Traumhafte Tage in Sydney
hinzu, als er ihren erschrockenen Gesichtsausdruck bemerkte. “Laut Guy geht das alles auf Kosten des Hauses – und das werde ich ausnutzen. Dabei fällt mir etwas ein. Warten Sie, ich bin gleich wieder da.”
Er stand auf und ging ins Wohnzimmer. Verwundert sah Rachel ihm nach. Es war ein ungewohnter Anblick: ihr Chef in einem roten Poloshirt, einer Shorts und barfuß. Justin war immer sonnengebräunt. Ob er ins Solarium ging? Oder schwamm er vielleicht oft in einem Swimmingpool unter freiem Himmel? Sie wusste, dass er in einem luxuriösen Apartmentkomplex in der Nähe des Hafens in Kirribilli lebte. Dort gab es sicher einen Swimmingpool.
“Ich habe es mir doch gleich gedacht”, sagte Justin, als er mit einer ledergebundenen Mappe auf den Balkon zurückkam. “In Hotels wie diesen gibt es normalerweise immer einen Schönheitssalon. Nachdem ich Sie mit offenem Haar und in diesem wunderschönen grünen Morgenmantel gesehen habe, wurde mir bewusst, dass Sie Ihr Licht bisher unter den Scheffel gestellt haben, Rachel. Ich weiß nicht, ob Ihnen schon einmal jemand gesagt hat, dass Schwarz Ihnen nicht steht – ebenso wenig wie die strenge Frisur, mit der Sie immer zur Arbeit kommen. Sie haben eine verdammt gute Figur, die in Ihren Kostümen überhaupt nicht zur Geltung kommt. Mit einer anderen Frisur, etwas Make-up und dem richtigen Outfit könnten Sie nicht nur gut aussehen, sondern geradezu fantastisch.”
“Aber … ich dachte, Sie wollten nicht, dass ich attraktiv aussehe, besonders im Büro.”
“Wie bitte?”, fragte er überrascht.
“Ihre Mutter hat mir alles über Ihre frühere Assistentin erzählt.”
Justin schnitt ein Gesicht. “Oh nein.” Er runzelte die Stirn. “Sie haben sich also absichtlich so unscheinbar zurechtgemacht, um die Stelle zu bekommen?”
Eigentlich nicht, dachte Rachel. Sie hatte sich
gar nicht
zurechtgemacht. Sie
war
unscheinbar. Aber um keinen Preis würde sie Justin das eingestehen.
“Also …” Sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte.
“Rachel, Rachel, das hätten Sie wirklich nicht zu tun brauchen. Sie hätten die Stelle sowieso bekommen. Sie sind ganz anders als Ihre Vorgängerin. Es war nicht nur die Art, wie sie sich angezogen hat. Sie hat sich auch aufgeführt wie ein Vamp. Das hat mich total verrückt gemacht.”
“Dann würde es Ihnen also nichts ausmachen, wenn ich mich ein wenig zurechtmache?”
“Warum sollte ich etwas dagegen haben?”
“Ich dachte, wenn ich mit einer neuen Frisur oder einem neuen Outfit zur Arbeit käme, würden Sie vielleicht denken, dass ich … also … dass ich es auf Sie abgesehen hätte und …” Sie verstummte verlegen.
Justin lachte. “Wie können Sie nur so etwas Dummes denken, Rachel! Ich möchte, dass Sie morgen in den Schönheitssalon gehen und sich das komplette Programm gönnen: Gesichtsbehandlung, Pediküre, Maniküre, Haarentfernung, Frisieren und Make-up.”
“Ist das nicht etwas übertrieben?”
“Nein, durchaus nicht. Ganz im Gegenteil: Es ist absolut notwendig.”
“Vielen Dank”, erwiderte Rachel kühl.
“Rachel, jetzt ist wirklich nicht der richtige Moment, um überempfindlich zu reagieren. Ich kann ja verstehen, dass Sie sich nicht um Ihr Äußeres gekümmert haben, als Sie Ihre Pflegemutter zu Hause versorgt haben. Aber ich möchte wetten, dass es eine Zeit gab, in der Sie sich gern mit Frisuren, Make-up und Kleidern beschäftigt haben.”
“Ja, ich hatte schon immer den Verdacht, dass ich nicht nur wegen meiner beruflichen Fähigkeiten bis in die Endrunde des Wettbewerbs ‘Die beste Sekretärin Australiens’ gekommen bin”, sagte Rachel trocken.
“Das glaube ich gern. Sie haben bestimmt eine Menge Blicke auf sich gezogen.”
“Nun ja, ich war … attraktiv.”
“Und Sie haben nie Schwarz getragen.”
“Selten.”
“Was für eine Frisur hatten Sie?”
“Ich habe mein Haar fast immer offen getragen”, gab Rachel zu. “Und ich hatte rötliche Strähnen.”
“Kein Wunder, dass Bekannte von damals Sie nicht mehr wiedererkennen. Aber morgen Abend wird das Ekel Eric garantiert wissen, wer Sie sind.”
“Das Ekel Eric?”
“Ja. Gefällt Ihnen der Spitzname, den ich ihm verpasst habe?”
“Ja”, sagte Rachel begeistert. “Großartig.”
“Dann sind Sie also einverstanden? Sie kommen doch mit mir zum Abendessen?”
Rachel wusste, sie würde all ihre Kraft zusammennehmen müssen, um Eric und seiner Freundin gegenüberzutreten. Ja, dachte sie mit klopfendem Herzen, aber
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