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Traumgespraeche

Titel: Traumgespraeche
Autoren: Markus Salhab , Bianca Jaeger
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Geborgenheit auf Mamas Arm und die Entdeckerfreude beim Erkunden von Papas Schreibtischschublade.
    Trotzalter und Pubertät kennen Eltern als Entwicklungsphasen, in denen die Autonomiebestrebungen von Kindern besonders deutlich hervortreten. Zwei Schritte vor und einen zurück - so könnte man beschreiben, wie Kinder ihr Bedürfnis nach Freiheit und Gehaltenwerden leben. Das, was man will und tun muss, weil es eine innere Notwendigkeit darstellt, ist gleichzeitig das, wovor man noch zurückschreckt, weil man sich auf ein unbekanntes Terrain zubewegt.
Erwachsene können die inneren Grabenkämpfe natürlich nicht sehen, die Kinder mit sich ausfechten, wenn sie den Drang zur »Welteroberung« in sich spüren. Sie betrachten das Geschehen meist mit gemischten Gefühlen und durch ihre Brille. Das unflätige Benehmen der 13-Jährigen bringt den Familienfrieden regelmäßig ins Wanken und man sieht sich als Zielscheibe der pubertären Launen. Für einfühlsames Verstehen bringt man dann kaum mehr den erforderlichen guten Willen auf. Manchmal scheinen einem die Sorgen des Nachwuchses auch schlicht übertrieben: »Michel hat dich nicht zu seiner Geburtstagsparty eingeladen? Deine Sorgen möchte ich haben. Das sind kleine Fische im Vergleich zu dem, was da später auf dich zukommt.« Ohne es zu merken, sind wir ganz mit uns beschäftigt. Noch vor dem ersten Schultag bedauern Eltern, dass nun die Zeit des unbeschwerten Kindseins zu Ende geht. Der »Ernst des Lebens« beginnt und man denkt wehmütig daran, dass die gemeinsamen Kuschelzeiten bald der Vergangenheit angehören. Und wenn dem 12-Jährigen schon wieder die Hosen zu kurz sind, weiß man, dass einem zum »Erziehen« nicht mehr viel Zeit bleibt.
    Verständlich, dass Eltern mit dem Aufwachsen ihrer Kinder von Zeit zu Zeit Mühe haben. Zum einen liegt die Zeit lange zurück, in der man selbst Kind und Jugendlicher war. Man erinnert sich nur noch vage an seine eigene Unsicherheit und Beklemmung beim Wechsel in die neue Schulklasse oder an die Weltuntergangsstimmung, die sich in einem breitmachte, weil man unglücklich verliebt war. Zum anderen steckt
man in der Elternrolle fest und möchte darin erfolgreich sein. Störungen wie das permanent aufmüpfige Verhalten der Kinder kann einen mit den eigenen Grenzen, Schwachstellen und Empfindlichkeiten konfrontieren. Es ist gut nachvollziehbar, dass wir gerade dann angestrengt versuchen, mit den »richtigen« erzieherischen Maßnahmen die Kontrolle über das Geschehen zu behalten. Erst einmal innezuhalten und sich darauf einzulassen, was Kinder wirklich bewegt, was ihnen zu schaffen macht oder welche Ziele sie sich gesetzt haben, könnte da oft nützlicher sein. Eltern könnten an ihren Heranwachsenden wieder mehr liebenswerte Seiten entdecken und ihnen vielleicht mit mehr Milde begegnen, wenn sie immer mal wieder die Seite wechseln und schauen, wie die Welt durch die Brille des Kindes aussieht. Auf diese Weise können Eltern auch gelassener mit den eigenen Schwächen und denen ihrer Kinder umgehen und entwicklungsbedingte Herausforderungen als gemeinsame Leistung anerkennen. Und sollten doch einmal Gewitterwolken den strahlend blauen Beziehungshimmel überschatten, warten sie eher geduldig ab und greifen zum Regenschirm, als Petrus verzweifelt um besseres Wetter anzuflehen.
    Wer sich den Traum des Halbwüchsigen genauer anschaut, wird das wirre Verhalten des Sohnes besser einordnen und verstehen können. Jetzt macht das »Himmelhoch jauchzend - zu Tode betrübt«, das man täglich mitbekommt, mehr Sinn. Der Sohn ist dabei, erste Erfahrungen als junger Mann zu machen und muss dabei Risiken eingehen.

    Der 15-jährige Malte erzählt: »Ich habe von einem Mädchen geträumt, das ich gerne mag. Ich hab sie gefragt, ob sie mit mir gehen will. Sie hat gesagt: Du bist mir zu schwul.«
    Mögliche Hoffnungen und Ängste, die sich in solchen Träumen spiegeln, sind existenzieller Natur: »Wie muss ich als Mann oder Frau sein, um anzukommen?« »Bin ich richtig, so wie ich bin?« Man könnte sagen, Kinder proben im Traum für den Ernstfall - Beziehungen neu ordnen, etwas Eigenes erschaffen und seinen Platz in der Familie oder in der Schule auf die Zukunft hin ausrichten. Da kann es schon auch mal vorkommen, dass Autoritätspersonen wie die Eltern im Traum sterben.
    Â 
    Manchmal finden sich
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