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Traumgespraeche

Titel: Traumgespraeche
Autoren: Markus Salhab , Bianca Jaeger
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genauso erarbeiten wie das Fachwissen und Können, das wir in unserem Beruf brauchen. In der Arbeit mit Träumen geht es genau darum: Um die beachtliche Chance, wichtige Problemlösungskompetenzen zu entwickeln. Sehen wir uns das an einem Beispiel einmal genauer an. Eduard träumte:
    Jemand hat uns eine böse Fledermaus ins Haus geworfen. Die Fledermaus hat mich durchs Haus verfolgt. Ich bin die Treppen rauf und runter gerannt - die Fledermaus immer hinter mir her. Auf einmal hab ich mich umgedreht und die Fledermaus gepackt und ihr den Hals umgedreht. Die Fledermaus war böse, obwohl sie so ausgesehen hat wie
meine kleine Plastikfledermaus - klein, rundlich, lila mit grünen Augen und stummeligen Flügeln.
    Wir alle wissen, dass Beziehungen zu anderen problematisch werden können. Für Eduard ist es eine Fledermaus, die ihm im Traum das Leben schwermacht. Ein harmloses Spielzeugtier verwandelt sich in eine bösartige Fledermaus. Träume geben einer Herausforderung, die sich einem in den Weg stellt, eine Gestalt. Was auch immer sich hinter der Figur der Fledermaus verbirgt, Kinder durchleben in Träumen oft problematische Situationen, die alptraumartig werden können und sie an Grenzen bringen, die sie entweder erfolgreich überwinden oder an denen sie scheitern. Wieso ist das so?
    Kinder wachsen und reifen vor allem an den Problemen, die sie aus eigener Kraft und mit der Hilfe anderer Menschen zu lösen imstande sind. Damit Kinder an Herausforderungen wachsen können, sollten diese auch wirklich als solche wahrgenommen werden. Das Problem muss dringlich genug sein und richtig wachrütteln - so wie bei Eduard, der sich nachts auf eigentümliche Weise mit einer offenen Frage herumschlägt: »Wie kann ich es schaffen, die böse Fledermaus loszuwerden?«
    Als Problem erscheinen uns solche Aufgaben, die wir mit den uns bekannten Mitteln nicht lösen können. Eduard scheint mit seinem Davonlaufen nicht wirklich erfolgreich zu sein, denn er kann die Fledermaus nicht abschütteln. Somit hat auch er zunächst
einmal mit dieser für ihn möglicherweise vertrauten Strategie keinen Erfolg und deshalb ein echtes Problem.
    Der Hirnforscher Gerald Hüther beschreibt das, was dabei in unserem Körper passiert, folgendermaßen: Unbekanntes sorgt erst einmal für viel Unruhe in unserem Gehirn. Die dabei entstehende Erregung im Zwischenhirn und die von dort aus gesteuerten Prozesse zur Regulation von Nervensystem, Hormonsystem oder Herz-Kreislauf-System lösen eine Art Aufruhr aus, den wir auch körperlich spüren - wir bekommen weiche Knie, ein flaues Gefühl im Magen, Herzklopfen. Die Suche nach einer passenden Lösung steht sozusagen ganz oben auf der »to do-Liste« der sonst noch zu erledigenden Geschäfte. Das erzeugt zunächst eine unangenehme Spannung, die uns zwingt, Entscheidungen zu treffen und zu handeln mit dem Ziel, uns wieder ins Lot zu bringen. Jedes Mal, wenn auf diese Weise ein Problem gelöst ist, kehrt im Gehirn wieder Ruhe ein: Das Herz schlägt wieder ruhig und gleichmäßig, wir fühlen uns sogar besser als zuvor, denn die erfolgreich überwundene Stresssituation aktiviert das sogenannte Belohnungszentrum im Gehirn. Laufen solche Problemlösungsprozesse häufiger ab, wirkt sich das langfristig positiv auf unsere Entwicklung aus. Wir haben verschiedene Strategien kennengelernt und erprobt, die uns auch in Zukunft helfen, schwierige Aufgaben anzupacken. Genau das macht Kinder selbstsicher und stark.
    Das menschliche Gehirn ist also in erster Linie ein Instrument, mit dem sich so manche harte Nuss im
Leben knacken lässt. Vorausgesetzt wir sind im Nüsse knacken trainiert, strengen uns also von Zeit zu Zeit richtig an und stellen uns den Schwierigkeiten zielstrebig. Kindern sollten also durchaus verschiedenartige Probleme zugemutet werden, damit sie unterschiedliche Lösungsstrategien entwickeln können. Das klingt logisch, denn um einen Fahrradreifen zu flicken braucht man andere Fähigkeiten als in einem Streitgespräch mit Schulkameraden.
    Ist es Eduard im Traum gelungen, eine passende Lösung zu finden? Denn dann wäre ja sein Belohnungszentrum im Gehirn aktiv geworden. Eduard fand tatsächlich eine wirksamere Strategie als davonzulaufen. Er entschloss sich, aktiv zu werden, packte die Fledermaus und drehte ihr den Hals um. Damit ist er das Tier sehr wahrscheinlich losgeworden, und es konnte
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