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Traumjaeger und Goldpfote

Traumjaeger und Goldpfote

Titel: Traumjaeger und Goldpfote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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schnuppern.
    Feuchtigkeit durchdrang alles, Erde und Rinde waren bis zum Überlaufen mit Wasser getränkt – der ganze Wald roch nach Baumwurzeln, die tief im nassen Untergrund steckten. Die Luft war so kalt, dass der Atem vor den Mäulern gefror.
    Die Reisenden brauchten bis zum Ende der Steigenden Dämmerung, bis sie einen geschützten Platz gefunden hatten: ein Windbruch, der von einem aufrecht stehenden Granitbrocken und den Wurzeln eines umgestürzten Baumes gebildet wurde. Sie fielen auf der Stelle in Schlaf. Nichts störte sie, doch als sie um die Mitte der Tiefsten Stille erwachten – mürrisch und hungrig –, fühlten sie sich nicht sonderlich erquickt. Es gab noch keine Anzeichen von Tieren, die größer waren als Insekten. Nach einer Spanne fruchtlosen Jagens sahen die Katzen sich gezwungen, sich mit einem Abendessen zufriedenzugeben, das aus Raupen und Käfern bestand.
    Obgleich sie sich alle erbärmlich fühlten, war besonders Traumjäger am Rand seiner Beherrschung. Das Geräusch aus dem Hügel, wenn es auch, nachdem sie in den Wald gelangt waren, merklich nachgelassen hatte, zerrte immer noch an seinen Nerven. Da er überdies, im Gegensatz zu seinen Freunden, keinen Bissen von Zaungängers Eichhörnchen gefressen hatte, war er inzwischen zwei volle Tage auf den Beinen, ohne etwas zu sich genommen zu haben, das man zufriedenstellend hätte nennen können.
    Als er die letzte Raupe heruntergeschluckt hatte, sagte er ärgerlich: »Wie schön! Da wären wir also, daran besteht kein Zweifel. Ich habe euch bis an den äußersten Rand geführt, ohne Frage. Ich hoffe, ihr seid beide erfreut darüber, mir gefolgt zu sein, während ich einen vollkommenen
M’an
aus mir gemachthabe! Vielleicht habt ihr Lust, mir in den Hügel zu folgen, damit wir alle schrecklich abgeschlachtet werden.« Er versetzte einer Eichel mit der Tatze einen Stoß und sah zu, wie sie forthüpfte.
    »Sage nicht solche Dinge, Traumjäger«, sagte Raschkralle. »Nichts davon ist wahr.«
    »Es ist wahr, Raschkralle«, sagte Fritti bitter. »Der große Jäger Traumjäger ist auf seiner Fahrt dort angekommen, wo es nicht mehr weitergeht.«
    »Das einzige Wahre, das du gesagt hast«, sagte Dachschatten mit überraschender Heftigkeit, »ist, dass wir gefunden haben, wonach wir gesucht haben. Das ist etwas, das Zaungänger, Knarrer und die anderen nicht von sich behaupten können. Wir haben die Quelle des Schreckens entdeckt.«
    »Offensichtlich hatte auch Lehnsmann Buschpirscher sie entdeckt – und du hast gehört, was mit ihm geschehen ist! Tiefklar möge uns beschützen!« Trotzdem war Traumjäger ein wenig besänftigt. Er hörte auf zu schmollen und blickte seine Kameraden an. »In Ordnung. Trotzdem bleibt die Frage: Was tun wir jetzt?«
    Raschkralle warf den zwei älteren Katzen einen Blick zu und sagte dann leise, als schämte er sich: »Ich denke, wir sollten zum Prinzen zurückkehren und ihm alles erzählen. Er wird wissen, was zu tun ist.«
    Fritti wollte gerade widersprechen, als Dachschatten sich einmischte: »Raschkralle hat recht. Wir haben das
Os
gerochen. Wir drei sind zu wenige und zu schwach. Zu glauben, dass es unsere Sache wäre, es allein mit ihm aufzunehmen, ist ein Hochmut, der den von Neunvögel noch übertrifft.« Die
Fela
schüttelte ihren grauen Kopf, ihre grünen Augen blickten nachdenklich. »Wenn wir andere herbringen, werden auch sie entdecken, was wir entdeckt haben. Vielleicht wird dann die Macht des Hofes von Harar von Nutzen sein.« Sie stand wie ein Schatten im dunklen Wald. »Kommt, lasst uns zu den drei Wurzeln zurückkehren, bevordie Sonne aufgeht. Heute Nacht gehe ich gewiss nicht mehr anderswo hin.«
    Traumjäger starrte die graue
Fela
bewundernd an. »Wie gewöhnlich hast du mit ein bisschen mehr Vernunft gesprochen, als sie mir zur Verfügung stand. Und du ebenfalls, Raschkralle.« Er lächelte seinem jungen Freund zu. »Harar! Ich bin froh, dass ihr zwei mich davor bewahrt habt, mich zum Narren zu machen.«
     
    In der Stunde vor der Morgendämmerung konnte Fritti nicht mehr schlafen. Dachschatten und Raschkralle warfen sich unruhig hin und her und murmelten im Schlaf, doch Traumjäger lag zwischen ihnen und starrte hinauf in die dunklen Baumwipfel, und seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Von Zeit zu Zeit sank er in einen kurzen, traumhaften Halbschlaf, doch nur um sich plötzlich wieder hellwach zu finden, mit dem Gefühl, in der Falle zu sitzen und schutzlos zu sein. Sein Herz schlug

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