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Traumgespraeche

Titel: Traumgespraeche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Salhab , Bianca Jaeger
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Traumbruder. Aber Daniel möchte lieber darauf verzichten als den Preis dafür zu bezahlen. Er ist der Ansicht, dass man seine Individualität und persönliche Freiheit aufgeben muss, wenn man so von anderen umjubelt werden will. Und er ist davon überzeugt, dass nur perfekte Menschen von anderen bewundert werden.

    Daniels Vater konnte über das Traumgespräch also erfahren, wie Daniel über Leistung, Erfolg und Anerkennung denkt. In »normalen« Gesprächen dürfte es recht schwierig sein, zu ähnlichen Informationen über die Denkweise von Kindern zu kommen. Zum einen müssten wir sehr planvoll vorgehen und uns im Vorhinein genau über die Gesprächsziele klar sein. Zum anderen dürfte es Kindern recht schwerfallen, sich auf ein so nüchternes Gesprächsthema einzulassen. Kindgerechter und daher besser gelingt dies mit Hilfe von Traumfiguren. Man kann die Rolle wechseln, sich in die Gefühlswelt eines anderen hineinversetzen, sie wieder verlassen und Dinge aus der Distanz beschreiben. Das schafft zum einen ein spielerisches Gesprächsklima. Zum anderen können wir in der Regel offener über bestimmte Bedürfnisse und Überzeugungen sprechen, wenn wir sie nicht direkt als die eigenen erkennen. Im Fall von Daniel ist es der Musterknabe, der bewundert werden will. Für Daniel wäre es schwierig zuzugeben, dass er sich das auch manchmal wünscht. Wir lassen solche Erkenntnisse über unbefriedigte Bedürfnisse oft deshalb ungern an uns heran, weil wir dies als schmerzhaft oder peinlich empfinden.
    Bisher war Daniels Vater davon überzeugt, dass sein Sohn einfach nur ein bisschen faul ist, dass er könnte, wenn er nur wollte. Daniel soll sich zusammenreißen, dann gibt es keinen Anlass zur Kritik. Im Traumgespräch erfährt er viel mehr über seinen Sohn: Von Daniels Angst, sich nicht frei und unabhängig entfalten zu können, wenn er sich fremden Regeln und Normen unterwirft. Von seiner Überzeugung,
dass man perfekt sein muss, um von anderen anerkannt zu werden. Von Daniels Wunsch, um seiner selbst willen geliebt und beachtet zu werden und nicht, weil er bestimmte Leistungen erfüllt. Aus solchen Einsichten lässt sich viel machen: Eltern können über sich selbst nachdenken, in die eigene Vergangenheit zurückschauen und ihre Wertmaßstäbe überprüfen. Daniels Vater erkennt, dass sein Sohn nicht einfach nur zu bequem ist, um seine Hausaufgaben zu machen. Vielmehr ist diese Verweigerung für Daniel sinnvoll, denn gemachte Hausaufgaben würden ihn ja fast zu so etwas wie einem Musterknaben machen - für Daniel unvorstellbar. Wenn die Karten so offen auf dem Tisch liegen, heißt das natürlich noch nicht, dass damit auch das leidige Hausaufgabenthema erledigt ist. Aber mit diesem umfassenderen Verständnis für die verborgenen Motive erscheint der Konflikt in einem ganz neuen Licht. Nun lässt sich gemeinsam daran arbeiten, über sinnvolle und sinnlose Regeln sprechen. Man kann gemeinsam nachschauen, was unnötig einschränkt und über Bord geworfen werden sollte. Was unverzichtbar ist, und woran sich auch Daniel halten muss. Alles das entlastet und legt den Grundstein für positive Veränderungen.

Wenn Kinder Neuland erobern
    Wir leben viele Jahre mit unseren Kindern unter einem Dach und denken nur selten darüber nach, was sie in dieser Zeit leisten, um eines Tages ihr Leben
selbstständig zu meistern. Vielleicht ist uns bewusst, wie mühsam es sein kann, den Anschluss in bestimmten Schulfächern oder in der Berufsausbildung nicht zu verlieren. Seltener sind wir uns darüber im Klaren, was Kinder auf psychischem und sozialem Gebiet zu Wege bringen bis sie groß sind: Mit anderen Klarkommen, Zurückweisungen und Rückschläge hinnehmen, in der neuen Gruppe oder Schulklasse Anschluss finden, offen seine Meinung sagen und dazu stehen … Es gibt sicher noch mehr Beispiele, die zeigen, dass jedes Kind notwendige aber eben auch schmerzhafte Erfahrungen macht, bis es die nötigen Strategien besitzt, um solche Herausforderungen selbstsicher zu meistern. Selbstständig und unabhängig wird man vor allem dadurch, dass man immer wieder Freiräume auslotet, den Sprung ins Ungewisse wagt und dabei Vertrautes ein Stück weit hinter sich lässt. Schon das Krabbelkind möchte Neuland erobern und erkennt dabei, dass nicht beides gleichzeitig geht: Die wohlig-vertraute

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