Traumhafte Tage in Sydney
Äußerlichkeiten zu beurteilen.
“Tatsächlich? Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen?”
“Natürlich.”
“War Ihre Exfrau schön?”
Justin schluckte. Mandy war nicht nur schön gewesen, sondern atemberaubend: Sie hatte ein bildhübsches Gesicht, große blaue Augen, langes blondes Haar und eine fantastische Figur. Und sie hatte genau gewusst, wie sie ihr Äußeres perfekt ins rechte Licht rücken konnte: vom golden glänzenden Haar bis zu den rosa lackierten Zehennägeln.
Rachel dagegen war alles andere als atemberaubend. Doch hässlich war sie ganz und gar nicht, nicht einmal unscheinbar. Zum ersten Mal sah er sie genauer an. Sie hatte nicht nur schöne Augen, sondern auch sehr regelmäßige Gesichtszüge und einen interessanten Mund mit einer vollen, sinnlichen Unterlippe.
Doch leider wirkte sie immer so farblos wie ein verblasstes Foto. Die furchtbaren schwarzen Kostüme verstärkten diesen Eindruck noch, ebenso wie die klobigen, unförmigen Schuhe. Und über ihr Haar ließ sich absolut nichts Positives sagen – nur dass es ungefärbt besser aussah als leuchtend rot.
“Schon gut, Sie brauchen nicht darauf zu antworten”, sagte Rachel nach einer Weile und seufzte. “Ich fühle mich furchtbar, und bestimmt sehe ich auch so aus. Am besten dusche ich jetzt und ziehe mich um. Welches ist mein Schlafzimmer?”
“Möchten Sie denn keinen Kaffee?”
“Nein, vielen Dank, im Moment nicht.”
Ich auch nicht, dachte Justin unwillkürlich. Er brauchte einen Drink und etwas zu essen. Seit dem Frühstück hatte er außer einem kleinen Snack im Flugzeug nichts mehr zu sich genommen. Und Rachel auch nicht. Kein Wunder, dass sie so dünn war.
So
dünn nun auch wieder nicht, dachte er und musste daran denken, wie sie sich an ihn geschmiegt hatte. Offenbar verbargen sich unter der schwarzen Kostümjacke zwei wohl gerundete Brüste. Oder sie trug einen Push-up-BH.
“Duschen und umziehen klingt gut”, stimmte Justin ihr zu. Auf keinen Fall wollte er das ganze Wochenende im Anzug herumlaufen. Schlimm genug, dass er am kommenden Abend einen Smoking tragen musste. “Ihr Zimmer geht rechts vom Eingangsbereich ab. Das Badezimmer schließt direkt daran an. Das Gepäck habe ich Ihnen ans Bett gestellt. Ich werde auch duschen, aber zuerst bestelle ich uns etwas zu essen. Ins Restaurant werden wir ja nach dem Vorfall mit Eric nicht mehr gehen. Sicher legen Sie keinen Wert darauf, ihm und seiner Gespielin zu begegnen.” Als sie etwas erwidern wollte, fügte er schnell hinzu: “Sie brauchen wirklich nicht noch einmal zu sagen, wie nett ich bin. Ich kann mir nur vorstellen, wie Sie sich fühlen, und Sie gut verstehen.”
“Also gut.” Rachel rang sich ein Lächeln ab. Dann stand sie auf und ging in ihr Zimmer.
Justin nahm die ledergebundene Mappe vom Tisch, in der alle Dienstleistungen verzeichnet waren, die das Hotel anbot. Auch eine Speisekarte war dabei. Er ließ den Blick darübergleiten und entschied sich für eine kalte Meeresfrüchte-Platte, einige Salatvariationen und für Erdbeeren mit Sahne zum Nachtisch. Dazu bestellte er eine Flasche vom besten Weißwein. Die meisten Frauen mochten Weißwein, außerdem musste Rachel dringend aufgemuntert werden. Und ich auch, fügte er in Gedanken hinzu. Das war immer so, wenn er an Mandy gedacht hatte.
Eine halbe Stunde später brachte der Zimmerservice das Essen. Justin hatte bereits geduscht und sich umgezogen. Er war barfuß und trug ein dunkelrotes Poloshirt zu einer beigefarbenen Shorts. Nachdem er dem Kellner ein großzügiges Trinkgeld gegeben und das Essen im Kühlschrank verstaut hatte, öffnete er den Chablis und stellte den Wein in den Kühler.
Die Weingläser waren sehr geschmackvoll, wenn auch nicht gerade aus dem teuersten Kristall. Justin stellte zwei in den Kühlschrank, um sie zu temperieren. Er fragte sich, ob Rachel nicht bald fertig sein würde. Das Rauschen der Dusche hatte schon vor einiger Zeit aufgehört.
“Rachel, sind Sie fertig?”, rief er.
“Noch nicht”, hörte er sie aus dem Schlafzimmer antworten. “Ich … ich habe ein kleines Problem.”
“Was ist denn passiert?”
“Ich … ich habe meinen Slip in der Dusche gewaschen und dann bemerkt, dass ich nur einen eingepackt habe …”
Justin musste sich sehr beherrschen, um nicht in lautes Lachen auszubrechen. Dass so etwas ausgerechnet der vernünftigen Rachel passierte. “Das ist doch nicht weiter schlimm. Ziehen Sie sich einfach einen Bademantel über. Bis morgen
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