
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nicht einmal die Knochen. Aber mein Volk respektiert dein Volk. Wir segnen diesen Ort, und wir werden zu besseren Menschen, weil wir diesen Weg genommen haben und hier vorbeigekommen sind.«
    An diesem Nachmittag machte ich mir Gedanken über das Nachdenken - ich dachte über mich selbst nach und ging durch die Bruchstücke meiner Vergangenheit. Es war keine schöne Arbeit, sondern bedrohlich und sogar gefährlich. Es gab so viele alte Gewohnheiten und Überzeugungen, die ich mit den Schwertern des heimlichen Eigennutzes verteidigt hatte. Wäre ich stehengeblieben, um ein jüdisches oder buddhistisches Grab wiederherzurichten? Ich dachte daran, wie ich mich einmal fürchterlich über einen Verkehrsstau aufgeregt hatte, der von Menschen verursacht wurde, die aus einem Tempel kamen. Würde es mir von nun an gelingen, in mir zu ruhen, andere nicht zu verurteilen, ja, sie mit meinem Segen ihren Weg gehen zu lassen?
    Langsam begann ich etwas zu verstehen: Wir geben zwar automatisch jedem Menschen etwas, dem wir begegnen, aber wir überlegen sehr genau, was wir ihm geben. Wir haben eine ganz bestimmte Vorstellung von unserem Leben, und unsere Handlungen und Worte müssen den dafür notwendigen Hintergrund bilden.
    Plötzlich spürte ich einen Windstoß. Die Luft leckte an meinem Körper, kratzte wie eine Katzenzunge über meine sowieso schon arg mitgenommene Haut. Es dauerte nur wenige Sekunden, doch irgendwie wußte ich, daß es mir zwar nicht leichtfallen würde, Werte und Traditionen dieses Volkes zu respektieren, die ich weder verstand noch gutheißen konnte. Dennoch würde ich ungeheuer davon profitieren, wenn es mir gelänge.
    In dieser Nacht stand ein voller Mond am Himmel, und wir versammelten uns um die Feuerstelle. Ein orangefarbener Schimmer lag auf unseren Gesichtern, als unser Gespräch sich dem Thema Essen zuwandte.
    Sie fragten mich viele Dinge, und ich beantwortete ihre Fragen so gut ich nur konnte, wobei sie wie gebannt an meinen Lippen hingen. Ich erzählte ihnen von Äpfeln und daß wir mehrere Sorten züchteten, erklärte ihnen, wie wir Apfelmus und Mutters guten alten Apfelkuchen machten. Sie versprachen, wilde Äpfel für mich zu suchen, damit ich sie probieren konnte. Ich erfuhr, daß die »Wahren Menschen« eigentlich überzeugte Vegetarier waren. Viele Jahrhunderte lang hatten sie von wild wachsenden Früchten, Yamswurzeln, Beeren, Nüssen und Samen gelebt.
    Manchmal aßen sie auch Fisch oder Eier, aber nur, wenn sich ihnen diese Nahrungsmittel direkt präsentierten, um ihren Daseinszweck zu erfüllen, Teil des Aborigine-Körpers zu werden. Sie versuchen alles zu meiden, was ein »Gesicht« hat. Schon immer haben sie Korn zu Mehl verarbeitet, aber erst als sie von der Küste ins Landesinnere verjagt wurden, waren sie gezwungen, auch Fleisch zu essen.
    Ich beschrieb ihnen, wie es in einem Restaurant aussieht und wie man dort das Essen auf hübsch dekorierten Tellern serviert bekommt. Und ich erwähnte, daß es so etwas wie Soße gibt. Das fanden sie verwirrend. Warum sollte man Fleisch mit einer Soße bedecken? Also beschloß ich, es ihnen vorzuführen.
    Natürlich gab es keinen passenden Topf. Unsere Mahlzeiten hatten meist aus mundgerechten Fleischbissen bestanden, die in den Sand gelegt wurden, nachdem man die Kohlen an der Seite aufgeschichtet hatte. Manchmal wurde das Fleisch auch auf Spieße gesteckt, die von zwei Pfosten gehalten wurden. Hin und wieder kochten sie auch eine Art Eintopf aus Fleisch, Gemüse, Kräutern und dem wertvollen Wasser.
    Als ich mich suchend umschaute, fand ich ein glattes, haarloses Schlafleder, und mit Hilfe der Näherin, die immer einen Beutel mit Sehnen und Nadeln aus Knochen um den Hals trug, gelang es mir, das Leder mit Rändern zu versehen. In der Mitte des so entstandenen Gefäßes schmolz ich etwas Tierfett, und als es flüssig geworden war, fügte ich etwas von dem feinen Puder hinzu, das sie zuvor gemahlen hatten. Als nächstes kam etwas Salzgras dazu, dann der gestoßene Samen einer scharfen Paprika und schließlich Wasser.
    Als sich die Flüssigkeit verdickte, goß ich sie über die Fleischstückchen, die schon zum Abendessen auf der Speisekarte gestanden hatten. Sie stammten von einer eigenartigen Kreatur, die sie »Halskrauseneidechse«
    nannten. Die Soße rief bei allen, die sie probierten, einen bislang ungesehenen Gesichtsausdruck und erstaunte Kommentare hervor, aber sie waren alle sehr taktvoll. Ich erinnerte mich an eine Situation, die mehr als

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