Traumfrau ahoi: Roman (German Edition)
darauf gewartet, dass mein Vater nach Hause kam und mit mir angeln oder ins Kino ging oder auch nur mit mir vor dem Fernseher saß. Aber dazu kam es nie. Er hat immer große Versprechungen
über Dinge gemacht, die wir eines Tages zusammen unternehmen würden, und das Seltsame war, dass ich ihm immer geglaubt habe. Egal, wie oft er sein Versprechen gebrochen hat, was zu neunundneunzig Prozent der Fall war.«
Plötzlich tat es Lola Leid, dass sie ihn pervers genannt hatte, und sie legte ihm die Hand auf die Schulter. »Entschuldige, Max.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Du hast gefragt, und ich habe dir geantwortet. Ich könnte dir Hunderte solcher Geschichten erzählen. Und jede wäre noch ein bisschen trauriger als die vorige.«
»Ich glaube, du wärst ein wunderbarer Vater. Der beste überhaupt. Ein Vater, der einem Kind das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit geben könnte.«
Er sah auf ihre Hand und ließ dann den Blick an ihrem Arm hinauf bis zu ihrem Gesicht wandern. »Willst du mir etwas Bestimmtes damit sagen?«
Lola brauchte einen Moment, um zu verstehen, was er damit meinte. »Nein. Nein! Ich habe dir doch gesagt, dass ich eine Spirale trage.«
»Hast du deine Regel schon gehabt?«
Nun ja, auf alle Fälle war er nicht prüde. Sie nahm die Hand von seiner Schulter. »Ja, ein paar Tage nach meiner Rückkehr.«
»Dem Himmel sei Dank!«
Seine Erleichterung war so offensichtlich, so greifbar, dass Lola sich fühlte, als hätte ihr jemand eine Ohrfeige verpasst. Im Augenblick war zwar überhaupt nicht der richtige Zeitpunkt für ein Baby, aber trotzdem musste er sich nicht unbedingt benehmen, als wäre er gerade noch mal davongekommen. »Du brauchst nicht so zu tun, als wäre ein Kind schlimmer als der Tod.« Sie verschränkte die Arme und blickte aus dem Fenster, vor dem die üppigen Wälder und die Autos vorbeiglitten. »So schlecht bin ich nun auch wieder nicht.«
»Du bist überhaupt nicht schlecht.«
»Wow, danke schön.«
Max lenkte den Jeep in die Zufahrt eines Backsteinhauses, reichte über seinen Kopf und betätigte die Taste, mit der sich das Garagentor öffnen ließ. Licht strahlte aus allen Fenstern im Erdgeschoss und im ersten Stock auf der Vorderseite des Hauses, sodass es aussah, als wäre jemand zu Hause.
»Hast du immer noch vor, morgen Mittag nach Hause zu fliegen?«, fragte Max, als sich das Garagentor hinter ihnen schloss.
»Ja.«
Er nahm ihren Koffer und seinen Rucksack vom Rücksitz, und Lola folgte ihm ein paar Stufen hinauf und durch die dunkle Küche. Durch ein Fenster über der Spüle fiel Licht herein, und sie erkannte vage Tapeten und abgetretenes Linoleum, bevor Max sie einen engen Flur entlang zum Vorderzimmer führte. Die dunkelbraunen Samtvorhänge waren zugezogen, und in der Hängelampe aus schwerem roséfarbenem Glas unter der Decke brannte eine einzelne Glühbirne. Der Holzfußboden war offenbar erst kürzlich frisch abgezogen, aber die Wände waren noch zur Hälfte mit der rotgoldenen Brokattapete bedeckt, sodass die neuen, blau und beige gestreiften Möbel und die Eichentische seltsam fehl am Platze in dem halb fertigen Raum wirkten.
»Mach es dir bequem«, sagte Max und ging vor einem Holzofen in die Knie, der in den ursprünglichen Kamin eingebaut war. Lola beschloss, sich neben ihn zu knien, während er das Kleinholz anzündete. Innerhalb weniger Minuten hatte er ein prasselndes Feuer entfacht, und gemeinsam speisten sie die Flammen mit allem, was sie aus Sams Haus entwendet hatten.
Max reichte Lola die Fotos, die ihr so großen Kummer bereitet hatten, und sie warf eines nach dem anderen ins Feuer. Jedes Rauchfähnchen, das von den Fotos und den Negativen
aufstieg, schien zehn Pfund von der Last auf ihren Schultern abzutragen. Sie war frei. Endlich. Dank Max.
Max schloss die Ofentür. Kein Mann hatte je so viel für Lola riskiert, und sie fragte sich, wie sie das jemals wieder gutmachen sollte. »Du hast mir nie gesagt, wie ich dich für das, was du heute Nacht für mich getan hast, entschädigen kann.«
»Mach dir keine Gedanken darüber.« Er stand auf und half ihr auf die Füße. »Du bist mir nichts schuldig. Nach der heutigen Nacht wirst du mich endlich los.«
Ihn loswerden? Der Gedanke, dass sie Max nie wieder sehen sollte, schnürte ihr die Brust zusammen, und erst als seine Worte in ihr Herz stachen, wurde ihr klar, dass sie sich irgendwann in der Zeit zwischen dem Kuss im Foggy Bottom und jetzt unsterblich in ihn verliebt hatte.
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