Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen
sind ein Idiot, das Gleiche mit mir zu tun.«
»Aber das habe ich nicht! Wir sind doch hier, oder nicht? Was würde Miss Temple sonst wollen?«
»Und heute mit diesem Kobold von einem Doktor?«
»Was erwarten Sie? Wenn ich eine Rolle …«
»Sie sind ein Lügner.«
»Bin ich nicht!« Pfaff seufzte wie eine Schauspielerin, die sich auf eine Gesangseinlage vorbereitet. »Wie kann ich Sie nur überzeugen?«
»Sie haben die Contessa vom Fluss bis zur Seventh Bridge verfolgt – Sie haben sich ihr angeboten, sie hat Sie in Dienst genommen …«
»Das glaubt sie nur.«
»Und was glauben Sie , Jack? Dass Sie Ihren eigenen Weg finden werden? Gegen Robert Vandaariff? Gegen sie ?«
Bei seinem schroffen Ton wurde Pfaff kühl. Wo Pfaffs Loyalitäten auch liegen mochten, Eifersucht war eine Barriere, die er nie überwinden würde. Chang probierte es auf andere Weise. »Zwei Ihrer Männer, die von Miss Temple angeheuert wurden, sind in Harschmort verschwunden. Einer von ihnen ist auf dem St. Isobel’s Square gestorben, weil er eine Sprengweste getragen hat – vielleicht wurde der andere ja bei der Kathedrale in Stücke gerissen. Vandaariff hat Harschmort in eine Festung verwandelt. Offensichtlich glaubt Bronque, dass er sich mit seinen Männern gewaltsam Zugang verschaffen kann.«
Pfaff machte eine wegwerfende Kopfbewegung. » Bronque.«
Chang war sich schmerzlich bewusst, dass die Zeit drängte. »Jack, wir sind in ein paar Minuten in Packington.«
Pfaff warf ein wissendes Lächeln auf Downie, der seinen Blick gesenkt hielt, und nickte dann, als habe er mit der Verzögerung seinen Standpunkt klargemacht. »Stimmt. Sie sind gegen Miss Temple ausgetauscht worden, weil er wusste, dass die Contessa Miss Temple beschützen würde und er eine weitere Chance erhielte, die beiden zu bekommen.«
»Aber warum sollte die Contessa Miss Temple beschützen?«
»Warum spielen Katzen mit Mäusen, bevor sie sie fressen?«
»Haben Sie das aus einem Theaterstück?« Ungeduld klang in seinen Worten mit. Chang hätte Pfaff am liebsten niedergestreckt und mit Fußtritten bearbeitet, doch konnte der Auftrag, den Pfaff von der Contessa erhalten hatte, entscheidend für Miss Temples Überleben sein. Chang steckte zwischen Gegnern fest, über die er keine Kontrolle hatte.
Und was hatte Chang, um es mit ihnen aufzunehmen? Seine eigene Stärke. Troostes Kenntnisse, die Hoffnung, dass Gorine Mrs. Kraft zur Vernunft bringen konnte – oder Mahmoud –, und die Intelligenz von Cunsher, jeden an den richtigen Platz zu stellen, wenn ihre Fähigkeiten womöglich entscheidend waren. Doch jeder feindliche Pfeil, der Richtung Harschmort flog, musste weiterfliegen dürfen, wenn es eine Chance geben sollte, Vandaariff und sein Werk zu zerstören.
Dass ihn die Mühe das Leben kosten konnte, akzeptierte Chang, was einen solchen Anfall von Reue und Bedauern auslöste, dass er, der noch immer Pfaff in dem schwankenden kleinen Waggon gegenüberstand, die Augen schloss und seufzte. Welche unmöglichen Ideen ihm heute im Laufe des Tages auch gekommen sein mochten, sie würden genau das bleiben – Hirngespinste, Träume.
»Hören Sie zu«, wiederholte er. »Egal, welchen Auftrag Sie haben – oder was Sie bei sich haben oder auf ihr Geheiß hin tun sollen –, es ist mir völlig gleichgültig. Ich werde Sie nicht daran hindern …«
»Nein, allerdings nicht«, gab Pfaff entschlossen zurück.
»Aber wenn Sie Celeste etwas tun, Jack, werde ich Sie töten. Ich werde nicht rasten und ruhen, bevor ich es getan habe.«
» Celeste , tatsächlich?« Pfaff begegnete Changs unerbittlichem Blick. »Nun, Sie sind erledigt. Jeder weiß es.«
»Vielleicht.« Changs Stimme war leise. »Aber ich habe das Gemälde gesehen, Jack. Er wird Celeste töten. Und die Contessa ebenfalls, was sie auch glaubt.«
Chang öffnete die Tür und rief dann über das Rattern der Räder hinweg, wobei ihn Pfaff – und seltsamerweise auch Downie – mit ängstlicher Erwartung anblickten: »Er wird uns alle töten.«
Im Gang waren keine Soldaten. Chang ging rechtzeitig an Mrs. Krafts Abteil vorbei, um das Pfeifen zu hören. Packington Station. Der Bahnsteig war so überfüllt wie in Crampton Place, jedoch war die vordere Reihe mitternachtsblau: Bronques Grenadiere.
Der Zug blieb mit einem mächtigen Zischen stehen. Chang sprang hinaus und rollte unter den Wagen. Er zog sich zu den gekreuzten Stahlstreben hoch und schwang seine Füße darüber. Die Hüfte stützte er auf den
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