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Traumjaeger und Goldpfote

Traumjaeger und Goldpfote

Titel: Traumjaeger und Goldpfote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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heftig.
    Die Nacht schleppte sich dahin. Der Wald blieb stumm wie ein Stein.
    Traumjäger wanderte an der Schwelle des Traums entlang, als er ein Geräusch hörte. Während er noch zerstreut lauschte, wurde es lauter. Plötzlich erkannte er, dass sich etwas mit großer Schnelligkeit durch das Unterholz auf sie zu bewegte. Er sprang auf die Pfoten und schüttelte seine Freunde in eine taumelige Wachheit.
    »Es kommt was!«, zischte er. Sein Fell sträubte sich. Das Geräusch wurde lauter. Die Zeit schien sich zu verlangsamen, jeder Augenblick dehnte sich zu einer bedrückenden Ewigkeit. Nur ein paar Sprünge von ihnen entfernt brach eine Gestalt aus dem Gebüsch.
    Zerlumpt und abgerissen und mit hervorquellenden Augen stürzte die Erscheinung ins Freie. Hell beleuchtet vom Auge, dessen Strahlen durch die Zweige fielen, schien sie unendlichlange zu brauchen, um zu den Gefährten zu gelangen. Fritti, starr vor Entsetzen, hatte das Gefühl, tief unter Wasser zu sein.
    Die abenteuerliche Gestalt kam schlitternd zum Stehen. Einen Augenblick lang fiel das Licht des Auges voll in ihr Gesicht – es war das Gesicht Grillenfängers.
    Bevor der entsetzte und verwirrte Fritti sich rühren oder etwas sagen konnte, warf Grillenfänger den Kopf zurück und heulte wie der schneidendste Wintersturm.
    »Rennt! Rennt!«, schrie die verrückte Katze. »Sie kommen! Rennt!« Dachschatten und Raschkralle hatten sich kerzengerade aufgerichtet. Als wollte er Grillenfängers Geheul noch verstärken, erhob sich aus dem Dunkel der umliegenden Wälder ein furchtbarer, würgender Schrei. Mit einem Satz war Grillenfänger an Fritti und den Gefährten vorbei und verschwunden. Ein zweites furchteinflößendes Heulen zerriss die Luft. Besinnungslos und vor Entsetzen schreiend setzten die drei Grillenfänger nach und rannten in den Wald, fort von diesem grässlichen Geräusch.
    Traumjäger kam sich vor wie in einem furchtbaren Traum – das Flackern des Augen-Lichts und der Dunkelheit machte ihn beinahe blind. Vor ihm war Grillenfänger kaum zu sehen, um den Steine und Wurzeln hochwirbelten. Der Wald schien an ihm vorbeizurauschen. Er hörte, wie Raschkralle und die
Fela
sich abmühten, mit ihm Schritt zu halten. Sie rannten und rannten, sie dachten weder an eine List noch an ein Versteck, sondern nur an Flucht … Flucht!
    Nun war nur noch Raschkralle an seiner Seite – keuchend trieb er sich, rasend vor Entsetzen, auf seinen kurzen Beinchen vorwärts. Fritti ließ ihn hinter sich. Ohne nachzudenken, wurde Traumjäger langsamer und wandte sich um, um ihn anzufeuern. Da krachte es über seinem Kopf, und etwas sprang aus den Bäumen herab. Traumjäger spürte, wie sich scharfe Krallen in sein Fell gruben und ihm den Rücken aufrissen. Dann wurde er zu Boden gequetscht, und sein
Ka
floh in völlige Finsternis.

18. KAPITEL
    Ich sah den Tag meines Unheils kommen.
    Am Morgen stieg die Sonne trübe über uns auf
    und abends sank sie in eine dunkle Wolke
    und sah aus wie eine Kugel aus Feuer.
     
    Schwarzer Falke
     
    E in erneuter erschütternder Aufprall brachte Fritti in die wache Welt zurück. Zerschunden und erschöpft lag er mit geschlossenen Augen da. Er spürte den bitterkalten Regen, der auf ihn niederprasselte und sein Fell durchtränkte. Der plötzliche Ruck – war er geworfen oder gestoßen worden? – hatte ihm den Atem geraubt. Als er wieder Luft in die Lunge sog, nahm er einen Geruch wahr, der ihm ein Prickeln über die Haut jagte: kalte Erde und salziges Blut – und den satten, durchdringenden Moschusgeruch eines Tieres. Unwillkürlich krampften sich seine Muskeln zusammen, und ein stechender Schmerz schoss durch Rücken und Schultern. Er unterdrückte einen Laut des Protestes.
    Langsam und vorsichtig öffnete er ein Auge. Doch als kaltes Regenwasser hineinfloss, schloss er es sogleich wieder. Kurz darauf versuchte er es noch einmal. Unmittelbar bei der Spitze seines blutigen Mauls sah er das elende, verdreckte Gesicht Grillenfängers, der sich neben ihm am Boden krümmte. Über Grillenfängers gebogenen Rücken erblickte er ein kleines Stück von Raschkralles buschigem Schwanz.
    »Da siehst du’s. Ich sagte dir doch, der kleine Schmutzfinkwürde aufwachen. Jetzt kann er sein sonnenverfluchtes Gewicht selbst schleppen.«
    Als diese Worte so nahe an seinem Kopf ertönten, fuhr Fritti unwillkürlich zusammen. Die Stimme sprach den Höheren Gesang, doch in einer unbeholfenen, stockenden Weise und mit vielen Misstönen und Nuscheleien

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