Traumgirl auf Hawaii
auch wissen, wo wir sind. Im Übrigen fängt es wieder an zu regnen. Es regnet ständig auf dieser Seite der Insel. Na, kein Wunder, es ist
mahoa mua.”
Zu gern wäre er mit den Fingern durch ihre Haare gefahren. Aber er ließ es. “Mahoa mua? Was ist das?”
“Nach dem hawaiischen Kalender der Monat der plötzlichen Stürme, also von Mitte August bis Mitte September. Dabei haben wir gerade erst August.”
August. Spätsommer. Er versuchte, irgendein Ereignis damit zu verbinden, aber ihm fiel nichts ein, außer dass die Sommerferien fast zu Ende waren. “Ich mache dir einen Vorschlag. Wenn wir die Yacht sehen, verschwinden wir ins Innere der Insel. Wenn nicht, bleiben wir hier unter einem der Bäume.”
“In der Hütte gibt es ein Funkgerät”, erklärte Lilly.
“Was für eine Hütte?”
“Von dort war ich auf dem Weg nach Hause, als ich auf dich stieß. Meine Familie hat über Generationen in diesen Tälern gelebt. Jetzt gibt es hier nur noch die alte Jagdhütte meines Onkels.”
Ethan betrachtete den gefährlich schmalen Lichtstreifen über ihnen, der den ganzen Himmel darstellte. “Dies ist kein Tal”, versicherte er ihr. “Es ist eine Schlucht. Es gibt keine Möglichkeit für mich, dort hinaufzukommen.”
Sie schnaubte verächtlich. “Die Leute klettern seit Jahrhunderten in diesem Tal. Pater Damien hat sich früher hier absetzen lassen, um über die Berge zu seinen Leuten auf der Halbinsel zu kommen.”
“Pater Damien?”
“Hast du noch nie etwas von der Lepra-Kolonie auf Molokai gehört? Man muss drei Bergkämme überqueren, um sie zu erreichen.”
“Gibt es sie noch?”
Er hatte den Verdacht, dass sie grinste. “Man sollte meinen, ihr Touristen informiert euch erst mal gründlich über einen Ort, bevor ihr ihn besucht.”
Auch Ethan grinste. “Vielleicht hab ich das ja und habe es bloß wie alles andere vergessen.”
Einen Moment lang herrschte Schweigen. Ethan schaute zu den Baumwipfeln über seinem Kopf, die er wegen seines schlechten Sehvermögens nur als tanzende Muster aus Licht und Schatten wahrnahm, und lauschte den Geräuschen, die anzeigten, dass rund um sie herum das Leben erwachte. Er befand sich wirklich an einem faszinierenden, wilden und exotischen Ort. Und an einem menschenleeren Ort, an dem es weder Telefone noch anderen Zivilisationsstress gab.
“Abgesehen von der Tatsache, dass ich nicht glaube, je wieder gehen zu können, ist dies eine herrliche Zuflucht”, meinte er.
Lilly bewegte sich leicht. “Es gefällt dir hier?”
Sie gefiel ihm. Er mochte ihre Stimme, ihre ängstliche Besorgnis, ihren Humor. Und er mochte den Ort, der sie hervorgebracht hatte.
“Seltsamerweise ja”, gestand er. “Besonders wenn man berücksichtigt, dass ich Berge normalerweise nicht ausstehen kann.”
“Du magst Berge nicht? Wieso?”
Er zuckte die Schultern und bedauerte es, da es ihm an mindestens drei Rippen und der Schulter Schmerzen verursachte. “Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich geschworen habe, nie wieder in die Berge zu gehen. Ich bin mehr ein Mann der See.”
“Na ja, einen herrlichen Ozean können wir dir glücklicherweise auch bieten.”
“Herrlich ist er schon, nur dass ich mittendrin gestrandet bin, ohne die Möglichkeit, von hier wegzukommen.”
“Kanaloa kann manchmal ein sehr harter Gott sein.”
“Was du nicht sagst. Ist das etwa der hawaiische Poseidon? MacMannan MacLir?”
“Dein Gedächtnis wird besser”, bemerkte sie. “Wer ist MacMannan MacLir?”
“Die irische Version von dem Kerl. Diese Meeresgötter scheinen eine ziemlich gute Gewerkschaft zu haben, da sie noch nicht von einem größeren Gott geschluckt wurden. Eure hawaiische Vulkangöttin Pele hat einfach alle anderen Feuergöttinnen vom Planeten verjagt.”
“Sie hat einen beeindruckenden Lebenslauf, das muss man zugeben”, sagte Lilly.
“Ja, das habe ich auch gehört. Sie macht jedenfalls tolle Inseln – soweit ich das beurteilen kann. Zumindest riecht es hier gut. Es ist warm hier, und ständig weht eine erfrischende Brise. Das finde ich schön. Außerdem glaube ich, dass es farbenfrohe Inseln sind, falls meine kurzsichtigen Augen mich nicht täuschen.” Er hob eine Hand und deutete zu den über ihnen aufragenden Klippen. “Blühen diese Bäume alle?”
Sie folgte seinem Blick. “Manches sind Bäume, manches Blumen. Die weißen und purpurnen, zum Beispiel, sind Orchideen.”
“Hier wachsen wilde Orchideen?”
“Na klar. Deshalb nennt man die Inseln ja auch ein
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