Traumjaeger und Goldpfote
durchsetzt. Die rauhen Laute hatten etwas Gewalttätiges.
Die Ohren an den Kopf gepresst, drehte sich Fritti behutsam, um über seine Schulter zu schauen. Dort ragte etwas Großes, Furchteinflößendes auf.
Drei Katzen starrten auf Fritti und seine Gefährten nieder. Sie waren groß, ebenso groß wie Lichtjäger und Mondjäger, Zaungängers Begleiter – doch sie sahen völlig anders aus: Sie waren nicht so, wie Katzen aus dem Volk aussehen sollten. Ihre schlangenähnlichen Gesichter hatten flache Stirnen und breite Backenknochen, und ihre Ohren lagen platt an den Schädeln. Drei riesige, tiefliegende Augenpaare, in denen ein unruhiges Feuer loderte, stachen aus diesen Gesichtern. Ihre muskulösen Körper waren knorrig, untersetzt und kraftvoll, und sie endeten in breiten spatelförmigen Tatzen mit … roten Krallen. Blutroten, gekrümmten Nägeln.
Frittis Herz begann vor Angst schneller zu schlagen. Eines der Tiere näherte sich ihm mit seltsam glitzernden Augen. Wie die anderen hatte es ein rußschwarzes Fell mit ein paar ausgebleichten sandfarbenen Flecken an der Unterseite.
»Komm hoch,
Me’mre «
, fauchte das Tier. »Du bist lange genug getragen worden. Von nun an wirst du allein hoppeln oder meine Zähne zu spüren kriegen.« Es bleckte seine scharfen, spitzen Zähne. »Kapiert?« Das Tier beugte sich über Traumjäger. Sein Atem stank nach Aas. Das Entsetzen schnürte Fritti die Kehle zu, und sein Magen rebellierte, so dass er nur schwach seinen Kopf bewegen konnte.
»Gut. Dann kannst du jetzt aufstehen, und deine elendenFreunde ebenfalls.« Traumjäger, der den Blick dieser furchtbaren Augen nicht länger aushalten konnte, riskierte einen raschen Blick zu seinen Gefährten. Nun konnte er Raschkralles Gesicht erkennen. Das Kätzchen war wach, doch es wirkte wie vor Schreck gelähmt und benommen. Raschkralle erwiderte seinen Blick nicht.
»He, du da!« Traumjäger drehte den Kopf. »Merke dir: Wenn ich ›aufstehen‹ sage, tust du gut daran, es auch zu tun. Es ist Kratzkralle, der mit dir spricht, ein Anführer der Krallengarde. Oder glaubst du, ihr hättet eure elenden Knochen noch, weil ich euch kleine Maden so gern hätte? Hoch jetzt!«
Schmerzverkrümmt rappelte Fritti sich auf. Er fühlte, wie eine Flüssigkeit, dicker und wärmer als Regen, sein Rückenfell nässte. Er hatte den verzweifelten Wunsch, sich zu lecken und seine Wunde zu säubern, doch seine Furcht war stärker.
Kratzkralle fauchte die beiden anderen Tiere an. »Langzahn! Hartbiss! Die Sonne soll euch rösten, steht nicht herum! Gebt diesen Faulenzern ein paar Tritte, damit sie auf die Pfoten kommen! Wenn ihr ihnen ein Ohr abbeißen müsst, dann tut’s. Den Fetten wird’s nicht stören, wenn sie nicht so manierlich aussehen.« Kratzkralle lachte. Es war ein knirschendes, heiseres Lachen, das schmerzhaft in Frittis Ohren dröhnte. Die anderen Krallenwächter kamen herbei und zogen die stummen Grillenfänger und Raschkralle hoch.
Zum ersten Mal, seit er wieder wach war, warf Fritti einen Blick auf die Umgebung. Offensichtlich waren sie noch immer im Rattblatt-Wald – auf allen Seiten liefen Baumreihen in die Nacht. Nieselregen spritzte durch das Geäst, und der Boden war matschig und tief.
Als die drei Gefährten sich langsam in Marsch setzten, war alles, was Fritti denken konnte: Ich werde sterben. Ich habe Goldpfote nicht gefunden, und jetzt werde ich darüber sterben.
Dann, als die Krallenwächter sie mit grausamen Tatzenhieben gegen ihre Köpfe und Flanken vorwärtstrieben, fragte er sich: Wo ist Dachschatten?
Obgleich es Fritti vorkam, als seien sie schon eine Ewigkeit unterwegs, verriet ihm die Luft, dass die Zeit des Letzten Tanzes erst halb vorüber war. War wirklich erst so kurze Zeit vergangen, seit er, Raschkralle und Dachschatten sich warm und wohlig zusammengerollt hatten? Er blickte auf seinen jungen Freund, der vor ihm humpelte. Armer Raschkralle – wäre er doch bloß nicht mitgekommen. Als er die kleine, verschmutzte Gestalt betrachtete, spürte er, wie ein unbekanntes Gefühl heiß in ihm aufstieg: Hass. Die riesigen missgestalteten Geschöpfe, die sie mit Püffen und Fauchen vorantrieben, waren nur allzu körperlich, und weil sie wirklich da waren, konnte man sie hassen. Wohin gingen sie? Wohin brachten sie diese Untiere? Fritti wusste es – zum Hügel.
So gab es wenigstens etwas, das er wusste; das Unheil war nicht mehr unsichtbar. Das erschien ein wenig tröstlich, obgleich Fritti nicht sagen
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