Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen
Sie sich. Wenn ich nicht zurückkomme, schlagen Sie sich irgendwie durch.«
»Und Pfaff?« Cunsher reichte Gorine das Bajonett eines Grenadiers.
»Er behauptet, noch immer für Miss Temple tätig zu sein.«
Cunsher kaute mit den Vorderzähnen auf seinem Schnauzbart. »Die Nacht hält eine Menge Idioten bereit.«
Geduckt schlich sich Chang hinaus. Bronques Grenadiere standen in ordentlichen Reihen, davor Bronque und seine Adjutanten. Mrs. Kraft saß beim Fahrer, während Mahmoud und Kelling sich auf die Kisten setzten, wobei die Aufmerksamkeit aller auf eine elegante Kutsche gerichtet war, die gerade auf dem Hof vorfuhr.
Das Gesicht des Kutschers schwebte über seiner schwarzen Livree. Er saß allein auf seiner Sitzbank und lenkte einen Vierspänner in gemäßigtem Tempo. Ein Adjutant machte ihm Zeichen anzuhalten, und der Kutscher lenkte sein Gespann in einem Bogen so, dass die Kutsche direkt vor dem Adjutanten hielt und die Pferde in die Richtung blickten, aus der sie gekommen waren.
Zwei Grenadiere ergriffen das Zaumzeug der vorderen Pferde. Der Kutscher achtete nicht darauf und tippte sich, den Offizieren zugewandt, an den Schirm seiner schwarzen Mütze.
»Guten Abend, Sir! Sind Sie Colonel Bronque? Lord Vandaariff schickt mich. Er erwartet Sie.« Der Kutscher blickte mit einem entschuldigenden Lächeln zu den Reihen der Soldaten. »Natürlich nicht ganz so viele. In die Kutsche passen nur vier, Sir. Sechs, wenn Sie sich zusammenquetschen.«
Cunsher, der jetzt einen Karabiner trug, trat zu Chang, dicht gefolgt von den anderen. Chang erkannte die Logik – da alle ihre Blicke auf die Kutsche gerichtet hielten, war es Zeit, etwas zu unternehmen. Er winkte sie zu einem Gebüsch, das Schutz bot, folgte jedoch nicht gleich.
»Wenn Sie jetzt mitkommen«, fuhr der Kutscher fort, »erwartet Ihre Männer bei der Ankunft großzügig Proviant. Es ist ein Marsch von vielleicht zwei Meilen …«
»Ich weiß, wie weit es ist.« Bronque gestikulierte mit einem Paar dünner Lederhandschuhe – als würde ihre Weichheit seine Absichten zivilisierter erscheinen lassen. »Sie sind Lord Vandaariffs Diener – es wird Ihnen nichts passieren, und Sie werden nicht angeklagt – verstehen Sie, Sie werden nicht hängen –, wenn sie kooperieren.«
Dem Kutscher gefror das Lächeln auf dem Gesicht. »Ich bitte um Verzeihung …«
»Sie werden herabsteigen und sämtliche Sicherheitsvorkehrungen beschreiben, die Lord Vandaariff zum Schutz von Harschmort House getroffen hat. Wie viele Männer, ihre Positionen, welche Waffen …«
Der Kutscher blickte in die Runde, obwohl keine Hilfe in Sicht war, und stammelte: »Ich – ich versichere Ihnen, Sir, ich weiß nichts – nur Mr. Foison …«
»Und wo ist Mr. Foison?«
»Man hat mir gesagt, dass er bei Ihnen sei, und zwar zusammen mit Mr. Schoepfil …«
Bronque lächelte. »Eine doppelte Falschinformation. Kommen Sie, Sie haben Ihr Gespann durch Tore und an Wachposten vorbeigelenkt …«
»Aber Colonel – sind Sie Lord Roberts Feind ?«
Bronque gab einem Soldaten Zeichen, den Kutscher herunterzuholen, doch bevor der erste Grenadier zum Kutschbock hinaufklettern konnte, vollführte die Kutsche eine sanfte Bewegung. Ehe Chang begriff, was er sah, zückte der Kutscher eine Pistole, verpasste dem Grenadier zwei Kugeln und ließ wütend die Zügel schnalzen. Die Pferde setzten sich in Bewegung und traten nach ihren Aufpassern. Bronque begann zu rufen wie auch die Offiziere und Sergeanten. Die vordere Reihe Grenadiere legte an und zielte auf die davonfahrende Kutsche …
Chang war von der Einfachheit des Plans verblüfft. In dem Sekundenbruchteil, bevor er sich mit dem Gesicht nach unten zu Boden warf, erkannte er, dass die Blicke, die auf die Kutsche gerichtet waren, bedeuteten, dass niemand den Mann bemerkt hatte, der sich auf der anderen Seite befand – der Passagier, dessen Aussteigen das leichte Wippen der Kutsche, das Chang nicht entgangen war, verursacht hatte: ein Mann – zweifelsohne der letzte von Miss Temples vermissten Mietlingen –, dessen Oberkörper sich unter einem weiteren Sprenggürtel wölbte.
Der Passagier, der plötzlich auftauchte, als die Kutsche davonfuhr, stand keine zehn Meter vom inneren Kreis der dicht gedräng ten Grenadiere entfernt. Er griff mit beiden Händen in seinen Mantel. Erst dann, und viel zu spät, sah ihn Colonel Bronque, und sein Warnschrei ging in einem furchtbaren Getöse unter.
Chang taumelte zu dem Dornengestrüpp. Der gesamte
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